Jürgen Beck, Jürgen Brand
Rz. 83
Nach § 158 SGB III ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld, wenn die Voraussetzungen dieser Vorschrift erfüllt sind. Dies bedeutet – wie auch bei § 159 SGB III –, dass in einem bestimmten Zeitraum Arbeitslosengeld nicht gezahlt wird. Im Gegensatz zu § 159 SGB III tritt aber keine Minderung des Anspruches ein, d.h. der Anspruch läuft nach Beendigung des Ruhenszeitraums ungekürzt.
Rz. 84
Der Ruhenszeitraum beginnt nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, gleichgültig, wann die Abfindung fällig wird. Fällt das Ende des Beschäftigungsverhältnisses nicht mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses zusammen, ist auf das Ende des Arbeitsverhältnisses abzustellen. Der Ruhenszeitraum läuft – ebenso wie der nach § 159 SGB III – kalendermäßig ab. Es ist unerheblich, ob eine Sperrzeit zur gleichen Zeit festgestellt worden ist. Sperrzeit- und Abfindungsruhenszeitraum können zeitgleich ablaufen.
Rz. 85
Die Dauer des Ruhenszeitraums nach § 158 SGB III ist nicht einheitlich. Sie beträgt nach Abs. 2 längstens ein Jahr und geht nicht über den Tag hinaus, an dem die ordentliche Kündigungsfrist des Arbeitgebers abgelaufen ist, die Befristung des Arbeitsverhältnisses beendet ist bzw. den Tag, an dem der Arbeitgeber eine außerordentliche Kündigung hätte aussprechen können.
Rz. 86
Vor allem ruht der Anspruch auf Alg nicht über den Tag hinaus, bis zu dem der Arbeitslose 60 % der Abfindung, Entschädigung oder ähnlichen Leistung verdient hätte, wenn ihm das während der letzten Beschäftigungszeit kalendertäglich verdiente Arbeitsentgelt weiter gezahlt worden wäre (§ 158 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 SGB III). Bei der Berechnung dieses Zeitraumes sind die Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die letzte Beschäftigungszeit und das kalendertäglich verdiente Arbeitsentgelt zu berücksichtigen. Als Hilfsmittel für die Berechnung ist der "amtliche" Bearbeitungsbogen (siehe Rdn 91) beigefügt.
Rz. 87
§ 158 Abs. 3 SGB III setzt für die entsprechende Anwendung der Abs. 1 und 2 voraus, dass eine Entlassungsentschädigung wegen vorzeitiger Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses gezahlt oder vereinbart worden ist, wenn das Arbeitsverhältnis nicht beendet wird. Die Vorschrift ist vor allem in den Fällen von Bedeutung, in denen die Beteiligten ein Interesse daran haben, das Arbeitsverhältnis formal, d.h. ohne Entgeltansprüche, fortbestehen zu lassen, z.B. um Ansprüche aus einer betrieblichen Altersversorgung zu sichern. Nach der Rechtsprechung des BSG ist eine Zahlung nach § 1a KSchG zur Abwendung einer Kündigungsschutzklage keine Entlassungsentschädigung i.S.v. § 158 Abs. 3 SGB III (BSG v. 8.12.2016 – B 11 AL 5/15 R).
Rz. 88
Beispiel
Das Arbeitsverhältnis endete am 31.1. durch Kündigung unter gleichzeitiger Zahlung einer Abfindung. Am 1.2. trat Arbeitslosigkeit ein. Wegen der Zahlung einer Abfindung und (unterstellter) Nichteinhaltung der ordentlichen Kündigungsfrist des Arbeitgebers ruht das Arbeitslosengeld z.B. für 22 Tage (s. Muster Bearbeitungsbogen: Berechnung des Ruhenszeitraums nach § 158 Abs. 1 und 2 SGB III, Rn 2053); danach wird Arbeitslosengeld ungekürzt ausgezahlt.
Rz. 89
Die Regelung ist im Allgemeinen weniger belastend für Langzeitarbeitslose ohne Anspruch auf Arbeitslosengeld II. Arbeitslose, die vor Ablauf der vollen Anspruchsdauer eine Arbeit aufnehmen, laufen dagegen ebenso Gefahr, den noch nicht verbrauchten Anspruch auf Arbeitslosengeld zu "verlieren", wie diejenigen Arbeitslosen, die einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II realisieren können.
Rz. 90
Berechnungsbeispiel anhand einer Grafik
Rz. 91
Muster 31.1: Berechnung des Ruhenszeitraums nach § 158 Abs. 1 und 2 SGB III
Quelle: Bundesagentur für Arbeit, Fachliche Weisungen Arbeitslosengeld, § 158 SGB III, Stand 3/2022, Anlage 2