I. Kaufpreis
Rz. 90
Einen ganz wesentlichen Punkt der Vertragsverhandlungen bildet regelmäßig die Vereinbarung des Kaufpreises. Seine Ermittlung stellt eines der größten tatsächlichen Probleme beim Unternehmenskauf dar. Denn dem Käufer geht es in der Regel nicht nur darum, einen möglichst niedrigen Kaufpreis zu vereinbaren, sondern auch darum, diesen nicht in voller Höhe unmittelbar zahlen zu müssen. Der Verkäufer hat demgegenüber grundsätzlich das Interesse, einen möglichst hohen Kaufpreis möglichst bald in voller Höhe gezahlt zu bekommen.
1. Kaufpreisbestimmung
Rz. 91
Theoretisch lässt sich der Kaufpreis ohne Weiteres ermitteln. Die Betriebswirtschaftslehre hat verschiedene Verfahren zur Unternehmensbewertung entwickelt, die – selbstverständlich mit gehörigem Aufwand – zu wissenschaftlich nachvollziehbaren, objektivierten Ergebnissen führen. Gerade bei kleineren und mittelständischen Unternehmen spielt diese Möglichkeit der Kaufpreisfindung für die Beteiligten aber zumeist nur eine sehr untergeordnete Rolle. Subjektive Elemente haben hier ein oftmals entscheidendes Gewicht. Zu denken ist hier u.a. an das Interesse des Verkäufers, sich aus dem Geschäftsleben zurückzuziehen und sich mit einem von ihm für angemessen gehaltenen finanziellen Polster zur Ruhe zu setzen. Im Übrigen stellt das zu verkaufende Unternehmen mitunter "sein Lebenswerk" dar, dessen Wert in Geld ohnehin nur schwer auszudrücken ist.
Am Ende ist der Kaufpreis – wie immer – das Ergebnis von Angebot und Nachfrage. Die Nachfrage und damit der Kaufpreis kann grundsätzlich nur im Bieterverfahren "optimiert" werden. Gleichwohl ist nicht ausgeschlossen, dass auch in exklusiven Verhandlungen ein optimaler Preis aufgrund des strategischen "Fits" für den Käufer erzielt werden kann. Auch unterliegen die Branchen stets einer Kaufpreis-/Bewertungsrotation, ähnlich den Bewertungen am Aktienmarkt. Daher ist die Bestimmung eines "fairen" und objektiven Unternehmenswertes eigentlich unmöglich. Zu den Möglichkeiten, etwaige Differenzen zu überbrücken, siehe unter Rdn 95.
Rz. 92
Aber auch auf Erwerberseite werden oftmals die Kosten der Durchführung eines den Regeln der Kunst entsprechenden Unternehmensbewertungsverfahrens gescheut. Dies ist umso nachvollziehbarer, als das Ergebnis für den Verhandlungspartner in keiner Weise verbindlich ist.
Rz. 93
Nichtsdestotrotz ist es für alle Beteiligten äußerst sinnvoll, der Frage der Unternehmensbewertung die ihr gebührende Beachtung zu schenken und sich auf der Grundlage einer betriebswirtschaftlich fundierten Bewertungsmethode ein Bild vom Wert des Unternehmens zu machen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Kaufpreis für die Transaktion fremdfinanziert werden muss. Denn ohne eine solide Unternehmensbewertung wird kaum eine Bank fähig oder bereit sein, eine Finanzierungszusage zu gewähren.
Rz. 94
Die Bewertung erfolgt grundsätzlich auf der Basis des sog. Ertragswertverfahrens oder der Discounted-Cash-Flow-Method. Die maßgeblichen Regelungen sind durch das Institut der Wirtschaftsprüfer (IDW) in einem entsprechenden Standard (IDW S 1) niedergelegt. Beide Verfahren fußen auf dem Ansatz, die zukünftig erwarteten Erträge bzw. frei verfügbaren Zahlungsströme mit einem angemessenen Zinssatz zu diskontieren. Bei beiden Verfahren wird – wenn auch in ganz unterschiedlicher Weise – zusätzlich der Stand der Liquidität bzw. der Verschuldung berücksichtigt. Die Ermittlung des Kaufpreises bzw. des Werts des Unternehmens ist aber extremen Zyklen unterworfen (Käufer/Verkäufermarkt), so dass sich der Verkäufer sehr gut überlegen sollte, wann er mit der Vermarktung beginnt.
2. Überbrückung von Kaufpreisdifferenzen
Rz. 95
Auch wenn Käufer und Verkäufer keine unmittelbare Einigung bei der Kaufpreisfindung erzielen, muss dies noch nicht zwingend das Ende der Verhandlungen bedeuten. Häufig sind die diesbezüglichen Meinungsverschiedenheiten auf die unterschiedliche Bewertung künftiger Szenarien zurückzuführen. Während der Verkäufer sein Unternehmen auch in Zukunft florieren sieht, wird dieser uneingeschränkte Optimismus, jedenfalls schon aus verhandlungstaktischen Gründen, beim Käufer nicht immer geteilt. Eine grundsätzliche Lösung kann es hier sein, den initialen Kaufpreis zunächst – aus Sicht des Verkäufers – etwas niedriger anzusetzen und den Verkäufer dafür an einem etwaigen zukünftigen Erfolg partizipieren zu lassen. Dieses erfolgt meistens durch einen Earn-Out, d.h. einer Erhöhung des Kaufpreises bei Erreichen gemeinsam definierter zukünftiger, regelmäßig wirtschaftlicher, Kennzahlen des Zielunternehmens. Hierbei muss die Vertragsgestaltung, insbesondere aus Sicht des Verkäufers, extrem sorgsam erfolgen. Häufig wird bei der Bemessung des wirtschaftlichen Erfolgs an das EBITDA (Earnings Before Interest, Taxes, Depreciation and Amortization, d.h. Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen) einer bestimmten (Earn-Out) Periode angeknüpft. Da der Verkäufer regelmäßig nicht mehr im Unternehmen ist, muss er sicherstellen, dass (i) außergewöhnliche Geschäftsvorfälle bei der Berechnung des EBITDA (nicht) berücksichtigt w...