Rz. 143
Ebenso wie bei Anm. Abs. 1 Nr. 2 zu Nr. 3104 VV (siehe § 29 Rdn 88 ff.) fällt auch in Verfahren vor den Sozialgerichten, in denen nach Rahmengebühren abgerechnet wird, im Falle einer Entscheidung durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Abs. 1 S. 1 SGG nur dann eine Terminsgebühr an, wenn auf Antrag mündlich verhandelt werden muss, also wenn eine Berufung nicht gegeben ist. Das wiederum ist nur der Fall, bei Entscheidungen des Sozialgerichts, die nicht kraft Gesetzes berufungsfähig sind und bei denen die Berufung auch nicht zugelassen worden ist. Eine Terminsgebühr entsteht dagegen nicht bei einer Entscheidung des Sozialgerichts durch Gerichtsbescheid, wenn die Entscheidung kraft Gesetzes berufungsfähig ist oder das Sozialgericht die Berufung zugelassen hat. Die Beschränkung der Terminsgebühr auf die Fälle, in denen ein Rechtsmittel gegen den Gerichtsbescheid nicht gegeben ist, ist verfassungsgemäß.
Beispiel 67: Entscheidung durch berufungsfähigen Gerichtsbescheid (I)
Das Sozialgericht entscheidet durch Gerichtsbescheid und lässt die Berufung zu. Eine Berufung wird jedoch nicht eingelegt.
Eine Terminsgebühr entsteht nicht, da eine mündliche Verhandlung nicht hätte beantragt werden können. Es verbleibt bei der Verfahrensgebühr.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
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360,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
380,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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72,20 EUR |
Gesamt |
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452,20 EUR |
Rz. 144
Beispiel 68: Entscheidung durch nicht berufungsfähigen Gerichtsbescheid
Das Sozialgericht entscheidet durch Gerichtsbescheid, gegen den eine Berufung nicht möglich und auch nicht zugelassen worden ist.
Da jetzt nach § 105 Abs. 2 SGG eine mündliche Verhandlung hätte beantragt werden können, entsteht eine Terminsgebühr nach Anm. S. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 VV. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich auf 90 % der Verfahrensgebühr (Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV) (siehe Rdn 155 ff.).
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
|
360,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Anm. S. 1 zu Nr. 3106 VV |
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324,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
704,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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133,76 EUR |
Gesamt |
|
837,76 EUR |
Rz. 145
Strittig ist, ob die Terminsgebühr für den Anwalt schon dann anfällt, wenn einer der Beteiligten gegen den Gerichtsbescheid Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann oder ob der Anwalt der Anwalt die Terminsgebühr nur dann verdient, wenn der eigene Mandant den Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann, dass also eine fiktive Terminsgebühr ausscheidet, wenn der Mandant gewonnen hat und für ihn mangels Beschwer der Antrag auf mündliche Verhandlung nicht eröffnet ist. Entscheidungen der Sozialgerichtsbarkeit zu dieser Frage sind bislang noch nicht veröffentlicht. Zum vergleichbaren Problem in Verfahren der Verwaltungsgerichtsbarkeit siehe § 29 Rdn 88 ff. Nach zutreffender Ansicht kommt es nur darauf an, dass eine der Parteien den Antrag auf mündliche Verhandlung stellen kann. Der Tatbestand der Anm. S. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 Nr. 3106 VV differenziert insoweit nicht. Entscheidend ist nur, dass ein Gerichtsbescheid ergangen ist.
Beispiel 69: Entscheidung durch berufungsfähigen Gerichtsbescheid (II)
Das Sozialgericht gibt der Klage durch Gerichtsbescheid statt. Die erforderliche Berufungssumme wird nicht erreicht; die Berufung ist auch nicht zugelassen.
Nach zutreffender Auffassung ist abzurechnen wie im Beispiel 67. Dass nur die verurteilte Behörde den Antrag auf mündliche Verhandlung hätte stellen können, ist unerheblich. Die Gegenauffassung würde dagegen rechnen wie im Beispiel 68.
Rz. 146
Strittig ist ferner, ob die Terminsgebühr bereits mit der Entscheidung durch Gerichtsbescheid entsteht oder ob es darüber hinaus erforderlich ist, dass der Gerichtsbescheid auch rechtskräftig werden muss. Nach § 105 Abs. 2 S. 2 SGG ist vorgesehen, dass gegen einen Gerichtsbescheid Antrag auf mündliche Verhandlung gestellt werden kann, wenn ein Rechtsmittel nicht gegeben ist. In diesem Fall wird der Gerichtsbescheid wirkungslos (§ 105 Abs. 3 SGG). Das Gericht entscheidet dann durch Urteil. Hier kann es vorkommen, dass sich nach Antrag auf mündliche Verhandlung das Verfahren erledigt, bevor es zum gerichtlichen Termin gekommen ist. Zum Teil wird vertreten, dass in diesem Fall keine Terminsgebühr anfalle. Eine Terminsgebühr für den Gerichtsbescheid könne nicht anfallen, weil dieser wirkungslos geworden sei. Nach zutreffender Auffassung kann dagegen die einmal durch den Erlass des Gerichtsbescheids angefallene Terminsgebühr nicht nachträglich wegfallen.
Beispiel 70: Verfahrens- und Terminsgebühr bei Entscheidung durch Gerichtsbescheid, der nicht rechtskräftig wird
Das Verwaltungsgericht entscheidet durch Gerichtsbescheid. Dagegen beantragt die Behörde mündliche Verhandlung und hilft sodann der Klage ab. Da Verfahren wird ohne mündliche Verhandlung für erledigt erklärt.
Nach der Rspr. soll keine Terminsgebühr entstehen, da der Gerichtsbescheid unwirksam geworden ist; abzurechnen ...