Rz. 251

Der Arbeitgeber ist auf Anforderung des Arbeitnehmers verpflichtet, spätestens mit Ablauf der Kündigungsfrist oder bei seinem tatsächlichen Ausscheiden ein schriftliches Zeugnis (Schlusszeugnis) über das Arbeitsverhältnis und dessen Dauer zu erteilen ("einfaches Zeugnis"). Das Zwischenzeugnis ist eine Beurteilung des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis. Die Voraussetzungen, unter denen ein Zwischenzeugnis verlangt werden kann, sind noch weitgehend ungeklärt. Das Schluss- oder Zwischenzeugnis muss auf Verlangen auch auf die Beurteilung der Leistungen und auf die Führung im Dienste erstreckt werden (Berscheid, WPrax Heft 17/1994, 5 ff.) und wird somit zum "qualifizierten Zeugnis".

 

Rz. 252

Der Anspruch auf Erteilung eines Schlusszeugnisses (bzw. schlicht als "Zeugnis" genannt und als solches bezeichnet) kann nicht erst "nach" Beendigung oder gar Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis, sondern schon "bei der Beendigung" des Arbeitsverhältnisses (§ 109 Abs. 1 S. 1 GewO), also "im Zuge" seiner Auflösung geltend gemacht werden. Der Arbeitgeber ist verpflichtet, während der Kündigungsfrist dem Arbeitnehmer auf Wunsch ein Zwischenzeugnis zu erteilen, jedoch kann der Arbeitnehmer wahlweise statt eines Zwischenzeugnisses schon das Schlusszeugnis verlangen, denn der Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses steht bereits fest. Der Arbeitnehmer kann das Schlusszeugnis daher "aus Anlass" der Beendigung seines Arbeitsverhältnisses fordern (BAG v. 23.2.1983, AP Nr. 10 zu § 70 BAT = EzA § 70 BAT Nr. 15).

 

Rz. 253

Ein fristgerecht entlassener Arbeitnehmer hat spätestens mit der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses Anspruch auf ein Schlusszeugnis, selbst wenn wegen eines schwebenden Kündigungsschutzprozesses der Zeitpunkt der rechtlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch offen ist (LAG Nürnberg v. 26.9.1985, ARST 1986, 187; BAG v. 27.2.1987, AP Nr. 16 zu § 630 BGB m. Anm. van Venrooy = EzA § 630 BGB Nr. 11), denn er ist gehalten, sich um eine neue Beschäftigung zu bemühen. Diesen Zweck kann nach tatsächlicher Beendigung des Arbeitsverhältnisses nur ein Zeugnis erfüllen, das sich ausführlich über Führung und Leistung äußert. Ein "Zwischenzeugnis" erschwert dem Bewerber nach Ablauf der Kündigungsfrist die Suche nach einer neuen Tätigkeit. Kann er nämlich nach längerem tatsächlichen Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis nur ein Zwischenzeugnis vorlegen, muss ein künftiger Arbeitgeber daraus zwangsläufig schließen, dass noch Auseinandersetzungen wegen des alten Arbeitsverhältnisses bestehen. Verlangt ein gekündigter Arbeitnehmer ein (Schluss-) Zeugnis, so darf dieses nicht als "vorläufiges" bezeichnet werden, da auch dies den Rückschluss zulässt, zwischen den Parteien schwebe noch ein Kündigungsschutzprozess (Berscheid, WPrax Heft 18/1994, 6, 8).

 

Rz. 254

Gewinnt der Arbeitnehmer den Kündigungsschutzprozess und wird er vom Arbeitgeber weiterbeschäftigt, braucht er das erteilte Zeugnis nicht zurückzugeben. Die Gründe seiner Erteilung, nämlich Beendigung des Arbeitsverhältnisses und Bewerbung um einen anderen Arbeitsplatz, sind zwar weggefallen, aber es sind keine Interessen des Arbeitgebers an der Rückgabe ersichtlich, sodass das (Schluss-) Zeugnis als Zwischenzeugnis anzusehen ist.

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