(1) Überblick
Rz. 131
Abgesehen von den Fällen der Vorbem. 3 Abs. 3 VV kann der Anwalt nach Anm. S. 1 zu Nr. 3106 VV auch eine (fiktive) Terminsgebühr erhalten. Voraussetzung ist, dass im Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist, was im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren vor dem Sozialgericht immer der Fall ist (§ 124 Abs. 1 SGG). Die fiktive Terminsgebühr entsteht, wenn
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das Gericht im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheidet (Anm. S. 1 Nr. 1, 1. Alt zu Nr. 3106 VV), |
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eine Einigung geschlossen wird (Anm. S. Nr. 1, 2. Alt. zu Nr. 3106 VV), |
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eine Einigung eingetreten ist (Anm. S. Nr. 1, 3. Alt. zu Nr. 3106 VV), |
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das Gericht gem. § 105 Abs. 1 SGG durch Gerichtsbescheid entscheidet (Anm. S. 1 Nr. 2 zu Nr. 3106 VV), sofern eine mündliche Verhandlung beantragt werden kann, oder |
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das Verfahren ohne mündliche Verhandlung durch angenommenes Anerkenntnis endet (Anm. S. 1 Nr. 3 zu Nr. 3106 VV). |
Rz. 132
Die Höhe der Terminsgebühr ist in diesen Fällen mit 90 % der jeweiligen Verfahrensgebühr festgeschrieben (Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV) (siehe dazu Rdn 155 ff.).
(2) Entscheidung ohne mündliche Verhandlung im Einverständnis der Parteien
Rz. 133
Wird im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden, entsteht nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV eine Terminsgebühr.
Beispiel 59: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (I)
Über die Anfechtungsklage wird im Einverständnis der Parteien ohne mündliche Verhandlung entschieden.
Da im Verfahren eine mündliche Verhandlung vorgeschrieben ist (§ 124 Abs. 1 SGG), entsteht nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV eine Terminsgebühr. Die Höhe der Terminsgebühr beläuft sich auf 90 % der Verfahrensgebühr (Anm. S. 2 zu Nr. 3106 VV) (siehe Rdn 155 ff.).
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
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360,00 EUR |
2. |
Terminsgebühr, Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3106 VV |
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324,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
704,00 EUR |
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4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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133,76 EUR |
Gesamt |
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837,76 EUR |
Rz. 134
Ungeachtet des § 124 Abs. 2 SGG gibt es jedoch Verfahrenssituationen, in denen das Gericht auch ohne Zustimmung der Parteien ohne mündliche Verhandlung entscheiden kann. Das ist in allen Fällen gegeben, in denen das Gericht im Beschlusswege entscheiden kann (§ 124 Abs. 3 SGG). Hauptanwendungsfall ist hier die Entscheidung über die Kosten, wenn sich ein Verfahren anders als durch Urteil erledigt hat (§ 193 Abs. 1 S. 3 SGG). In diesem Fall entsteht keine Terminsgebühr, allerdings nicht, wie es fälschlicherweise immer wieder begründet wird, weil eine mündliche Verhandlung im Verfahren nicht vorgeschrieben sei, sondern weil hier die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung nicht der Zustimmung der Parteien bedarf, sondern das Gericht auch ohne Zustimmung der Parteien von der mündlichen Verhandlung absehen kann.
Beispiel 60: Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (II)
Nach Erledigung des Verfahrens vor mündlicher Verhandlung entscheidet das Gericht nur noch über die Kosten des Verfahrens.
Da über die Kosten des Verfahrens ohnehin ohne mündliche Verhandlung entschieden werden kann (§ 123 Abs. 4 SGG), entsteht keine Terminsgebühr, sondern nur die Verfahrensgebühr.
1. |
Verfahrensgebühr, Nr. 3102 VV |
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360,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
380,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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72,20 EUR |
Gesamt |
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452,20 EUR |
(3) Einigung
Rz. 135
Umstritten war, ob die Terminsgebühr in sozialgerichtlichen Verfahren auch dann (analog Anm. S. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV) anfiel, wenn ein schriftlicher Vergleich geschlossen wurde. Der Gesetzgeber hatte zunächst eine der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV entsprechende Regelung in Nr. 3106 VV nicht vorgesehen. Daraus hat ein Teil der Rspr. geschlossen, dass die Terminsgebühr nicht entstehe. Tatsächlich handelte es sich jedoch um ein Versehen des Gesetzgebers, zumal in sozialgerichtlichen Verfahren, die nach dem Gegenstandwert abgerechnet werden, Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV schon immer unmittelbar anzuwenden war. Daher wurde von einigen Gerichten zu Recht die Terminsgebühr in analoger Anwendung der Anm. Abs. 1 Nr. 1 zu Nr. 3104 VV angenommen. Mit der Neufassung der Anm. S. 1 Nr. 1 zu 3106 VV durch das 2. KostRMoG ist diese Streitfrage zunächst dahingehend geklärt, dass die Terminsgebühr anfällt, wenn "in einem solchen Verfahren ein schriftlicher Vergleich geschlossen wird". Einzelheiten blieben aber nach wie vor umstritten. So wurde zum Teil die Auffassung vertreten, dass eine Terminsgebühr bei Abschluss eines schriftlichen Vergleichs nur dann entstehen könne, wenn der Vergleich nach § 101 Abs. 1 S. 2 SGG unter Mitwirkung oder auf Veranlassung des Gerichts geschlossen wurde. Ein lediglich gerichtlich festgestellter Vergleich nach § 202 Abs. 1 SGG i.V.m. § 278 Abs. 6 ZPO oder gar einfacher schriftlicher Vergleich sollten dagegen nicht ausreichen, um die Terminsgebühr nach Anm. S. 1 Nr. 1 zu 3106 VV auszulösen. Mit der durch das KostRÄG 2021 nochmals geänderten Fassung stellt das Gesetz jetzt klar, dass in allen Fällen, in denen dem Rechtsanwalt eine Einigung he...