Rz. 116
Bei etwaigen Ansprüchen im Zusammenhang mit Steuern ist zwischen der Steuerfreistellung und Steuergarantien zu unterscheiden, wobei zusätzliche Steuergarantien sich für den Käufer empfehlen, aber (anders als eine Steuerfreistellung) nicht zusätzlich in jedem SPA zu finden sind.
Rz. 117
Durch die Steuerfreistellung wird die Steuerlast des Zielunternehmens zeitraumbezogen abgegrenzt: Der Verkäufer trägt die Steuerlast für den Zeitraum bis zum relevanten Stichtag (regelmäßig bis zum Closing), der Käufer für den Zeitraum danach. Die Freistellungsverpflichtung betrifft alle Arten von Steuern (auch ausländische Steuern); aus Käufersicht sollten auch Sozialversicherungsabgaben und mögliche Straf- und Verspätungszuschläge und Zinsen sowie u.U. auch die Rückzahlung von Subventionen umfasst sein, die den Zeitraum vor dem Stichtag betreffen.
Rz. 118
Für den Verkäufer ist es wichtig bei der Gestaltung des Kaufvertrages sicherzustellen, dass Steuerverbindlichkeiten und -rückstellungen, die bereits bei der Ermittlung des Kaufpreises als Abzugsposten berücksichtigt wurden, von der Freistellungsverpflichtung ausgenommen werden ("no double dip"). Daneben sind aus Verkäufersicht noch weitere Ausschlussgründe regelmäßig sinnvoll, die im konkreten Einzelfall zu verhandeln sind (wie z.B. das Gegenrechnen von Steuervorteilen bei Phasenverschiebung, vorrangige Geltendmachung des Anspruchs gegenüber Dritten). Aus Sicht des Verkäufers unabdingbar im Hinblick auf künftige Verfahren mit der Finanzverwaltung und eventuell den Finanzgerichten, die einen Freistellungsanspruch begründen können, sind bestimmte Mitwirkungsrechte und -pflichten – es sollte vereinbart werden; dass ein Verstoß gegen diese Rechte durch den Käufer Freistellungsansprüche ausschließt, jedenfalls sofern und soweit dieser Verstoß den Anspruch gegen den Verkäufer begründet oder vertieft hat.
Rz. 119
Korrespondierend zur Steuerfreistellung wird häufig auch vereinbart, dass der Käufer Steuererstattungen, die sich auf den Zeitraum vor dem Stichtag beziehen, an den Verkäufer auszukehren hat. Steuerfreistellungen nehmen teilweise auch bei kleineren Transaktionen bis zu zehn Seiten ein. Auch wenn sich viele wortreiche Regelungen hierbei auf die Verhaltenspflichten im Falle von Steuerverfahren beziehen, kann hier keine annähernd abschließende Darstellung erfolgen.
Rz. 120
Von der Steuerfreistellung abzugrenzen ist die Steuergarantie, die eine andere Zielsetzung als die Steuerfreistellung hat.
In der Steuergarantie wird in der Regel (Katalog nicht abschließend) bestätigt, dass z.B.
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alle Steuererklärungen ordnungsgemäß erstellt und abgegeben und alle sonstigen Verpflichtungen gegenüber Steuerbehörden eingehalten worden sind |
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Organschaften ordnungsgemäß bestanden und durchgeführt worden sind |
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keine verbindlichen Auskünfte zu bestimmten Themenbereichen erteilt wurden und |
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keine verdeckten Gewinnausschüttungen oder verdeckten Sacheinlagen erfolgt sind (insbesondere Vorschriften über Verrechnungspreise eingehalten wurden). |
Rz. 121
Mehrsteuern aufgrund eines Verstoßes werden zwar in der Regel über die Freistellung abgedeckt sein; allerdings stehen dem Verkäufer im Falle der Garantieverletzung grundsätzlich keine Mitwirkungsrechte zu, so dass die Freistellung insoweit einen Mehrwert bietet.
Die Steuergarantie kann im Gegenzug anders als die Freistellung dafür sorgen, dass auch weitergehende Schäden zu ersetzen sind, wie beispielsweise notwendige Aufwendungen zur Behebung eines Mangels (z.B. Kosten der Erstellung einer ordnungsgemäßen Verrechnungspreisdokumentation).