Rz. 51
Das Zwischenerzeugnis ist eine (Zwischen-) Beurteilung bei fortbestehendem Arbeitsverhältnis. Das Gesetz regelt nur den Anspruch auf Erteilung eines Schlusszeugnisses und erwähnt das Zwischenzeugnis nicht. Auch Tarifverträge regeln die Voraussetzungen für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses nicht einheitlich. So ist nach § 35 Abs. 2 TVöD (§ 61 Abs. 2 BAT) ein Angestellter im öffentlichen Dienst bzw. nach § 35 Abs. 2 TVöD sowie § 35 Abs. 2 TV-L jeder Beschäftigten des öffentlichen Dienstes berechtigt, aus triftigen Gründen auch während des Arbeitsverhältnisses ein Zeugnis zu verlangen (vgl. dazu BAG v. 21.1.1993, AP Nr. 1 zu § 61 BAT = EzA § 630 BGB Nr. 18). Nach § 17 Nr. 2 MTV-Metall NRW ist dem Arbeitnehmer bereits auf Wunsch ein Zwischenzeugnis auszustellen. Der Anspruch auf ein Zwischenzeugnis folgt aus der Fürsorgepflicht des Arbeitgebers und findet seine Grenze in der Treuepflicht des Arbeitnehmers.
Rz. 52
Die Voraussetzungen, unter denen ein Zwischenzeugnis verlangt werden kann, sind noch weitgehend ungeklärt. Nicht selten benötigt ein Arbeitnehmer ein Zeugnis, ohne dass an eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses gedacht ist. Manchmal will der Arbeitnehmer nur seinen Stellenwert im Unternehmen testen, meist aber benötigt er ein Zwischenzeugnis für eine Bewerbung. In jedem Fall bedarf es aber eines guten Grundes, vgl. ErfK/Müller-Glöge, 22. Aufl. 2022, § 109 GewO Rn 50. Bei einem Zwischenzeugnis ist stets der Zeugnisvergabegrund zu nennen, der an dieser Stelle die Funktion des Beendigungsgrundes übernimmt (LAG Hamm v. 8.7.1993 – 4 Sa 171/93, n.v.). Das Zwischenzeugnis hat eine gewisse Bindungswirkung für ein zeitnah ausgestelltes Schlusszeugnis (LAG Hamm v. 4.11.1999 – 4 Sa 960/97, n.v; BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 248/07). So ist der Arbeitgeber bspw. auch an die in dem Zwischenzeugnis enthaltene Bewertung von Verhalten und Leistung des Mitarbeiters gebunden, es sei denn, es sind inzwischen Tatsachen bekannt geworden, die eine Abänderung verlangen (LAG Schleswig-Holstein v. 23.10.2007, LAGE § 109 GewO 2003 Nr. 5).
Rz. 53
Auch der Betriebserwerber ist wegen seines Eintrittes in die Rechtsstellung des früheren Arbeitgebers an den Inhalt des von dem Betriebsveräußerers erteilten Zwischenzeugnisses gebunden, was die Tätigkeitsbeschreibung, die Leistungs- und die Verhaltensbeurteilung angeht. Denn ein Zwischenzeugnis dient wie ein Endzeugnis regelmäßig dazu, Dritte über die Tätigkeit des Arbeitnehmers zu unterrichten. Im Fall eines Betriebsüberganges ist dieser Zweck besonders augenfällig (BAG v. 16.10.2007 – 9 AZR 248/07). Um ihm gerecht zu werden, ist der Arbeitgeber für den Zeitraum, den das Zwischenzeugnis erfasst, i.d.R. insoweit auch für den Inhalt des Endzeugnisses gebunden. Er kann vom Zwischenzeugnis nur abweichen, wenn die späteren Leistungen und das spätere Verhalten des Arbeitnehmers dies rechtfertigen (vgl. BAG v. 1.10.1998, AP BAT § 61 Nr. 2 = EzA BGB § 630 Nr. 21; BAG v. 16.10.2007, NZA 2008, 298 = MDR 2008, 326).
Rz. 54
Im Fall eines Betriebsüberganges kann sich die Bindungswirkung des neuen Arbeitgebers an das Zwischenzeugnis des Betriebsveräußerers auch zulasten des Arbeitnehmers auswirken. Akzeptiert bspw. ein Arbeitnehmer nach einem Betriebsübergang in einem Zwischenzeugnis des Betriebsveräußerers die Formulierung "zu unserer vollen Zufriedenheit", mithin die Bescheinigung "befriedigender" Leistungen, dann kann er nicht ohne Weiteres 1 ½ Jahre nach dem Betriebsübergang bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Betriebserwerber ein Zeugnis mit der Leistungsbewertung "stets zu unserer vollen Zufriedenheit", also "gute" Leistungen, verlangen (LAG Bremen v. 9.11.2000 – 4 Sa 101/00, MDR 2001, 575 = NZA-RR 2001, 287). Eine erneute – bessere – Bewertung der Leistungen beim Betriebsveräußerer kann vom Betriebserwerber nicht verlangt werden. Eine bessere Endbenotung kann der Arbeitnehmer nur dann erreichen, wenn er im Einzelnen darlegen kann, in welchen Bereichen und auf welche Weise sich seine Leistungen ggü. den im Zwischenzeugnis bescheinigten verbessert haben (LAG Hessen v. 22.1.2007 – 19/5 Sa 384/06, n.v.).
Rz. 55
Muster 32.3: Zwischenzeugnis für einen Außendienstmitarbeiter
Muster 32.3: Zwischenzeugnis für einen Außendienstmitarbeiter
Zwischenzeugnis
Herr _________________________ trat am _________________________ in unser Unternehmen als Außendienstverkäufer ein. Er hatte die Aufgabe in einem fest umrissenen Verkaufsgebiet Kunden zu werben, Stammkunden zu pflegen und somit den Ausbau des Verkaufsgebietes erfolgreich voranzutreiben. Herr _________________________ hat diese Aufgabe zu unserer vollen Zufriedenheit erfüllt.
Am _________________________ wurde Herr _________________________ aufgrund des weiteren Ausbaus des Außendienstes zum Bezirksleiter ernannt. Hier hatte er die Aufgabe, ein Team von ca. vier Außendienstmitarbeitern zu führen, zu steuern, zu schulen und zu kontrollieren. Auf diese Aufgabe wurde er durch Aufbauseminare entsprechend vorbereitet.
Bedingt durch eine Organi...