Rz. 265
Zur Ausstellung eines einfachen oder qualifizierten Zeugnisses ist der Arbeitgeber verpflichtet. Die Formulierung des Zeugnisses ist jedoch seine Sache; die Wahl bestimmter Ausdrücke kann der Arbeitnehmer nicht vorschreiben. Jedoch dürfen sowohl bei der Aufgaben- und Tätigkeitsbeschreibung als auch bei der Leistungs- und Führungsbeurteilung weder Wortwahl noch Satzstellung noch Auslassungen dazu führen, dass bei Dritten – der Wahrheit nicht entsprechende – Vorstellungen erweckt werden (BAG v. 23.6.1960, AP Nr. 1 zu § 73 HGB m. Anm. A. Hueck). Gerade in gerichtlichen Vergleichen, die Kündigungsrechtsstreitigkeiten beenden, vereinbaren die Parteien häufig, dass der Arbeitnehmer für die Formulierung des Zeugnisses ein Vorschlagsrecht erhält und der Arbeitgeber von dem Vorschlag nur aus wichtigem Grund abweichen darf. In diesem Fall ist der Arbeitgeber an den Vorschlag gebunden und nur berechtigt abzuweichen, wenn der Vorschlag inhaltlich fehlerhafte Feststellungen enthält, z.B. Tätigkeiten beschreibt, die der Arbeitgeber nicht ausgeübt hat. Die Formulierungshoheit wird in diesem Fall auf den Arbeitnehmer übertragen Da häufig Streit besteht über die Benotung der Leistung des Arbeitnehmers, ist es sinnvoll, auch über diese Frage vorab Einigkeit zu erzielen. Weicht der Arbeitgeber von einem Entwurf durch eine Steigerung nach "oben" ab, ist der titulierte Zeugnisanspruch nicht erfüllt, wenn sich aus dem Gesamteindruck des Zeugnisses ergibt, dass die Bewertung durch ihren ironischen Charakter nicht ernstlich gemeint ist (vgl. LAG Hamm v. 14.11.2016 – 12 Ta 475/16).
Rz. 266
Die Klage kann auf Erteilung eines einfachen oder qualifizierten Zeugnisses gerichtet sein. Verlangt ein Arbeitnehmer im Klageweg vor dem ArbG (§ 2 Abs. 1 Nr. 3e ArbGG) ein Zeugnis, dann ist der Antrag, ihm ein einfaches oder qualifiziertes Zeugnis zu erteilen, hinreichend i.S.v. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO bestimmt.
Rz. 267
Weigert sich der Arbeitgeber, auf Anforderung ein einfaches Zeugnis zu erteilen, dann genügt folgender Klageantrag (Berscheid, WPrax Heft 18/1994, 6, 9):
Rz. 268
Muster 32.4: Klageantrag auf Erteilung eines einfachen Zeugnisses
Muster 32.4: Klageantrag auf Erteilung eines einfachen Zeugnisses
Der/die Beklagte wird verurteilt, dem/der Kläger/in ein schriftliches Zeugnis zu erteilen, das sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses erstreckt.
Rz. 269
Weigert sich der Arbeitgeber, auf Anforderung ein qualifiziertes Zwischen- oder Schlusszeugnis zu erteilen, dann genügt folgender Klageantrag:
Rz. 270
Muster 32.5: Klageantrag auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses
Muster 32.5: Klageantrag auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses
Der/die Beklagte wird verurteilt, dem/der Kläger/in ein schriftliches Zwischenzeugnis/Schlusszeugnis zu erteilen, das sich auch auf die Leistungen und das Verhalten erstreckt.
Rz. 271
Klagt der Arbeitnehmer erstmals auf Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses und formuliert er den gewünschten Text im Klageantrag vor, was rechtlich zulässig und bei einem bestimmten Zeugnisinhalt auch geboten ist (BAG v. 14.3.2000, AuR 2000, 360 = FA 2000, 286), hat es der Arbeitgeber in der Hand, die Grundsatzfrage, ob er überhaupt zur Erteilung eines Zeugnisses (noch) verpflichtet ist mit der Maßgabe klären zu lassen, dass er das zu erteilende Zeugnis dann frei formulieren kann; in einem solchen Fall würde unter Abweisung der Klage i.Ü. lediglich im Tenor der Gerichtsentscheidung bestimmt, dass der Arbeitgeber zur Erteilung eines Zeugnisses verurteilt wird, welches sich auf Art und Dauer des Arbeitsverhältnisses (einfaches Zeugnis) sowie Führung und Leistung des Arbeitnehmers (qualifiziertes Zeugnis) erstreckt. Der Arbeitgeber kann sich aber auch damit begnügen, darzulegen und ggf. unter Beweis zu stellen, inwieweit er den Vorstellungen des Arbeitnehmers nicht entsprechen kann; in einem solchen Fall ist dann der Streit der Parteien i.R.d. Klageantrages über die gesamte Inhaltsfrage des Zeugnisses zu klären und festzulegen, welches Zeugnis mit welchem Wortlaut vom Arbeitgeber zu erteilen ist (LAG Hamm v. 28.3.2000, BuW 2001, 220).
Rz. 272
Wenn der Arbeitgeber nicht selbst das Zeugnis formuliert, dann kann er sich gegen eine Verurteilung zu einer Zeugniserteilung mit bestimmten, ihm vorgegebenen Formulierungen nicht mit der Begründung wehren, "durch das erstinstanzliche Urteil wird der Beurteilungsspielraum … bei der Erteilung des Zeugnisses in unzulässiger Weise beeinträchtigt". Der Arbeitgeber muss dann von seinem Recht, das Zeugnis abzufassen, Gebrauch machen und es selbst formulieren. Tut er dies nicht, dann muss er nicht nur exakt beanstanden, welche Formulierung des vom Arbeitnehmer gewünschten Zeugnisses inhaltlich falsch ist, sondern auch im Einzelnen darlegen, warum dies der Fall sein soll (LAG Hamm v. 28.3.2000, BuW 2001, 220).
Rz. 273
Erteilt der Arbeitgeber auf Aufforderung, die jeder Zeugnisklage vorausgehen muss (ansonsten darf dem Arbeitnehmer keine PKH bewilligt werden: LAG Hamm v. 11.10.2017 – 9 Ta...