I. Aufgabenbereich
Rz. 8
Die Vollstreckungsgerichte sind kein eigenständiger Gerichtszweig. Vielmehr werden gem. § 764 Abs. 2 ZPO grundsätzlich die Amtsgerichte, in deren Bezirk die Zwangsvollstreckung stattfinden soll oder stattgefunden hat (Ausnahmen z.B. § 828 Abs. 2 ZPO, § 1 ZVG), als Vollstreckungsgerichte tätig. Funktionell werden die Geschäfte des Vollstreckungsgerichts heute gem. § 20 Nr. 17 RPflG weitgehend von Rechtspflegern wahrgenommen. Richter sind hier nur noch in bestimmten Fällen tätig, z.B. obliegt ihnen die Entscheidung über die Rechtsbehelfe der Vollstreckungserinnerung gem. § 766 ZPO sowie der befristeten Erinnerung gegen Entscheidungen des Rechtspflegers gem. § 11 Abs. 2 RPflG. Richter entscheiden auch immer dann, wenn in Grundrechte einer Person eingegriffen wird, so z.B. bei Erlass einer Durchsuchungsanordnung (Unversehrtheit der Wohnung) oder eines Haftbefehls (Freiheit). Das Vollstreckungsgericht ist insbesondere zuständig für den Erlass von Pfändungs- und Überweisungsbeschlüssen betreffend Forderungen und Rechte (§§ 828 ff. ZPO), für die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung von Grundstücken und grundstücksgleichen Rechten (insbesondere Erbbaurechte) gem. §§ 864, 866, 869 ZPO i.V.m. den Vorschriften des Zwangsversteigerungsgesetzes (ZVG) sowie für die Entscheidung über Vollstreckungsschutzanträge gem. §§ 765a und die Austauschpfändung (§ 811a ZPO).
II. Rechtsbehelfe gegen Maßnahmen des Vollstreckungsgerichts
Rz. 9
Sofern sich ein Beteiligter gegen eine Maßnahme des Vollstreckungsgerichts wehren möchte, bedarf es der in der Sache schwierigen Abgrenzung zwischen Vollstreckungsmaßnahmen und Entscheidungen des Vollstreckungsgerichts. Sofern der Schuldner vor dem gerichtlichen Vollstreckungsakt anzuhören ist und angehört wurde, handelt es sich im Zweifel um eine gerichtliche "Entscheidung", ansonsten um eine gerichtliche Vollstreckungsmaßnahme. Gegen Vollstreckungsmaßnahmen steht dem Betroffenen das Rechtsinstitut der Erinnerung gem. § 766 ZPO, gegen Entscheidungen des Richters gem. § 793 ZPO die sofortige Beschwerde, gegen Entscheidungen des Rechtspflegers die befristete Erinnerung gem. § 11 Abs. 1 RPflG zu.
Rz. 10
Die sofortige Beschwerde und die befristete Rechtspflegererinnerung sind innerhalb einer Notfrist von 2 Wochen ab Zustellung der anzufechtenden Entscheidung einzulegen, § 569 Abs. 1 S. 1 ZPO.
III. Zentrale Vollstreckungsgerichte
Rz. 11
Seit dem 1.1.2013 sind in jedem Bundesland Zentrale Vollstreckungsgerichten (ZenVG) eingerichtet. Sie haben zwei wesentliche Aufgaben: Die Verwaltung der Vermögensverzeichnisse (d.h. die im Rahmen der Vermögensauskunft ausgefüllten Formulare mit den Angaben des Schuldners) sowie die Führung des Schuldnerverzeichnisses.
Mehrere Verordnungen regeln Führung, Abruf etc. von Vermögensverzeichnissen oder Daten aus dem Schuldnerverzeichnis:
Rz. 12
Wie sich aus § 802f Abs. 6 ZPO ergibt, hinterlegt der Gerichtsvollzieher das Vermögensverzeichnis beim zentralen Vollstreckungsgericht nach § 802k Abs. 1 ZPO und leitet dem Gläubiger unverzüglich einen Ausdruck zu. Die Vermögensverzeichnisse sollen in Zukunft zentral verwaltet werden, vgl. dazu § 802k ZPO. Die Löschung des Vermögensverzeichnisses erfolgt nach Ablauf von zwei Jahren seit Abgabe der Auskunft oder bei Eingang eines neuen Vermögensverzeichnisses.
Rz. 13
Nochmaliger Hinweis: Die Aufnahme in das zentrale Vermögensverzeichnisregister führt noch nicht zu einer Aufnahme in das Schuldnerregister, das ebenfalls beim zentralen Vollstreckungsgericht geführt wird. Gerichtsvollzieher sollen beim zentralen Vollstreckungsgericht die dort verwalteten Vermögensverzeichnisse für Vollstreckungszwecke zur Einsichtnahme abrufen können und auch nach dort in elektronischer Form übermitteln. Dies gilt auch für die in § 802k Abs. 2 ZPO genannten anderen Vollstreckungsbehörden, wie z.B. Hauptzollämter etc.
Auch Vollstreckungsgerichte, Insolvenzgerichte, Registergerichte sowie Staatsanwaltschaften sollten berechtigt sein, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist, die Vermögensverzeichnisse abzurufen.
Rz. 14
Es soll insbesondere gem. § 802k Abs. 4 S. 3 ZPO sichergestellt werden,
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dass Vermögensverzeichnisse bei der Übermittlung an das zentrale Vollstreckungsgericht gegen unbefugte Kenntnisnahme geschützt sind (Vertraulichkeit); |
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unversehrt und vollständig wiedergegeben werden (Integrität); |
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jederzeit ihrem Ursprung nach zugeordnet werden können (Authentizität) und |
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nur vom registrierten Nutzer abgerufen werden können (Revisionsfähigkeit) und |
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jeder Abrufvorgang protokolliert wird (Transparenz). |
Rz. 15
Gläubiger können eine Abschrift des im Rahmen der Vermögensauskunft erstellten Vermögensverzeichnisses des Schuldners nur noch über den Gerichtsvollzieher erhalten. Es besteht keine Möglichkeit für Gläubiger, direkt beim Zentralen Vollstrec...