Rz. 60

Die Regelung des § 16 BBiG gilt nicht nur für Auszubildende, sondern für alle Personen, die eingestellt werden, um berufliche Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen zu erwerben (§ 26 BBiG), mithin also auch für Volontäre und Praktikanten. Diese beiden Begriffe werden in der betrieblichen Praxis nicht immer klar voneinander getrennt, sodass es bei Zeugnisklagen vielfach zum Streit darüber kommt, ob ein Arbeitszeugnis oder ein Praktikanten- bzw. Volontärszeugnis zu erteilen ist.

 

Rz. 61

Angelehnt an die Legaldefinition des § 82a HGB ist ein Volontärvertrag ein Vertrag, mit dem sich eine Person dem Arbeitgeber als Auszubildender zur Leistung von Diensten und dieser sich zur Ausbildung der Person verpflichtet, ohne dass mit der Ausbildung eine vollständig abgeschlossene Fachausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf beabsichtigt ist. Der Volontär ist an einer praktischen Ausbildung auf einem oder mehreren bestimmten Gebieten interessiert, ohne dass diese Ausbildung für seinen späteren Hauptberuf zwingend vorgeschrieben ist (LAG Hamm v. 11.7.1996 – 4 Sa 1285/95, n.v.).

 

Rz. 62

Redaktionsvolontäre sind Personen ohne Journalistikstudium; sie müssen deshalb ein umfangreicheres Volontariat absolvieren, ehe sie sich als Redakteure bezeichnen dürfen. Die Redaktionsvolontäre werden während ihres Volontariates in "Theorie und Praxis" geschult, die Volontariats-Praktikanten hingegen nur in der "Praxis des Zeitungsbetriebes", da sie ihre theoretische Ausbildung im Rahmen ihres Hochschulstudiums erhalten. Hieraus folgt, dass die Studenten, die i.R.d. Studienganges Journalistik an einer Universität ihr "Volontariatspraktikum" bei einer Tageszeitung ableisten, nicht unter den persönlichen Geltungsbereich des Tarifvertrages über das Redaktionsvolontariat an Tageszeitungen v. 28.5.1990 fallen. Nach Abschluss des Volontärpraktikums bei einer Tageszeitung erhält der Volontärpraktikant vom Zeitungsverleger ein Zeugnis, das Angaben über Art, Dauer und Ziel der Ausbildung enthalten muss (LAG Hamm v. 11.7.1996 – 4 Sa 1285/95, n.v.).

 

Rz. 63

Das Praktikantenverhältnis ist eine Unterart des Volontärverhältnisses. Ein wesentlicher Unterschied besteht darin, dass der Praktikant, wenn er einen bestimmten Beruf ergreifen will, ein Praktikum ableisten muss, wie dies bspw. für Erzieher, Masseure, Krankengymnasten und Sozialarbeiter vorgeschrieben ist. Demnach ist ein Praktikantenvertrag ein Vertrag, mit dem sich eine Person dem Arbeitgeber als Auszubildender zur Leistung von Diensten und dieser sich zur Ausbildung der Person in praktischen Kenntnissen und Erfahrungen verpflichtet, die sie zum Erlernen ihres späteren Hauptberufes bei einem anderen Ausbildenden benötigt (LAG Hamm v. 11.7.1996 – 4 Sa 1285/95, n.v.).

 

Rz. 64

Es kann allerdings nicht gesagt werden, dass alle Praktikanten in einem ausbildungsähnlichen Rechtsverhältnis stehen. Praktika können allgemein je nach Ausbildungsordnung vor, während oder nach der theoretischen Ausbildung (Studium) liegen. Für jeden dieser Fälle ist die Frage nach der Rechtsstellung des Praktikanten gesondert zu beantworten. Für Rechtsstreitigkeiten aus einem Praktikum, das nach Abschluss des Fachhochschulstudiums der staatlichen Anerkennung als Sozialarbeiter vorauszugehen hat, sind die Gerichte für Arbeitssachen berufen, weil der Praktikant in dieser Phase kein Student mehr ist und sein Praktikum nicht mehr zum schulischen Bereich seiner Ausbildung gehört, sondern er zur Praktikumsstelle in einem privatrechtlichen Rechtsverhältnis steht, das tarifvertraglichen Regelungen unterstellt werden kann (LAG Hamm v. 19.5.1995, LAGE § 48 ArbGG 1979 Nr. 12). In diesen Fällen steht ihm nach Abschluss des Praktikums ein Zeugnis zu.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge