Dr. iur. Holger Bremenkamp, Dr. Wolfgang Kürschner
A. Allgemeines
I. Rechtsverfolgungskosten und Prozesskostenrisiko
Rz. 1
Ehe ein Geschädigter oder ein sonstiger Anspruchsinhaber (Gläubiger) sich entschließt, seine Rechte außergerichtlich und gegebenenfalls auch gerichtlich geltend zu machen, will er in aller Regel wissen, was ihn dies maximal kosten wird; Entsprechendes gilt für die Rechtsverteidigung eines in Anspruch Genommenen (Schuldners). Die Berechnung des Prozesskostenrisikos geschieht mit Hilfe der einschlägigen Gesetze (insbesondere dem GKG und dem RVG einschließlich des jeweiligen Kosten- bzw. Vergütungsverzeichnisses). Eine einfache und schnelle Übersicht lässt sich mit sog. Prozesskosten(risiko)rechnern gewinnen. Bewährt hat sich dabei beispielsweise das Programm, das (jedenfalls derzeit) kostenfrei unter www.rvg.pentos.ag aufgerufen und mit konkreten Streitwertvorgaben versehen werden kann. Die zur Verfügung stehenden, auswählbaren unterschiedlichen Versionen tragen den jeweiligen Gebührenänderungen Rechnung. Schnelle Hilfe bei der aktuellen Gebührenrechnung bietet auch der mobile Prozesskostenrechner in der juris-DAV-App für Smartphones (siehe dazu www.juris.de/apps).
II. Kostenbegriffe
1. Kosten des Rechtsstreits
Rz. 2
§ 91 Abs. 1 S. 1 ZPO bestimmt, dass "Kosten des Rechtsstreits" die unterliegende Partei zu tragen hat. Prozesskosten sind alle Aufwendungen, die im Prozess selbst entstehen, ferner solche, die ein Prozessbeteiligter zur Vorbereitung oder Durchführung des Prozesses machen musste, sofern sie in unmittelbarem Zusammenhang mit diesem stehen. Zu den Prozesskosten zählen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten.
2. Gerichtskosten
Rz. 3
Gerichtskosten sind diejenigen Gebühren und Auslagen, § 1 Abs. 1 GKG, die ein Prozessbeteiligter an die Staatskasse zu entrichten hat. Die Höhe der Gebühren im Zivilprozess bestimmt sich nach dem Wert des Streitgegenstands, dem Streitwert, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 3 Abs. 1 GKG). Auslagen sind bevorstehende oder entstandene Kosten wie zum Beispiel für Zeugenentschädigungen und Sachverständigenvergütungen, Zustellungen, Aktenversendungspauschalen, vgl. hierzu Teil 9 KV GKG.
3. Außergerichtliche Kosten
Rz. 4
Außergerichtliche Kosten sind die direkt auf den Prozess bezogenen, zunächst (bis zu einem eventuell entstehenden Erstattungsanspruch) von den Prozessbeteiligten selbst, insbesondere den Parteien, aber beispielsweise auch den Nebenintervenienten zu tragenden Aufwendungen. Dabei ist zu unterscheiden zwischen den Parteikosten (Aufwendungen, die der Partei in eigener Person entstanden sind, wie zum Beispiel Aufwendungen für Reisen zum Anwalt oder zum Gericht) und den Kosten des Prozessbevollmächtigten, insbesondere Anwaltskosten, bei diesen wieder (ähnlich wie bei den Gerichtskosten) zwischen den Auslagen des Anwalts und seinen streitwertabhängigen bzw. vom Gegenstandswert abhängigen Gebühren. Erfasst sind aber nur die im Rechtsstreit entstandenen Gebühren des Anwalts, die sich aus Teil 3 VV RVG ergeben. Die für die außergerichtliche Vertretung anfallende Geschäftsgebühr Nr. 2300 VV RVG gehört nicht dazu. Der Oberbegriff für Gebühren und Auslagen ist gemäß § 1 Abs. 1 RVG die Vergütung für anwaltliche Tätigkeiten. Damit entspricht der Begriff Vergütung dem Begriff Kosten in § 1 Abs. 1 GKG, § 1 S. 1 FamGKG, § 1 Abs. 1 GNotKG und § 1 GvKostG.
III. Kostenfestsetzung
1. Kostengrundentscheidung und Kostenerstattung
Rz. 5
Zu der Frage, welcher Prozessbeteiligte ganz oder teilweise die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat, enthalten §§ 91 ff. ZPO teils unmittelbare verbindliche Regelungen, teils aber auch nur Bestimmungen für eine vom Gericht zu treffende Kostengrundentscheidung (siehe dazu unten Rdn 31 ff.). §§ 91 ff. ZPO enthalten ferner Vorschriften darüber, welche Kostenarten unter welchen Voraussetzungen erstattungsfähig sind (vgl. § 91 Abs. 2 ZPO), also nicht nur Bestimmungen zur Kostengrundentscheidung, sondern auch solche zur Kostenerstattung, deren Verfahren in §§ 103 ff. ZPO gesondert geregelt ist. Die Kostengrundentscheidung hat das Gericht von Amts wegen zu treffen, § 308 Abs. 2 ZPO, die Kostenfestsetzung erfolgt auf Antrag, § 103 Abs. 2 ZPO.
2. Kosten im Kostenfestsetzungsverfahren
Rz. 6
Die Kosten, die Gegenstand des Kostenfestsetzungsverfahrens im Zivilprozess sind, setzen sich zusammen aus den Gerichtskosten, die die obsiegende Partei an die Staatskasse gezahlt hat und die auf die Gerichtskostenschuld der unterlegenen Partei verrechnet worden sind, ihrem aus der Führung des Rechtsstreits resultierenden Schaden (§ 91 Abs. 1 S. 2 ZPO: Entschädigung für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitvers...