Rz. 4
Grundsätzlich dienen die Fahrerlaubnisentziehung und die Sperre allein der Verkehrssicherheit. Dies bedeutet, dass persönliche und wirtschaftliche Folgen bei der Bemessung der Dauer keine Rolle spielen dürfen. Allerdings können Nachteile zu einer Verkürzung der Sperrfrist führen bzw. bei der Bemessung Berücksichtigung finden, wenn zu erwarten ist, dass die Maßregel dem Täter eine besondere Warnung ist. Vorliegen müssen ganz besondere Umstände. Bei Wiederholungstätern gelten noch strengere Anforderungen, z.B. die Beibringung eines medizinisch-psychologischen Gutachtens.
Rz. 5
Die Mindestdauer der Sperrzeit beträgt sechs Monate. Eine Bindung an diese Frist besteht nur, wenn das Gericht den Täter im Zeitpunkt der Entscheidung noch für ungeeignet hält. Die gem. § 69a Abs. 1 StGB bestimmte Höchstfrist der Sperrzeit beträgt fünf Jahre. Bei Wiederholungstätern innerhalb von drei Jahren ist vorgegeben, dass die Sperrfrist mindestens ein Jahr beträgt, sofern in diesem Zeitraum bereits eine Sperre angeordnet wurde, § 69a Abs. 3 StGB.
Rz. 6
Die Sperre beginnt dabei mit der Rechtskraft der Entscheidung. Gem. § 69a Abs. 5 S. 2 StGB ist die zwischen dem letzten tatrichterlichen Urteil und dessen Rechtskraft verstrichene Zeit einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis anzurechnen.
Bei einer nachträglichen Gesamtstrafenbildung nach § 55 Abs. 2 StGB hat der Tatrichter, wenn in der früheren Entscheidung eine Sperre gem. § 69a StGB bestimmt war und der Angeklagte wieder wegen einer Straftat verurteilt wird, die seine fehlende Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen erneut belegt, eine neue einheitliche Sperre festzulegen, die die alte Sperre gegenstandslos macht. Eine Addition ist nicht zulässig.
Rz. 7
Das Gesetz sieht in § 69a Abs. 2 StGB die grundsätzliche Möglichkeit vor, bestimmte Arten von Kraftfahrzeugen von der Sperre auszunehmen. Im Umkehrschluss belegt dies auch, dass die Fahrerlaubnis grundsätzlich nach § 69 Abs. 1 StGB ohne Einschränkung zu entziehen ist. Die Fahrerlaubnis muss also komplett entzogen und der Führerschein eingezogen werden. Es müssen besondere Umstände vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird. Erforderlich ist eine feststellbare objektive und subjektive Abschirmung der Gefährdung des Maßregelzwecks und damit der Gefährdung des Straßenverkehrs, die zunächst einmal "per se" durch einen ungeeigneten Kraftfahrzeugführer besteht. Es muss der Schluss möglich sein, der generell ungeeignete Täter sei bei der Benutzung der freigegebenen Fahrzeugart "ungefährlich".
Rz. 8
Solche besonderen Umstände können z.B. vorliegen, wenn es für die Fortführung der Ausbildung zum Landwirt wegen der weit auseinander liegenden Gemarkungen notwendig ist, dass der Angeklagte zumindest diese Führerscheinklassen behalten kann.
Rz. 9
Muster 31.2: Ausnahme von bestimmten Arten von Kraftfahrzeugen
Muster 31.2: Ausnahme von bestimmten Arten von Kraftfahrzeugen
Ich rege an, von der Anordnung der Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis die Fahrerlaubnisklassen L und T auszunehmen.
Mein Mandant befindet sich im ersten Jahr der Ausbildung zum Landwirt. Ausbilder ist sein Nachbar. Der Betrieb wird allein geführt von diesem, wobei mein Mandant schon vor seiner Ausbildung intensiv mitgeholfen hat, damit sein Nachbar die Flächen überhaupt bewirtschaften konnte. Die Flächen befinden sich in Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und sind mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen. Die Gemarkungen liegen zudem weit auseinander. Hinzu kommt, dass mein Mandant im Rahmen seiner Ausbildung eine Sonderausbildung für Pflanzenschutz genossen hat, weshalb nur er bestimmte Arbeiten ausführen kann.
Für die Fortbildung seiner Ausbildung ist mein Mandant daher zwingend auf die Fahrerlaubnisklassen L und T angewiesen. Mein Mandant wird überwiegend auf den landwirtschaftlichen Flächen fahren, wodurch eine feststellbare objektive und subjektive Abschirmung der Gefährdung des Maßregelzwecks und damit der Gefährdung des Straßenverkehrs gewährleistet ist (vgl. hierzu AG Lüdinghausen NZV 2010, 164). Gerade dann, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb bestellt wird, ist von besonderen Umständen auszugehen, die die Annahme rechtfertigen, dass der Zweck der Maßregel dadurch nicht gefährdet wird (AG Alsberg zfs 2010, 168; AG Auerbach (Vogtland) NZV 2003, 207; auch NK-GVR/Blum, § 69a StGB Rn 25 m.w.N.; vgl. insgesamt LG Zweibrücken NZV 1996, 252).
Rz. 10
Folgt das Gericht den Ausführungen des Verteidigers und schränkt die Sperre ein, muss dann der Mandant eigenständig bei der Fahrerlaubnisbehörde eine dem § 69a Abs. 2 StGB entsprechend eingeschränkte Fahrerlaubnis beantragen. Die Fahrerlaubnisbehörde hat aber in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sie die eingeschränkte Fahrerlaubnis erteilt.
Rz. 11
Muster 31.3: Aufklärung des Mandanten bzgl. eingeschränkter Fahrerlaubnis
Muster 31.3: Aufklärung des Mandanten bzgl. eingeschränkter Fahrerlaubnis