Rz. 109

War der Anwalt bereits im Verwaltungs- oder Nachprüfungsverfahren tätig, so hat er dort eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV bzw. im Falle der Beratungshilfe nach Nr. 2503 VV verdient. Diese Gebühren sind im gerichtlichen Verfahren hälftig anzurechnen. Die frühere Ermäßigung der Verfahrensgebühr (Nr. 3103 VV a.F.) ist aufgehoben.

 

Rz. 110

Bei vorangegangener Geschäfts- oder Beratungsgebühr der Beratungshilfe wird nach Anm. Abs. 2 zu Nr. 2503 VV hälftig angerechnet (siehe § 10 Rdn 32 f.).

 

Rz. 111

Ebenso ist eine Beratungsgebühr nach § 34 Abs. 1 RVG hälftig anzurechnen (§ 34 Abs. 2 RVG).

 

Rz. 112

Nach dem durch das 2. KostRMoG neu gefassten Abs. 4 der Vorbem. 3 VV[21] ist jetzt auch in sozialgerichtlichen Verfahren, in denen gem. § 3 Abs. 1 S. 1 RVG nach Betragsrahmengebühren abzurechnen ist, eine Anrechnung der Geschäftsgebühr eingeführt worden.

 

Rz. 113

Im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren ist eine vorangegangene Geschäftsgebühr, die im Verwaltungs- oder Widerspruchsverfahren entstanden ist, gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV hälftig anzurechnen.

 

Rz. 114

Die Vorbefassung im Verwaltungsverfahren darf dann allerdings nicht noch zusätzlich Gebühren mindernd berücksichtigt werden (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 4 VV).

 

Rz. 115

Die Anrechnung ist begrenzt auf einen Betrag in Höhe von maximal 207,00 EUR.

 

Rz. 116

Sind vorgerichtlich mehrere Geschäftsgebühren angefallen, also sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Nachprüfungsverfahren (i.d.R. Widerspruchsverfahren), ist nur die letzte Gebühr anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 3 VV).

 

Beispiel 50: Widerspruchsverfahren und nachfolgendes gerichtliches Verfahren

Der Anwalt war im Widerspruchsverfahren tätig und anschließend im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht, das mündlich verhandelt. Das Widerspruchsverfahren war durchschnittlich, aber schwierig.

Es entsteht die volle Verfahrensgebühr der Nr. 3102 VV. Darauf ist allerdings die vorangegangene Geschäftsgebühr (Nr. 2302 Nr. 1 VV) gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV hälftig anzurechnen:

 
I. Widerspruchsverfahren    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV   414,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 434,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   82,46 EUR
Gesamt   516,46 EUR
II. Gerichtliches Verfahren 1. Instanz    
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV   360,00 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen   – 207,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV   335,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 508,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   96,52 EUR
Gesamt   604,52 EUR
 

Rz. 117

Zu beachten ist die Begrenzung der Anrechnung auf höchstens 207,00 EUR (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV).

 

Beispiel 51: Widerspruchsverfahren und nachfolgendes gerichtliches Verfahren (Begrenzung der Anrechnung)

Der Anwalt war im Widerspruchsverfahren tätig. Aufgrund des Umfangs und der Schwierigkeit ist die Geschäftsgebühr deutlich (50 %) über der Mittelgebühr anzusetzen. Anschließend wird der Anwalt im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht tätig. Es wird mündlich verhandelt.

Abzurechnen ist wie folgt:

 
I. Widerspruchsverfahren    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV   621,00 EUR
2. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 641,00 EUR  
3. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   121,79 EUR
Gesamt   762,79 EUR
II. Gerichtliches Verfahren 1. Instanz    
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV   360,00 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 2 VV anzurechnen   – 207,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV   335,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 508,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   96,52 EUR
Gesamt   604,52 EUR
 

Rz. 118

War der Anwalt vor dem Widerspruchsverfahren bereits im Verwaltungsverfahren tätig, erfolgt eine mehrfache Anrechnung.

 

Beispiel 52: Verwaltungsverfahren, Widerspruchsverfahren und nachfolgendes gerichtliches Verfahren

Der Anwalt war zunächst im Verwaltungsverfahren tätig, sodann im Widerspruchsverfahren und anschließend im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht, das mündlich verhandelt hat.

Die erste Geschäftsgebühr ist nach Vorbem. 2.3 Abs. 4. S. 1 VV hälftig auf die zweite anzurechnen (siehe auch Rdn 58 ff.). Die zweite Geschäftsgebühr ist hälftig auf die Verfahrensgebühr anzurechnen (Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV).

 
I. Verwaltungsverfahren    
  Wie Beispiel 50, I.    
II. Widerspruchsverfahren    
1. Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV   414,00 EUR
2. gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen   – 207,00 EUR
3. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 227,00 EUR  
4. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   41,13 EUR
Gesamt   270,13 EUR
III. Gerichtliches Verfahren 1. Instanz    
1. Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV   360,00 EUR
2. gem. Vorbem. 3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen   – 207,00 EUR
3. Terminsgebühr, Nr. 3106 VV   335,00 EUR
4. Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV   20,00 EUR
  Zwischensumme 508,00 EUR  
5. 19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV   96,52 EUR
Gesamt   604,52...

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