Rz. 37

Ein ordnungsgemäßes qualifiziertes Arbeitszeugnis muss sich nach dem Gesetz über die folgenden vier Punkte verhalten, nämlich über

die Dauer des Arbeitsverhältnisses,
die Art des Arbeitsverhältnisses,
die Leistungen des Arbeitnehmers,
das Verhalten des Arbeitnehmers.
 

Rz. 38

Das qualifizierte Zeugnis enthält demnach stets die im einfachen Zeugnis enthaltenen Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung sowie zusätzlich die Bewertung der Leistungen und der Führung des Arbeitnehmers im Dienst (LAG Hamm v. 27.2.1997, NZA-RR 1998, 151), oder wie es nunmehr in der Legaldefinition des § 109 Abs. 1 S. 3 GewO heißt: "… sich die Angaben … auf Leistung und Verhalten im Arbeitsverhältnis erstrecken". Mit dem Wort "Führung", wie es vormals in § 630 S. 2 BGB a.F., § 113 Abs. 2 GewO a.F., § 73 S. 2 HGB a.F. hieß, war nicht etwa die sozialethische Führung des Arbeitnehmers zu verstehen, sondern dessen Sozialverhalten im Betrieb; dem trägt das neue Recht mit der Verwendung des Wortes "Verhalten" Rechnung (§ 109 Abs. 1 S. 3 GewO).

 

Rz. 39

Bei einem qualifizierten Zeugnis ist zunächst nach der Art der zu beurteilenden Personen zwischen Arbeits-, Dienst-, Ausbildungs- und Praktikantenzeugnis zu unterscheiden. In der Privatwirtschaft wird im Allgemeinen vom "Arbeitszeugnis" gesprochen, bei leitenden Angestellten und im öffentlichen Dienst dagegen vom "Dienstzeugnis". Auszubildende erhalten ein "Ausbildungszeugnis" und Praktikanten ein "Praktikantenzeugnis".

 

Rz. 40

Bei einem qualifizierten Zeugnis ist des Weiteren zwischen dem Zwischenzeugnis und dem Schlusszeugnis zu unterscheiden. Das Zwischenzeugnis ist eine Beurteilung des Arbeitnehmers bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis, das Schlusszeugnis eine solche im Fall des Ausscheidens aus dem Arbeitsverhältnis. Für beide Zeugnisse gelten hinsichtlich Form und Inhalt im Wesentlichen die gleichen Grundsätze (Berscheid, WPrax Heft 21/1994, 3). Ein qualifiziertes Zeugnis muss alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen angeben, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für Dritte von Interesse sind (BGH v. 22.9.1970, AP Nr. 16 zu § 826 BGB; LAG Hamm v. 16.3.1989, EzBAT § 61 BAT Nr. 13).

 

Rz. 41

Ein qualifiziertes Zeugnis muss als einheitliches Ganzes erteilt werden, es darf sich nicht bloß auf Leistung oder Verhalten beschränken (LAG Frankfurt am Main v. 23.1.1968, NJW 1968, 2028; LAG Köln v. 30.3.2001, BB 2001, 1959). Der Wunsch des Mitarbeiters, einen der beiden qualifizierenden Teile auszuklammern, rechtfertigt daher nicht, nur ein Teilzeugnis zu erstellen. Dies gilt sowohl bei einem Schlusszeugnis (LAG Hamm v. 1.12.1994, LAGE § 630 BGB Nr. 28 = EzBAT § 61 BAT Nr. 25) als auch bei einem Zwischenzeugnis (LAG Hamm v. 8.7.1993 – 4 Sa 171/93, n.v.). Es reicht nicht aus, dass sich aus der positiven Leistungsbeurteilung auf gewisse positive Rückschlüsse auf das Verhalten (= vormals die Führung) des Arbeitnehmers schließen lässt (LAG Düsseldorf v. 30.5.1990, LAGE § 630 BGB Nr. 10).

 

Rz. 42

Die Beurteilung von "Verhalten und Leistung" (§ 109 Abs. 1 S. 3 GewO), hat sich auf die gesamte Dauer des Beschäftigungsverhältnisses und alle ausgeübten Tätigkeiten zu erstrecken. Der Arbeitnehmer kann weder verlangen, dass einzelne Teilabschnitte ausgelassen werden, noch, dass einzelne Tätigkeiten nicht bewertet werden oder die Bewertung auf einen bestimmten Zeitraum eines langjährigen Arbeitsverhältnisses beschränkt wird (LAG Frankfurt am Main v. 14.9.1984, NZA 1985, 27). Auch darf der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer, der eine gemischte Tätigkeit ausgeübt hat, keine getrennten Zeugnisse für die verschiedenen Funktionen ausstellen (LAG Frankfurt am Main v. 23.1.1968, NJW 1968, 2028).

 

Rz. 43

Verwendete der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während eines langjährig bestandenen Arbeitsverhältnisses in sehr unterschiedlicher Art und Weise (z.B. zunächst als Kraftfahrzeugmeister und anschließend als Autoverkäufer), so hat das Zeugnis des Arbeitgebers auf beide Beschäftigungsarten einzugehen, und zwar auch dann, wenn bereits bei der Übernahme der letzten Tätigkeit ein Zeugnis über die frühere erteilt worden ist (LAG Baden-Württemberg v. 6.2.1968, BB 1968, 381 = ARST 1968, 125).

a) Schlusszeugnis

 

Rz. 44

Das Schlusszeugnis ist der Nachweis über den bisherigen beruflichen Werdegang, die Art der bislang ausgeübten Tätigkeiten, die Dauer vorangegangener Beschäftigungen sowie i.d.R. über Verhalten und Leistung während der Dienstzeit.

 

Rz. 45

Der Anspruch auf Erteilung eines Schlusszeugnisses (in § 109 GewO schlicht "Zeugnis" genannt und als solches bezeichnet) kann nicht erst nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, sondern schon bei oder im Zuge seiner Auflösung geltend gemacht werden. Ein Zeugnis vor allem von seinem (letzten) Arbeitgeber benötigt der Arbeitnehmer in erster Linie zur Stellensuche. Die Vorschriften des § 629 BGB über Arbeitsbefreiung zur Stellensuche und des § 109 GewO über die Pflicht zur Zeugniserteilung stehen in einem funktionalen Zusammenhang (BAG v. 27.2.1987, AP Nr. 16 zu § 630 BGB m. A...

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