Rz. 1

Schiedsgerichte sind an die Stelle staatlicher Justiz tretende private Gerichte in Erbsachen, die entweder

1. aufgrund Anordnung in einer letztwilligen Verfügung (außervertragliches Schiedsgericht), nach § 1066 ZPO[1] oder
2. aufgrund einer Schiedsvereinbarung (vertragliches Schiedsgericht), zentrale Vorschrift: § 1029 ZPO

zulässig sind.[2]

Die Vorschrift des § 1066 ZPO sieht die Möglichkeit der Anordnung einer Schiedsgerichtsbarkeit durch Verfügung von Todes wegen vor. In der Praxis findet man solche Schiedsklauseln zunehmend häufiger. Hintergrund hierfür ist, dass Testamentsgestalter und Testierende in zunehmendem Umfang die Vorteile einer – im Gegensatz zur staatlichen Justiz – spezialisierten, schnellen und nichtöffentlichen Konfliktlösung erkennen. Die Möglichkeit, gerade bei großen Vermögen den langwierigen und dadurch auch kostspieligen Weg der ordentlichen Gerichtsbarkeit vermeiden zu können, ist ein Anliegen einer zunehmenden Anzahl von Erblassern.[3] Verfahrensdauern von sechs Monaten bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung sind im Schiedsverfahren die Regel und im Bereich der staatlichen Justiz allein schon wegen der möglichen Befassung mehrerer Instanzen praktisch ausgeschlossen. Verfahren mit mehrjährigen Verfahrensdauern sind in vielen Oberlandesgerichtsbezirken nach der Erfahrung des Verfassers absolut üblich.

Es darf allerdings nicht unerwähnt bleiben, dass aus dem Verhältnis von freiwilliger staatlicher Gerichtsbarkeit und Schiedsgerichtsbarkeit auch Probleme erwachsen: So soll das (zwingend staatliche) Erbscheinsverfahren für die Dauer von Schiedsverfahren ruhen, wodurch Beteiligten eines Erbstreits ein kostengünstiges Verfahren mit Amtsermittlungsmaxime im Ergebnis genommen wird.[4]

 

Rz. 2

Im Rahmen der Schiedsgerichtsbarkeit wird regelmäßig ein auf dem Gebiet des Erbrechtes spezialisierter Fachmann bzw. mehrere Fachleute als Schiedsrichter bestimmt, was zwangsläufig zur Reduzierung möglicher Fehlentscheidungen und somit auch zur Entbehrlichkeit weiterer Instanzen führt. Schiedsverfahren sind in der Regel auch nicht öffentlich, was für die Parteien von wesentlichem Interesse sein kann (Vertraulichkeit der Familienverhältnisse). Der dem Schiedsverfahren zugrunde liegende Beschleunigungsgrundsatz (Konzentrationsmaxime) kann im Übrigen zu einer raschen Beilegung der Streitigkeit führen.[5] Insoweit ist auf Beraterseite auch die (länderspezifisch unterschiedliche) Überlastung der Justiz mit daraus resultierenden zunehmenden Verfahrensdauern im Rahmen der Gestaltung von letztwilligen Verfügungen zu berücksichtigen. Schließlich bietet die Schiedsgerichtsbarkeit die Möglichkeit, das Verfahren durch die Auswahl bzw. die Gestaltung der Schiedsordnung optimal an vorhersehbare Konflikte anzupassen.[6]

[1] Die Norm verweist für erbrechtliche Anordnung eines Schiedsgerichts in das allgemeine Schiedsverfahrensrecht.
[2] OLG Karlsruhe ZEV 2009, 466; LG Mainz SchiedsVZ 2008, 263.
[3] Berger, SchiedVZ 2017, 105, verweist für die internationale Handelsschiedsgerichtsbarkeit auf eine Verlangsamung auch von Schiedsverfahren, der durch beschleunigte Verfahren begegnet wird; vgl. auch Schütt, SchiedsVZ 2017, 81, der auf die steigende Bedeutung des Faktors Zeit bei Konfliktlösungen und zunehmend gewählte Schnellverfahren hinweist.
[4] Jedenfalls soweit es bei der Rspr. OLG Celle v. 10.12.2015, ErbR 2016, 268 bleibt, dazu Bandel, MittBayNot 2017, 1.
[5] Böckstiegel/Schiffer, S. 69.
[6] Schmitz, RNotZ 2003, 592.

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