Rz. 97

Es ist in Schadenssachen zwischen dem Gegenstandswert, aus dem der Rechtsanwalt gegenüber dem Mandanten seine Gebühren fordern kann (Auftragswert), und dem Gegenstandswert, aus dem der Auftraggeber Ersatz der Rechtsverfolgungskosten vom Gegner verlangen kann (Erledigungswert), zu unterscheiden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist bei der Wertberechnung in Schadenssachen deshalb zwischen dem Innenverhältnis (Rechtsanwalt – Mandant) und dem Außenverhältnis (Geschädigter – Schädiger) zu trennen.[123] Aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs kann der Geschädigte vom Schädiger Erstattung grundsätzlich nur insoweit verlangen, als seine Forderung diesem gegenüber auch objektiv berechtigt ist.[124]

 

Rz. 98

Im Innenverhältnis ist der Mandant verpflichtet, seinem Rechtsanwalt die nach dem Auftragswert geschuldete gesetzliche RVG-Vergütung zu zahlen. Der Auftragswert wird dabei durch das ursprüngliche Ersatzverlangen des Mandanten gebildet. Im Gegensatz dazu hat der Schädiger dem Geschädigten ­aufgrund des materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs nur die nach dem Erledigungswert berechneten Kosten zu ersetzen. Der Erledigungswert wird dabei durch die sachlich berechtigte Schadensersatzforderung gebildet. Es ist somit zwischen dem Vergütungsanspruch gegenüber dem Mandanten/Auftraggeber und dem materiell-rechtlichen Erstattungsanspruch des Mandanten/Auftraggebers gegenüber dem Versicherer zu differenzieren. Sind Auftrags- und Erledigungswert nicht identisch, ergeben sich weitergehende Ansprüche gegen den Mandanten bzw. dessen Rechtsschutzversicherung.

 

Rz. 99

 

Beispiel:

Der Rechtsanwalt macht im Rahmen einer Unfallschadensregulierung für den Mandanten materielle Schadensersatzansprüche in Höhe von 10.000 EUR geltend, die vollständig bezahlt werden. Der Haftpflichtversicherer des Schädigers ist jedoch nicht bereit, das verlangte Schmerzensgeld über 4.000 EUR in voller Höhe zu zahlen und zahlt hierauf lediglich 1.000 EUR. Nach weiteren Verhandlungen werden weitere 200 EUR gezahlt.

 
a) Abrechnung beim Mandanten:    
1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG 14.000 EUR 933,40 EUR
1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG 4.000 EUR 417,00 EUR
Summe   1.350,40 EUR
zzgl. Postentgelte und USt.    
b) Abrechnung bei der gegnerischen Versicherung:    
1,3 Geschäftsgebühr Nr. 2300 RVG 11.200 EUR 865,80 EUR
1,5 Einigungsgebühr Nr. 1000 VV RVG 1.200 EUR 190,50 EUR
Summe   1.056,30 EUR
zzgl. Postentgelte und USt.    

Die Zahlung der Haftpflichtversicherer über 1.056,30 EUR erfolgt zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs des M. Verrechnet R diese Zahlung der Haftpflichtversicherung auf die ihm von M geschuldete Vergütung, mindert sich die Erstattungspflicht von M bzw. der hinter M stehenden Rechtsschutzversicherung um diesen Betrag. Von M bzw. der Rechtsschutzversicherung kann daher nur noch die Differenz in Höhe von 294,10 EUR zwischen der nach dem Auftragswert berechneten Gesamtvergütung in Höhe von 1.350,40 EUR und der von der gegnerischen Haftpflichtversicherung aus dem Erledigungswert berechneten Vergütung in Höhe von 1.056,30 EUR gefordert werden.

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