Rz. 138

Ein weiteres Grundelement des qualifizierten Zeugnisses ist das Arbeitsvermögen; damit wird die Ausdauer beurteilt. Immer, wenn es darum geht, neue bzw. unbekannte Ziele zu verfolgen, dann ist eine Würdigung der Arbeits- und Einsatzbereitschaft, mithin des Wollens, und der Belastbarkeit, also der Ausdauer und Energie, die zur Verfügung stehen, um sich bei auftretenden Schwierigkeiten sowie ansteigendem Arbeitsanfall zu behaupten und durchzusetzen, gefragt.

 

Rz. 139

Die Ausdauer eines Arbeitnehmers spiegelt sich in seiner Beharrlichkeit und seiner Beständigkeit wider. Diese Elemente machen sich sehr oft bei schwierigen Aufgaben bemerkbar. Hier kommt es darauf an, mit welcher Intensität der Arbeitnehmer versucht, ein ihm vorgegebenes oder selbst gesetztes Ziel zu verfolgen. Letzteres hängt wiederum mit seiner Eigeninitiative zusammen. Rückschläge bei der Zielverfolgung und die Suche nach neuen Lösungsmöglichkeiten zeigen, wie viel Ausdauer ein Mensch haben kann. Die Frage der Ausdauer des Arbeitnehmers müsste daher weitaus häufiger in Zeugnissen beurteilt werden, als dies heute geschieht.

 

Rz. 140

Durchstehvermögen ist nicht mit Beständigkeit oder Beharrlichkeit gleichzusetzen. Durchstehvermögen bedeutet jene Energie, die der Arbeitnehmer bei der Zielverfolgung einsetzt, bis er erkennt, dass ein Erfolg immer unwahrscheinlicher wird. Bei der Beurteilung des Durchhaltevermögens kommt es darauf an, wie unnachgiebig der Arbeitnehmer ein Ziel verfolgt und ob sein Streben zum Erfolg führt. Das Gegenteil von (durchaus positiver) Beständigkeit oder Beharrlichkeit ist Dickköpfigkeit oder Starrsinn. Diese führen zu Misserfolgen, eben weil sich der Arbeitnehmer verrennt, weil er verbohrt auf ein nicht erreichbares Ziel weitersteuert und (immer wieder) in die Realität, auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt werden muss.

 

Rz. 141

Für die Frage, ob ein Arbeitnehmer Stresssituationen meistern kann, ist eine Aussage über seine Belastbarkeit notwendig. Für manche Berufe kommt es sehr stark auf die körperliche und geistige Belastbarkeit an. Hier soll festgestellt werden, wie stark eine Person über das übliche Maß hinaus den Belastungen durch den Beruf gewachsen war. Ein Arbeitnehmer, welcher die täglichen Stresssituationen zu meistern in der Lage ist, kann im Allgemeinen als ausgeglichen bezeichnet werden. Ausgeglichenheit ist die Voraussetzung für Durchhaltevermögen und Motivation bei neuen Aufgaben. Dagegen gehören Angaben über den Gesundheitszustand des Arbeitnehmers im Allgemeinen nicht in das Zeugnis.

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