1. Grundsatz
Rz. 7
Die Schiedsfähigkeit ist für das Vertragsschiedsgericht nur lückenhaft, für das außervertragliche Schiedsgericht (insbes. bei Anordnung durch letztwillige Verfügung gem. § 1066 ZPO) so gut wie gar nicht gesetzlich geregelt. Deshalb mussten Rechtsprechung und Literatur Grundsätze zu der Frage entwickeln, welche Streitigkeiten der Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt werden können.
Die Schiedsgerichtsbarkeit ist nur für bürgerliche Rechtsstreitigkeiten i.S.v. § 13 GVG und für echte Parteistreitigkeiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit gestattet. Mit der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts per 1.1.1998 ist die Schiedsgerichtsbarkeit aufgewertet worden. Man spricht von einer Gleichstellung mit der staatlichen Gerichtsbarkeit. An die Stelle einer Entscheidung eines staatlichen Gerichts tritt die Entscheidung des Schiedsgerichts.
Rz. 8
Diese vom Gesetzgeber postulierte Gleichstellung hat jedoch im hier relevanten Bereich des Erbrechts durch die Rechtsprechung Einschränkungen erfahren. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann eine Streitigkeit nur dann der Entscheidung eines durch letztwillige Verfügung angeordneten Schiedsgerichts unterworfen sein, wenn diese "gesetzlich statthaft" sei. Dies beinhalte, dass die Streitigkeit sich in einem Bereich bewege, der überhaupt der Testierfreiheit des Erblassers unterfalle. Der Testierfreiheit des Erblassers nicht unterliegende Materien können damit nicht einer gem. § 1066 BGB angeordneten Schiedsgerichtsbarkeit unterstellt werden. Streitigkeiten über die Höhe eines Pflichtteilsanspruchs und über die Entlassung eines Testamentsvollstreckers wurden in den konkret vom BGH entschiedenen Fällen der Schiedsgerichtsbarkeit entzogen.
Rz. 9
Ob eine nachträgliche, einseitige Anordnung einer Schiedsklausel durch einen durch Vertrag oder gemeinschaftliches Testament gebundenen Erben zulässig ist, war bislang umstritten. Mit der nunmehrigen Rechtsprechung des BGH zur Frage der Reichweite von Schiedsklauseln in Fällen der Geltendmachung von Pflichtteilen dürfte die Frage dahingehend zu beantworten sein, dass die nachträgliche Anordnung einer Schiedsklausel eine Beeinträchtigung des Vertragserben i.S.d. § 2289 BGB darstellt.
2. Das vom Erblasser eingesetzte Schiedsgericht
Rz. 10
Das vom Erblasser in der letztwilligen Verfügung eingesetzte Schiedsgericht hat diejenigen Aufgaben, die ihm vom Erblasser zugewiesen werden, soweit wie oben ausgeführt die gesetzlichen Grenzen nicht überschritten sind. Grundsätzlich können alle vermögensrechtlichen Ansprüche einem Schiedsgericht übertragen werden, § 1030 ZPO. Dies trifft vor allem auf erbrechtliche Ansprüche zu; sie können als Leistungs-, Feststellungs- oder Rechtsgestaltungsklage geltend gemacht werden. Es geht dabei um Rechtsanwendung und nicht um die Ersetzung des Erblasserwillens.
Das Schiedsgericht kann
▪ |
zur Leistung verpflichtende, |
▪ |
feststellende oder |
▪ |
rechtsgestaltende |
Entscheidungen erlassen.
Dem Schiedsgericht kann der Erblasser Entscheidungskompetenz über folgende Regelungsmaterien zuweisen:
▪ |
die Erbenfeststellung im Falle eines Streites unter Erbprätendenten, gleichgültig, ob es sich um gesetzliche oder gewillkürte Erbfolge handelt; der Erblasser braucht keine Erbeinsetzung vorgenommen zu haben; es würde reichen, lediglich ein Schiedsgericht zur Feststellung der gesetzlichen Erbfolge einzusetzen, davon ausgenommen ist aber das Erbscheinsverfahren selbst und das sich anschließende Beschwerdeverfahren, |
▪ |
Eintritt oder Ausfall einer Bedingung, |
▪ |
die Erbauseinandersetzung, |
▪ |
Fragen der Ausgleichungspflicht unter Abkömmlingen nach §§ 2050 ff. BGB, |
▪ |
Im Pflichtteilsrecht nur solche Materien, in denen ausnahmsweise eine Regelungsbefugnis des Erblassers besteht, z.B. bezüglich der Verteilung einer Pflichtteilslast im Innenverhältnis unter Miterben bzw. Vermächtnisnehmern, |
▪ |
Feststellungsklage über Modalitäten der Erbteilung, um diese vorzubereiten und zur Vermeidung einer Erbteilungsklage, |
▪ |
Streitigkeiten über ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung, |
▪ |
Streitigkeiten zwischen Erben und Vermächtnisnehmern, die ihren Grund in der Verfügung von Todes wegen haben, |
▪ |
Auslegung einer Verfügung von Todes wegen, |
▪ |
Wirksamkeit der Anfechtung einer letztwilligen Verfügung (streitig), |
▪ |
Streitigkeiten betr. die Erbunwürdigkeit, |
▪ |
Streitigkeiten zwischen Vorerben und Nacherben, |
▪ |
Streitigkeiten zw... |