Rz. 18
Andere Stimmen in der Literatur gehen dagegen davon aus, dass es sich um eine Verfügung "sonstigen Inhalts" handele, die nicht unter eines der in den §§ 1937–1941 BGB ausdrücklich erwähnten Rechtsinstitute zu subsumieren sei. Die Anordnung einer letztwilligen Schiedsklausel ist z.B. der Benennung eines Vormunds nach § 1777 Abs. 3 BGB oder einer Pflichtteilsentziehung nach §§ 2333 ff. BGB vergleichbar.
Rz. 19
In der Tat dürfte es sich bei der letztwilligen Einsetzung eines Schiedsgerichts nicht um eine Auflagenanordnung handeln, sondern um eine Anordnung eigener Art, vergleichbar einer Vormundbenennung nach § 1777 BGB oder einer Verwaltungsanordnung nach § 1638 BGB. Der prozessuale Charakter der Schiedsklausel tritt auch in § 1032 ZPO deutlich hervor.
Rz. 20
Im Hinblick auf die Bindung an eine angeordnete Schiedsklausel gilt, dass diese, soweit sich ihr Regelungsumfang innerhalb der gesetzlichen Grenzen bewegt (vgl. dazu Rdn 11), nicht einseitig abbedungen werden können. Keiner der Beteiligten kann der Anordnung einer von ihr unerwünschten Schiedsgerichtsbarkeit durch einseitige Erklärung entkommen. Wohl aber könnten sich die Beteiligten darauf verständigen, die Schiedsklausel zu ignorieren. Ob dies aber auch für den Fall gilt, dass sich der Berechtigte der Ausschlagung bedient, um sich dadurch der Schiedsklausel zu entziehen (§ 2306 BGB), ist sehr umstritten. Die aktuelle höchstgerichtliche Rechtsprechung hat über diese Frage nicht zu befinden gehabt. Bemerkenswert an dem vom OLG München und dem BGH entschiedenen Fall ist die Tatsache, dass sich dort nicht der Pflichtteilsberechtigte sondern der Erbe auf die Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens berufen hatte, was in der Literatur Anlass zur Diskussion über die Frage einer Schutzbedürftigkeit des Erben geführt hat.
Rz. 21
Wendt und Bandel ist darin zuzustimmen, dass die Entscheidungen des BGH aus dem Jahre 2017 in ihrer Tendenz erkennen lassen, dass die Rechtsprechung von einer Beeinträchtigung der Rechte von Beteiligten (Erben als auch Pflichtteilsberechtigten) ausgeht. Bandel sieht in der Schiedsklausel eine "Auflagengleichheit", die mit der Schiedsverfügung zwingend einhergehe, da diese stets zu einer Beeinträchtigung der Rechte oder zu zusätzlichen Pflichten führe. Dieses dürfte zutreffen, weil die Schiedsgerichtsbarkeit in der Regel eine Verkürzung des Instanzenzuges beinhaltet, aber auch, weil die Beteiligten eines Schiedsverfahrens schlussendlich in eine vertragliche Beziehung zum Schiedsrichter bzw. einer Schiedsinstitution eintreten. Erst Recht muss dieses für Fälle gelten, in denen das Schiedsgericht nach Billigkeit entscheiden soll, z.B. weil dies in der Schiedsordnung vorgesehen ist.
Rz. 22
Indes sollten die Gegenmeinungen nicht völlig übersehen werden, die z.T. eine strikt analogiefeindliche Auslegung des Beschwerungsbegriffs des § 2306 BGB vertreten. Je nach Ausprägung führen diese Auffassungen dazu, dass mit einer Ausschlagung in Fällen in denen lediglich eine mögliche Beschwerung durch eine Schiedsklausel vorliegt, der komplette Verlust aller Ansprüche eintreten kann. Eine gesetzgeberische Klarstellung erscheint wünschenswert.
Hinweis
Für den Fall, dass eine letztwillige Verfügung als alleinige (mögliche) Beschwerung i.S.d. § 2306 BGB eine Schiedsklausel enthält und deshalb die Ausschlagung zur Geltendmachung des Pflichtteils erwogen wird, sollte die Sach- und Rechtslage wegen des Risiko eines vollständigen Anspruchsverlusts außerordentlich genau geprüft und abgewogen werden! Eine entsprechende Aufklärung des Mandanten ist bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung über diese Frage unerlässlich!