Rz. 69

Da bei Wohnraummietverhältnissen – anders als bei sonstigen Mietverhältnissen – die Kündigung eines Mietverhältnisses zum Zwecke der Mieterhöhung gem. § 573 Abs. 1 S. 2 BGB ausgeschlossen ist, bietet das Gesetz verschiedene Möglichkeiten, nach denen der Vermieter eine angemessene Mieterhöhung auch gegen den Willen des Mieters bei Fortbestand des Mietverhältnisses durchsetzen kann. Im Einzelnen sieht das Gesetz folgende Erhöhungsmöglichkeiten vor:

Staffelmietvereinbarungen (§ 557a BGB)
Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§§ 558558e BGB)
Mieterhöhung bei Modernisierungen (§§ 559559b BGB)
Anpassung an gestiegene Betriebskosten (§ 560 BGB)
Mietanpassung gem. vereinbarter Wertsicherungsklausel (§ 557b BGB).
 

Rz. 70

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, dass die Parteien gem. § 557 Abs. 1 BGB eine Vereinbarung über eine Mietzinserhöhung treffen. Die Vorschriften über Mieterhöhungen des BGB gelten nur für nicht preisgebundenen Wohnraum. Die zugunsten des Mieters bestehenden Schutzvorschriften bestehen nicht in den Fällen des § 549 Abs. 2 BGB.

I. Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete gem. §§ 558–558e BGB

1. Rechtliche Grundlagen

 

Rz. 71

Die in der Praxis häufigste Mieterhöhung bei Wohnmietverhältnissen ist die Mieterhöhung gem. §§ 558 ff. BGB. Hiernach kann der Vermieter die Zustimmung des Mieters zur Erhöhung des Mietzinses verlangen, wenn der Mietzins – von Erhöhungen nach §§ 559 und 560 BGB abgesehen – zu dem Zeitpunkt zu dem die Erhöhung eintreten soll, seit 15 Monaten unverändert ist, der verlangte Mietzins die üblichen Entgelte nicht übersteigt, die in der Gemeinde oder in vergleichbaren Gemeinden für nicht preisgebundenen Wohnraum vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung und Lage einschließlich der energetischen Ausstattung und Beschaffenheit in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind und die gesetzliche Kappungsgrenze für Mieterhöhungen von 20 % nicht überschritten wird.[115] Ergänzend wurden § 558 Abs. 3 S. 2 und S. 3 BGB eingefügt, wonach die Kappungsgrenze durch Rechtsverordnung der Bundesländer in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten auf 15 % binnen drei Jahren abgesenkt werden kann. Das Mieterhöhungsverlangen kann frühestens ein Jahr nach der letzten Mieterhöhung gelten gemacht werden.

 

Rz. 72

Da der Vermieter die ortsübliche Vergleichsmiete voll ausnutzen kann, darf er auch dann Mieterhöhungen, die sich im Rahmen dieser ortsüblichen Vergleichsmiete halten, geltend machen, wenn sich diese seit dem Vertragsabschluss nicht erhöht hat.[116]

Der Anspruch auf Zustimmung des Mieters ist diesem gegenüber in Textform geltend zu machen und zu begründen (§ 558a BGB). Das Gesetz nennt als Begründungsmittel die Bezugnahme auf einen Mietspiegel, eine Auskunft aus einer Mietdatenbank, Sachverständigengutachten oder die Benennung von mindestens drei vergleichbaren Wohnungen.

 

Rz. 73

Bei Bezugnahme auf einen Mietspiegel hat der Vermieter die Bezugspunkte für die Einstufung der Wohnung in das Mietraster anzugeben, soweit der Mieter sie benötigt, um die Berechnung des Vermieters nachvollziehen zu können.[117] Der Mietspiegel selbst muss dem Erhöhungsverlangen nicht beigefügt werden, wenn er allgemein zugänglich ist.[118] Bei einem veralteten Mietspiegel darf der Vermieter diesen nicht – z.B. durch Hinzurechnung von Zeitzuschlägen – nach dem Index der Wohnungsmiete fortschreiben.[119]

Das Zustimmungsverlangen setzt eine Überlegungsfrist des Mieters in Gang, in der er die Begründetheit des Mieterhöhungsverlangens überprüfen kann. Stimmt der Mieter dem Erhöhungsverlangen nicht bis zum Ablauf des 2. Kalendermonats ab dem Zugang des Verlangens zu, so kann der Vermieter bis zum Ablauf von drei weiteren Monaten auf die Erteilung der Zustimmung klagen. Diese Klagefrist ist eine materielle Ausschlussfrist.

Dem Mieter steht gem. § 561 Abs. 1 BGB ein Sonderkündigungsrecht zu. Kündigt er, so tritt die Mieterhöhung nicht ein.

Bei öffentlich gefördertem Wohnraum führt die Vereinbarung einer Miete, die über der nach den jeweiligen Wohnraumförderungsgesetzen zulässigen Miete liegt, zu einer Teilnichtigkeit, so dass der Mieter die überzahlte Miete zurückfordern kann.[120]

[115] Bei Teilinklusivmieten ist für die Berechnung der Kappungsgrenze die Miete inklusive Nebenkosten zugrunde zu legen, BGH NJW 2004, 1380.
[117] Vgl. LG Köln WuM 1990, 519; bei Überschreitung der im Mietspiegel genannten Mietspanne ist die Mieterhöhung bis zum im Mietspiegel angegebenen Höchstbetrag formell wirksam, BGH NJW 2004, 1379.
[119] Vgl. OLG Hamburg WuM 1983, 11; OLG Hamburg WuM 1983, 80.
[120] BGH v. 15.3.2016 – VIII ZR 82/15.

2. Checkliste: Mieterhöhung

 

Rz. 74

Einhaltung der Formvorschriften

Textform
von allen Vermietern an alle Mieter
bei Mieterhöhung durch Bevollmächtigten: Liegt Originalvollmacht bei?
Kann der Zugangsnachweis geführt werden?

Materielle Voraussetzungen

Bei Mieterhöhungen gem. §§ 558558e BGB:

  • Einhaltung der Wartefrist
  • unveränderte Höhe der Miete seit 15 Monaten zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens
Entspricht die verlangte Miete der ortsüblichen Vergleichs...

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