Jürgen Beck, Jürgen Brand
I. Sinn und Anwendungsbereich der Vorschrift
Rz. 4
Arbeitnehmer, die ihren Arbeitsplatz verloren haben, können anstelle des Arbeitslohnes (Arbeitslosengeld) Arbeitslosengeld erhalten (max. bis zu 24 Monaten, i.d.R. 12 Monate, vgl. § 147 Abs. 2 SGB III). Diese Leistung ist im Gegensatz zum Arbeitslosengeld II nicht davon abhängig, dass der Arbeitslose bedürftig ist. Er muss auch keine Beiträge in die Kasse der Arbeitslosenversicherung gezahlt haben. Allerdings muss der Arbeitslose u.a. arbeitslos sein, sich bei der Arbeitsagentur gemeldet und die Anwartschaftszeit von 12 Monaten in einem Zeitraum von 24 Monaten zurückgelegt haben, § 136 SGB III.
Rz. 5
Um zu verhindern, dass das Geld der Beitragszahler zu Unrecht an Arbeitslose gezahlt wird, weil diese z.B. ihre Arbeitslosigkeit in vorwerfbarer Art und Weise selbst herbeigeführt haben, wird die Auszahlung des Arbeitslosengeldes in bestimmten Fällen "ausgesetzt" bzw. "zum Ruhen gebracht". Die wichtigsten Regelungen über das Ruhen des Arbeitslosengeldes finden sich in §§ 156–160 SGB III.
Rz. 6
§ 159 SGB III sanktioniert die Aufgabe des Arbeitsplatzes durch den Arbeitnehmer ohne wichtigen Grund bei anschließender Arbeitslosigkeit. Nach dem Wortlaut des § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III tritt eine Sperrzeit, d.h. eine Zahlungssperre von bis zu 12 Wochen, ein, wenn
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der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis selbst gelöst |
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oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses durch den Arbeitgeber gegeben hat |
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und er dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat, |
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ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben. |
Rz. 7
Die Vorschrift bezieht sich somit sowohl auf die Eigenkündigung des Arbeitnehmers als auch auf die verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers. Nach dem Sinn der Vorschrift löst aber auch die Mitwirkung des Arbeitnehmers an einem Aufhebungsvertrag eine Sperrzeit i.S.d. § 159 SGB III aus (BSG v. 17.8.2017 – B 5 R 8/16 R; BSG v. 29.11.1989 – 7 RAr 86/88, NZA 1990, 628). Dabei ist es unerheblich, ob ein solcher Vertrag sofort unmittelbar zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses führt.
Rz. 8
Auch durch eine Vereinbarung über eine noch auszusprechende Arbeitgeberkündigung löst der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis, weil es ja gerade Sinn einer solchen Vereinbarung ist, das Ende des Beschäftigungsverhältnisses herbeizuführen. Das gilt gleichermaßen, wenn der Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber einen Abwicklungsvertrag über eine Abfindung, Entschädigung oder ähnliche Leistung anlässlich des Ausscheidens getroffen hat. Auch durch solche Verträge beteiligt sich ein Arbeitnehmer an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, weil er sich der Möglichkeit begibt, die Rechtswidrigkeit der ausgesprochenen Kündigung geltend zu machen (BSG v. 17.10.2007 – B 11a AL 51/06 R, Rn 32; BSG, 9.11.1995 – 11 RAr 27/95, SozR 3–4100 § 119 Nr. 9 m.w.N.).
Rz. 9
In dem bloßen Schweigen des Arbeitnehmers zu einer Arbeitgeberkündigung oder in der bloßen Entgegennahme der Arbeitspapiere liegt allerdings keine Mitwirkung beim Abschluss eines Aufhebungsvertrages. Ist das Beschäftigungsverhältnis ohne Beteiligung des Arbeitslosen rechtmäßig gelöst worden, tritt eine Sperrzeit nicht ein.
Rz. 10
Liegt eine rechtswidrige Kündigung vor und hat der Arbeitslose aus einem nicht ersichtlichen Grund eine finanzielle Zuwendung vom Arbeitgeber erhalten, werden Arbeitsverwaltung und Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit im Zweifel prüfen, ob Kündigung und Hingabe der finanziellen Vergünstigung in einem Zusammenhang stehen und dadurch eine (eine Sperrzeit auslösende) Beteiligung des Arbeitslosen an der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Die Arbeitsverwaltung schließt auch beim Vorliegen einer verbindlichen Wiedereinstellungszusage auf ein Einvernehmen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer und stellt eine Sperrzeit fest.
Rz. 11
Eine Vereinbarung über eine noch auszusprechende Arbeitgeberkündigung kann eine Sperrzeit auslösen, wenn nach der Arbeitgeberkündigung noch ein Vertrag geschlossen wird, in dem die einvernehmliche Lösung des Beschäftigungsverhältnisses zum Ausdruck kommt. Insb. ein Arbeitgeber, der Kündigungen von Mitarbeitern scheut, wird die Kündigung nicht ohne vorherige Beteiligung des Arbeitnehmers und eine Zusage finanzieller Vergünstigungen für den Bestand der Kündigung aussprechen (zur Änderung der Rspr. in diesem Bereich siehe Rdn 28 ff.).
Rz. 12
Eine Sperrzeit tritt unter Umständen (Rspr. siehe unten Rdn 28 ff.) auch ein, wenn die Kündigung des Arbeitgebers vom Arbeitslosen initiiert worden ist. Hat der Arbeitgeber – z.B. in Form einer Betriebsvereinbarung – ein abstraktes Aufhebungsangebot abgegeben, so wirkt der Arbeitnehmer an der Auflösung des Beschäftigungsverhältnisses in dem Moment mit, in dem er dem Arbeitgeber mitteilt, er werde die Regelungen der Betriebsvereinbarungen in Anspruch nehmen.
Rz. 13
Grds. können auch "Abwicklungsverträge", d.h. Vereinbarungen nach einer Arbeitgeberkündigung, eine Sperrzeit zulasten des Arbei...