Rz. 109
Eine Kapitalgesellschaft kann einen Teil ihres Vermögens gemäß § 123 Abs. 2 UmwG auf eine andere (übernehmende) Kapitalgesellschaft – entweder auf eine bestehende Kapitalgesellschaft oder zur Neugründung – abspalten. Die übertragende Kapitalgesellschaft bleibt bestehen. Die Gesellschafter der Kapitalgesellschaft erhalten im Gegenzug Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft. Die Abspaltung vollzieht sich im Rahmen der (partiellen) Gesamtrechtsnachfolge.
Rz. 110
Handelsrechtlich hat die übernehmende Personengesellschaft gemäß § 24 UmwG auch hier das Wahlrecht, das übernommene Vermögen mit dem Buchwert (= fiktive Anschaffungskosten) oder den tatsächlichen Anschaffungskosten (entsprechend dem Wert der in den Gesellschaftsrechten gewährten Gegenleistung) anzusetzen.
Rz. 111
Bei der Abspaltung gelten die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter als zum gemeinen Wert auf die übernehmende Kapitalgesellschaft übertragen. Die übertragende Kapitalgesellschaft muss die stillen Reserven in den Wirtschaftsgütern der Besteuerung unterwerfen. Gleichzeitig gelten die abgespaltenen Anteile an der übertragenden Kapitalgesellschaft durch ihre Gesellschafter als zum gemeinen Wert veräußert. Der Veräußerungsgewinn ist von den Gesellschaftern der Besteuerung zu unterwerfen. Die Anteile an der übernehmenden Kapitalgesellschaft gelten zu diesem Wert als angeschafft.
Rz. 112
Vollzieht sich nun die Abspaltung nach den Vorschriften des UmwStG, besteht die Möglichkeit, den Abspaltungsvorgang insgesamt buchwertfortführend und somit wiederum steuerneutral durchzuführen.
Rz. 113
Handelsrechtlich vollzieht sich die Abspaltung auf den Spaltungsstichtag. Ab diesem Tag gelten die Handlungen der Geschäftsvorfälle des abgespaltenen Teils als für Rechnung der übernehmenden Kapitalgesellschaft vorgenommen. Die übertragende Kapitalgesellschaft hat auf den Tag vor dem Umwandlungsstichtag eine handelsrechtliche Schlussbilanz aufzustellen. Die Schlussbilanz darf maximal auf einen Stichtag aufgestellt werden, der acht Monate vor der Anmeldung der Abspaltung zum Handelsregister liegt. Insoweit ist ein achtmonatiger Rückbezug der Abspaltung möglich.
Rz. 114
Der ertragsteuerliche Übertragungsstichtag ist der Tag, der dem Umwandlungsstichtag voran geht. Er entspricht somit dem Tag, auf den die Schlussbilanz der übertragenden Kapitalgesellschaft aufgestellt wird. Mit Ablauf des steuerlichen Übertragungsstichtags gehen ertragsteuerlich die abgespaltenen aktiven und passiven Wirtschaftsgüter auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über.
I. Besteuerung der übertragenden Kapitalgesellschaft
Rz. 115
Grundsätzlich hat die Kapitalgesellschaft die im Rahmen der Spaltung auf andere Kapitalgesellschaften übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter – einschließlich nicht entgeltlich erworbener und selbst geschaffener immaterieller Wirtschaftsgüter – in ihrer steuerlichen Schlussbilanz mit dem gemeinen Wert (= Zeitwert) anzusetzen. Die hierbei aufgedeckten stillen Reserven unterliegen bei der übertragenen Kapitalgesellschaft der Körperschaft- und Gewerbesteuer.
Rz. 116
Um die Möglichkeit zu eröffnen, die im Rahmen der Spaltung übergehenden aktiven und passiven Wirtschaftsgüter in der steuerlichen Schlussbilanz der Kapitalgesellschaft mit ihren Buchwerten anzusetzen (Wahlrecht), müssen die folgenden Voraussetzungen kumulativ erfüllt sein:
▪ |
allgemeine Tatbestandsmerkmale |
▪ |
ergänzende Teilbetriebserfordernisse |
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keine Missbrauchstatbestände. |
Sofern die o.g. Bedingungen erfüllt sind, können Abspaltungen buchwertfortführend und damit steuerneutral durchgeführt werden.
Rz. 117
Der entsprechende formlose Antrag auf Buchwertansatz ist bei dem für die übertragende Kapitalgesellschaft zuständigen Finanzamt zu stellen. Dies muss spätestens bis zur Abgabe der steuerlichen Übertragungsbilanz der Kapitalgesellschaft erfolgen.
Rz. 118
Das Wahlrecht zur Bilanzierung in der Steuerbilanz kann abweichend von der Handelsbilanz ausgeübt werden.
Verfügt die übertragende Kapitalgesellschaft über gewerbe- und körperschaftsteuerliche Verlustvorträge, gehen diese im Verhältnis des abgespaltenen Vermögens verloren, d.h. sie gehen nicht auf die übernehmende Kapitalgesellschaft über.