Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Wolfgang Kürschner
Rz. 141
Den vom Rechtsanwalt seinen Gebühren zugrunde gelegten Gegenstandswert (§ 2 RVG) kann der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren überprüfen, solange insoweit noch keine gerichtliche Festsetzung gemäß §§ 32, 33 RVG erfolgt ist. Nach gerichtlicher Festsetzung ist der Rechtspfleger hieran gebunden. Nachdem der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gemäß § 63 Abs. 2 GKG gerichtlich festgesetzt worden ist, ist die Festsetzung gemäß § 32 Abs. 1 RVG auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Der Rechtspfleger ist bei der Prüfung des Vergütungsanspruchs hinsichtlich der Wertgebühren an die gerichtliche Wertfestsetzung gebunden. Ist er der Auffassung, dass sich die Wertgebühr des beigeordneten Rechtsanwalts nach einem geringeren als dem vom Rechtsanwalt zugrunde gelegten und gerichtlich festgesetzten Wert richtet, kann der festgesetzte Streitwert nur im Rahmen eines Wertfestsetzungsverfahrens gemäß § 33 RVG geändert werden und ist bis zur Festsetzung des Gegenstandswerts das Kostenfestsetzungsverfahren auszusetzen.
Rz. 142
Deshalb ist die in der gerichtlichen Praxis häufig anzutreffende zeitlich gestaffelte Streitwertfestsetzung überflüssig und entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage. Gemäß § 63 Abs. 2 GKG setzt das Gericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. Mit den zu erhebenden Gebühren sind nur die Gerichtsgebühren, nicht aber die Anwaltsgebühren gemeint. Das Gericht muss also wissen, welche Gerichtsgebühren vom Kostenbeamten zu erheben sind, und nur für diese den Streitwert festsetzen. Da im GKG nur Verfahrensgebühren anfallen, die als Pauschgebühren ausgestaltet sind, die nach dem höchsten Streitwert des Prozesses entstehen, muss dieser festgestellt werden und sodann in die Wertfestsetzung einfließen.
Rz. 143
Rechtsanwälte greifen auf die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren gemäß §§ 23 Abs. 1, 32 Abs. 1 RVG auch für ihre RVG-Gebühren zurück. Allerdings muss für die Anwaltsgebühren berücksichtigt werden, dass sich diese nach dem Gegenstandswert richten. Der Streitwert einerseits und der Gegenstandswert andererseits können aber auseinanderfallen.
Beispiel:
Zur Verdeutlichung dient folgendes Beispiel:
Es wird Klage über 10.000 EUR eingereicht. Vor dem ersten Termin wird die Klage um 3.000 EUR zurückgenommen. Der Richter setzt den Streitwert im Urteil auf 10.000 EUR fest. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Beklagte. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers macht im Kostenfestsetzungsverfahren jeweils eine nach einem Streitwert von 10.000 EUR berechnete Verfahrens- und Terminsgebühr geltend. Der Beklagten-Vertreter wendet ein, dass die Terminsgebühr nur nach einem Wert von 7.000 EUR zu erstatten ist. Der Kläger-Vertreter hat die Terminsgebühr zutreffend gemäß §§ 23 Abs. 1, 32 RVG nach dem vom Richter für die Gerichtsgebühr Nr. 1210 KV GKG festgesetzten Streitwert von 10.000 EUR berechnet. Will der Beklagtenvertreter erreichen, dass die Terminsgebühr von seinem Mandanten nur nach einem Gegenstandswert von 7.000 EUR zu erstatten ist, muss er gemäß § 33 RVG entsprechende Festsetzung des Gegenstandswerts durch das Gericht beantragen.