Rz. 6

Hat der Arbeitnehmer sich versicherungswidrig verhalten, ohne dafür einen wichtigen Grund zu haben, ruht der Anspruch für die Dauer einer Sperrzeit gemäß § 159 Abs. 1 S. 1 SGB III. Zweck der Sperrzeit ist es, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen vom Versicherten selbst zu vertretende Risikofälle zu schützen.[2] Sie soll die Gemeinschaft der Beitragszahler davor schützen, dass das Risiko der Arbeitslosigkeit manipuliert wird, indem sie dem Versicherten einen Teil der Aufwendungen aufbürdet, die er der Versichertengemeinschaft durch sein Verhalten zugefügt hat.[3]

 

Rz. 7

Wann versicherungswidriges Verhalten vorliegt, ist in § 159 Abs. 1 S. 2 SGB III geregelt. Die schon bisher bestehenden Tatbestände der Arbeitsaufgabe, der Arbeitsablehnung, der Ablehnung und des Abbruches einer beruflichen Eingliederungsmaßnahme werden seit dem 1.1.2005[4] durch die Sperrzeittatbestände der unzureichenden Eigenbemühungen und der Meldeversäumnis ergänzt. Seit dem 31.12.2005[5] ist der Sperrzeittatbestand der verspäteten Arbeitssuchendmeldung hinzugekommen.

[2] BSG v. 2.5.2012, NJOZ 2013, 756, 759; BSG v. 17.11.2005, AP Nr. 7 zu § 144 SGB III; ErfK/Rolfs, § 159 SGB III Rn 1.
[3] ErfK/Rolfs, § 159 SGB III Rn 1.
[4] Drittes Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt v. 23.12.2003 (BGBl I, 2848 – Hartz III).
[5] Fünftes Gesetz zur Änderung des Dritten Buches Sozialgesetzbuch v. 22.12.2005 (BGBl I, 3676).

1. Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe

 

Rz. 8

Eine Sperrzeit bei Arbeitsaufgabe (§ 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB III) erfolgt, wenn der Arbeitslose das Beschäftigungsverhältnis gelöst oder durch ein arbeitsvertragswidriges Verhalten Anlass für die Lösung des Beschäftigungsverhältnisses gegeben und dadurch vorsätzlich oder grob fahrlässig die Arbeitslosigkeit herbeigeführt hat.

 

Rz. 9

Die Vorschrift soll die Gemeinschaft der Beitragszahler vor willkürlich oder sogar schuldhaft herbeigeführter Arbeitslosigkeit schützen (vgl. auch Rdn 6).

a) Lösen des Beschäftigungsverhältnisses

 

Rz. 10

Lösen i.S.d. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III bedeutet rechtlich Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, wobei hierfür grundsätzlich ein aktives Mitwirken des Arbeitnehmers erforderlich ist.[6] Neben der Eigenkündigung, der berechtigten verhaltensbedingten Kündigung durch den Arbeitgeber und dem Aufhebungsvertrag kommt auch die Beteiligung des Arbeitnehmers durch vorausgegangene Absprachen (z.B. vom Arbeitnehmer erbetene Kündigung) oder nachträgliche Einigung (Abwicklungsvertrag) in Betracht.[7]

 

Rz. 11

Ein Lösen liegt bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers vor.[8] Ebenso ist ein sonstiges Verhalten des Arbeitnehmers zu bewerten, das zumindest schlüssig zu erkennen gibt, dass der Arbeitnehmer das Beschäftigungsverhältnis nicht fortsetzen will. Dies kann etwa der Fall sein, wenn er nach einer Auseinandersetzung mit dem Arbeitgeber nicht mehr am Arbeitsplatz erscheint. Die Nichteinhaltung der Form nach § 623 BGB ist für das Lösen ohne Bedeutung.[9]

 

Rz. 12

Ein Lösen liegt auch im Fall eines Aufhebungsvertrages vor, wobei unerheblich ist, auf wessen Initiative der Aufhebungsvertrag geschlossen worden ist.[10] Hat der Arbeitgeber die Beendigung vorgeschlagen oder gar darauf gedrängt, kann sich der Arbeitnehmer aber je nach den Umständen auf einen wichtigen Grund (vgl. Rdn 25 ff.) berufen. Unerheblich ist auch, ob das Arbeits-/Beschäftigungsverhältnis auch durch rechtmäßige Kündigung hätte beendet werden können.[11]

 

Rz. 13

Die Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung stellt grundsätzlich keinen Lösenstatbestand dar, da die Sperrzeit wegen Arbeitsaufgabe stets aktives Verhalten, nicht bloße Hinnahme einer rechtswidrigen Kündigung voraussetzt.[12] Dieser Grundsatz galt schon bisher aber dann nicht, wenn der Arbeitnehmer wegen einer vom Arbeitgeber in Aussicht gestellten finanziellen Vergünstigung bereits vor Ausspruch der Kündigung in den später zu schließenden Abwicklungsvertrag einwilligt.[13] In diesem Fall stellt der Abschluss des Abwicklungsvertrages ein Lösen i.S.v. § 159 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Alt. 1 SGB III dar, weil es sich in einem solchen Fall in Wirklichkeit um einen Aufhebungsvertrag handelt.[14]

 

Rz. 14

Der Abschluss eines Abwicklungsvertrages ist grundsätzlich nicht zur Vermeidung einer Sperrzeit geeignet.[15] Mit seiner Entscheidung vom 18.12.2003 hat das BSG[16] ausdrücklich klargestellt, dass der Arbeitnehmer auch im Falle eines Abwicklungsvertrages durch den Verzicht auf die Geltendmachung der Kündigungsschutzklage aktiv an der Herbeiführung seiner Beschäftigungslosigkeit mitwirkt, so dass ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses gegeben ist. Hierbei ist unerheblich, ob die Mitwirkung des Arbeitnehmers durch eine der Kündigung vorausgegangene Absprache oder erst nach Zugang der Kündigung innerhalb der Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG erfolgt.[17] Sofern innerhalb der Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage ein Abwicklungsvertrag geschlossen wird, liegt hierin zwar nach der Rechtsprechung und den Fachlichen Weisungen der BA ein Lösen des Beschäftigungsverhältnisses vor (Gleichbehandlung mit Aufhebungsvertr...

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