aa) Überblick
Rz. 54
Wird der Anwalt mit der Vertretung im Nachprüfungsverfahren tätig, so ist zu differenzieren:
▪ |
Wird der Anwalt erstmals im Nachprüfungsverfahren beauftragt, so handelt es sich um eine gewöhnliche Geschäftstätigkeit nach Nr. 2302 Nr. 1 VV, sodass abzurechnen ist wie bei der Tätigkeit in Verwaltungsverfahren (siehe Rdn 48 ff.). |
▪ |
War der Anwalt bereits im Verwaltungsverfahren beauftragt und wird er anschließend im Nachprüfungsverfahren beauftragt, so liegen zwei verschiedene Angelegenheiten vor (§ 17 Nr. 1a RVG). Sowohl für das Verwaltungsverfahren als auch das Nachprüfungsverfahren entsteht jeweils die Gebühr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV. Allerdings ist die Geschäftsgebühr des Verwaltungsverfahrens hälftig auf die Geschäftsgebühr des Nachprüfungsverfahrens anzurechnen, höchstens jedoch 207,00 EUR (Vorbem. 2.3. Abs. 4 VV). |
bb) Erstmalige Beauftragung im Nachprüfungsverfahren
Rz. 55
Wird der Anwalt erstmals im Nachprüfungsverfahren beauftragt, so richtet sich die Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV.
Beispiel 20: Erstmalige Beauftragung im Nachprüfungsverfahren
Der Anwalt wird nach Erlass des Bescheides erstmals im Nachprüfungsverfahren mit der Vertretung beauftragt. Die Tätigkeit ist durchschnittlich, aber umfangreich.
Abzurechnen wie im Beispiel 15.
Rz. 56
Im Übrigen kann auf die Ausführungen zu den Rdn 48 ff. und die dortigen Beispiele Bezug genommen werden.
Rz. 57
Im Gegensatz zur Vertretung im Verwaltungsverfahren kann hier nicht nur eine Einigungsgebühr jetzt allerdings auch eine Erledigungsgebühr anfallen (siehe Rdn 67 ff.).
cc) Vertretung im Nachprüfungsverfahren nach vorangegangener Vertretung im Verwaltungsverfahren
(1) Überblick
Rz. 58
Wird der Anwalt nach dem Verwaltungsverfahren auch im Widerspruchsverfahren tätig, erhält er ebenfalls eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Nr. 1 VV, da es sich insoweit nach § 17 Nr. 1a RVG um eine gesonderte Angelegenheit handelt.
Rz. 59
War der Anwalt allerdings bereits im Verwaltungsverfahren tätig, muss er sich nach Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1 VV die erste Geschäftsgebühr hälftig auf die zweite Geschäftsgebühr anrechnen lassen. Die Vorbefassung im Verwaltungsverfahren darf dann allerdings nicht noch zusätzlich Gebühren mindernd berücksichtigt werden (Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 3 VV).
Zu beachten ist, dass die Höhe der Gebühr und auch die Anwendung der Schwellengebühr für jeden Verfahrensabschnitt gesondert zu prüfen ist. Schwierigkeit und Umfang im Verwaltungsverfahren begründen noch keine Schwierigkeit und keinen Umfang im Nachprüfungsverfahren und umgekehrt. Es ist also möglich, dass in einem Verfahrensabschnitt die Schwellengebühr greift, in dem anderen aber nicht, dass sie in beiden Verfahrensabschnitten greift oder in gar keinem.
(2) Grundfälle
Rz. 60
Beispiel 21: Vertretung im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren (jeweils Mittelgebühr)
Der Anwalt wird im Verwaltungsverfahren vor der Behörde beauftragt. Gegen den Bescheid der Behörde legt er Widerspruch ein. Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren war die Sache umfangreich und schwierig, aber durchschnittlich.
Der Anwalt erhält sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren eine Geschäftsgebühr in Höhe von 414,00 EUR. Anzurechnen ist die erste Geschäftsgebühr in Höhe von 207,00 EUR.
I. |
Verwaltungsverfahren |
|
|
1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV |
|
414,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
434,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
82,46 EUR |
Gesamt |
|
516,46 EUR |
II. |
Widerspruchsverfahren |
|
|
1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1 VV |
|
414,00 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen |
|
– 207,00 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
227,00 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
41,13 EUR |
Gesamt |
|
270,13 EUR |
Rz. 61
Beispiel 22: Vertretung im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren (jeweils Schwellengebühr)
Der Anwalt wird im Verwaltungsverfahren vor der Behörde beauftragt. Gegen den Bescheid der Behörde legt er Widerspruch ein. Sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren war die Sache weder umfangreich noch schwierig.
Der Anwalt erhält sowohl im Verwaltungsverfahren als auch im Widerspruchsverfahren die Geschäftsgebühr nur in Höhe von 359,00 EUR. Anzurechnen ist in Höhe von 179,50 EUR.
I. |
Verwaltungsverfahren |
|
|
1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1, Anm. zu Nr. 2302 VV |
|
359,00 EUR |
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
379,00 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
72,01 EUR |
Gesamt |
|
451,01 EUR |
II. |
Widerspruchsverfahren |
|
|
1. |
Geschäftsgebühr, Nr. 2302 Nr. 1, Anm. zu Nr. 2302 VV |
|
359,00 EUR |
2. |
gem. Vorbem. 2.3 Abs. 4 S. 1 VV anzurechnen |
|
– 179,50 EUR |
3. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
199,50 EUR |
|
4. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
37,91 EUR |
Gesamt |
|
237,41 EUR |
Rz. 62
Beispiel 23: Vertretung im Verwaltungsverfahren und im Widerspruchsverfahren (Schwellengebühr im Verwaltungsverfahren/Mittelgebühr im Nachprüfungsverfahren)
Der Anwalt wird im Verwaltungsverfahren vor der Behörde beauftragt. Gegen den Bescheid der Behörde legt er Widerspruch ein. Im Verwaltungsverfahren war die Sache...