Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Wolfgang Kürschner
Rz. 150
Steht dem Versicherungsnehmer ein Ersatzanspruch gegen einen Dritten zu, geht dieser Anspruch gemäß § 86 Abs. 1 S. 1 VVG auf den Versicherer über, soweit der Versicherer den Schaden ersetzt. Der Übergang kann gemäß § 86 Abs. 1 S. 2 VV RVG nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden. Das bedeutet, dass aus dem vom erstattungspflichtigen Gegner aufgrund des Kostenfestsetzungsbeschlusses erstatteten Betrag zunächst die Kosten der rechtsschutzversicherten Partei entnommen werden dürfen, die die Rechtsschutzversicherung nicht zu zahlen hat. Das Quotenvorrecht hat somit zur Folge, dass der Versicherungsnehmer von der gegnerischen Kostenerstattung zunächst die Schadenspositionen bedienen darf, die von der Rechtsschutzversicherung nicht gedeckt sind. Hierzu gehören insbesondere die Selbstbeteiligung sowie anwaltliche Reisekosten. Nur der danach verbleibende Erstattungsbetrag wird an die Rechtsschutzversicherung weitergeleitet. Wenn daher der vom Rechtsschutzversicherer auf die Anwaltskosten gezahlte Betrag hinter den tatsächlichen Anwaltskosten zurückbleibt, kann der Erstattungsanspruch gegen den Gegner nicht voll übergehen. Denn nach § 86 Abs. 1 S. 2 VVG kann der Übergang auf die Rechtsschutzversicherung nicht zum Nachteil des Versicherungsnehmers geltend gemacht werden.
Rz. 151
Die Nichtbeachtung des Quotenvorrechts durch den Rechtsanwalt kann zu einem Schaden des Mandanten führen. In der Regel schützt nur die Unkenntnis des Mandanten vor einem Regress. Die Rechtsschutzversicherung leugnet häufig das Quotenvorrecht und besteht auf Weiterleitung der kompletten gegnerischen Erstattung. Das ist wegen § 86 Abs. 1 S. 2 VVG unzutreffend und daher abzulehnen. Das Quotenvorrecht ist weder durch ARB noch durch individuelle Abreden abdingbar und unterläuft auch nicht den Selbstbehalt des Versicherungsnehmers. Denn der Selbstbehalt betrifft die Frage, in welcher Höhe die Rechtsschutzversicherung an den Versicherten zahlen bzw. ihn freistellen muss. Das Quotenvorrecht betrifft dagegen die Frage, welche Beträge die Rechtsschutzversicherung vom Prozessgegner erstattet erhält.
Rz. 152
Unterliegt die rechtsschutzversicherte Partei überwiegend, sollte sie sich nicht am Kostenausgleichungsverfahren gemäß § 106 ZPO beteiligen. Denn die Rechtsschutzversicherung würde ungerechtfertigt bereichert, wenn die Partei ihre nicht bevorrechtigten Reisekosten sowie ihre quotenbevorrechtigten Ansprüche in die Ausgleichung gemäß § 106 ZPO einbringen würde. Die Durchsetzung dieses Bereicherungsanspruchs gegen die Rechtsschutzversicherung wird praktisch nur mit größeren Schwierigkeiten möglich sein. Deshalb sollte sich die Partei bei überwiegendem Unterliegen nicht am Kostenausgleichungsverfahren gemäß § 106 ZPO der überwiegend obsiegenden Partei beteiligen, sondern die getrennte Festsetzung ihres Erstattungsanspruchs in einem getrennten Verfahren gemäß § 106 ZPO beantragen.