Rz. 184

Besonderes Augenmerk ist im Rahmen des Unternehmenskaufvertrages auf die Ausgestaltung des Gewährleistungskataloges zu richten (siehe Rdn 114). Aus der Sicht des Erwerbers sollten sämtliche Sachverhalte Gegenstand von Garantien sein, auf deren Vorliegen es für die erfolgreiche Weiterführung des Unternehmens entscheidend ankommt. Im Falle des Share-Deals zählen hierzu vor allem der rechtliche Bestand der übertragungsgegenständlichen Anteile sowie das Recht des Veräußerers, über diese zu verfügen.

 

Rz. 185

Die Ausgestaltung des Garantiekatalogs ist allerdings sehr individuell und hängt im konkreten Einzelfall nicht nur von den Gegebenheiten des kaufgegenständlichen Unternehmens ab, sondern in hohem Maße auch vom Verhandlungsgeschick der beteiligten Vertragsparteien.

Neben dem Garantiekatalog als solchem sind selbstverständlich auch die mit Garantieverletzungen einhergehenden Rechtsfolgen möglichst ausführlich zu regeln (vgl. auch oben Rdn 126).

 

Rz. 186

In der Transaktionspraxis wird regelmäßig vereinbart, dass der Käufer nicht seinen gesamten Schaden geltend machen kann, sondern nur

wenn bestimmte Mindestgrenzen für einzelne Ansprüche überschritten werden (sog. "de-minimis") und
alle geltend gemachten Ansprüche einen festgesetzten Schwellenwert übersteigen (sog. "basket"), der aus Sicht des Käufers höchstens 1 % des Kaufpreises betragen sollte. Auch diese Grenzen schwanken jedoch je nach Marktgegebenheiten (Käufer/Verkäufermarkt).
 

Rz. 187

Aus Sicht des Verkäufers ist es natürlich wünschenswert, dass die beiden genannten Schwellenwerte möglichst hoch gewählt werden, um einer Haftung wenn möglich ganz zu entgehen. Das ist hier jedoch reine Verhandlungssache und hängt insofern von der jeweiligen wirtschaftlichen Verhandlungsposition der Parteien ab – Transaktionen die von beiden Seiten wirtschaftlich gewollt sind, sollten an diesen Punkten nicht scheitern (das wäre dann der Eitelkeit der beteiligten Anwälte geschuldet).

 

Rz. 188

Wird der basket erreicht, ist es Verhandlungssache, ob der Käufer entweder

den gesamten Schaden geltend machen kann (Freigrenze) oder nur
den Betrag, um den der verhandelte Schwellenwert (basket) überschritten worden ist (Freibetrag).

Nach oben hin sind die Ansprüche des Käufers auf einen bestimmten Höchstbetrag begrenzt (sog. "cap"), der üblicherweise 10–30 % des Kaufpreises beträgt, wobei hierbei je nach Art der Transaktion und Jurisdiktion auch teilweise deutlich höhere caps vereinbart werden. Aus Sicht des Käufers ist es sinnvoll sicherzustellen, dass der Verkäufer im Falle einer Garantieverletzung den Schadensersatzanspruch auch noch leisten kann. Dies wird häufig über eine teilweise Hinterlegung des Kaufpreises auf einem Treuhandkonto (Escrow-Account) oder durch eine Bankbürgschaft sichergestellt (siehe Rdn 99).

Von den jeweiligen Haftungsbegrenzungen werden Ansprüche wegen der Verletzung von Rechtsgarantien (Inhaberschaft und Lastenfreiheit der Anteile), Ansprüche aus der Steuerfreistellung, sonstigen Freistellungen (für im Rahmen der Due Diligence aufgedeckte konkrete Risiken, Rdn 192) und aus Verstößen gegen No-Leakage-Verpflichtungen bzw. Ordinary-Course (Verhaltenspflichten) bis zum Closing üblicherweise ausgenommen.

 

Rz. 189

Immer häufiger kommen, falls sich die Parteien nicht auf einen "cap" oder die Abgabe einzelner Garantien durch den Veräußerer einigen können, sogenannte R&W Versicherungen ("Representations and warranties insurance") zum Einsatz, mit deren Hilfe das Risiko im Schadensfall auf die Versicherung abgewälzt werden kann. Vor allem Private-Equity Investoren verschaffen sich mit diesen Versicherungen gerne einen Vorsprung im Rahmen von Bieterverfahren, da sie ihnen im gewissen Umfang ermöglichen, auf Garantien des Veräußerers zu verzichten. Dem Private-Equity-Veräußerer ermöglicht die Versicherung die Abwicklung der Erwerbsstruktur und eine (Voll-)Ausschüttung des Kaufpreises, da grundsätzlich keine Schadensersatzansprüche mehr drohen.

Da diese Versicherungen typischerweise nur bei sehr großvolumigen Transaktionen zum Einsatz kommen und sich auch ein Trend zur Käufer-Versicherung abzeichnet, ist eine vertiefte Kenntnis des veräußerungswilligen Familienunternehmers nicht unbedingt erforderlich. Da sich aber auch hier eine gewisse Standardisierung und Akzeptanz abzeichnet, sollte der Veräußerer die Idee nicht per se ablehnen, wenn sie vom potentiellen Erwerber an ihn herangetragen wird. Wesentlicher Nachteil sind, wie bei allen Versicherungen, selbstverständlich die Kosten, an denen, gegebenenfalls auch nur mittelbar, der Veräußerer beteiligt wird. Da der Familienunternehmer sein Unternehmen in der Regel gut kennen wird und Haftungsfälle abschätzen kann, könnte es daher lukrativer sein, eine bestimmte Garantie doch abzugeben und auf die Einschaltung einer Versicherung zu verzichten.

 

Rz. 190

Die gesetzliche Verjährung wird typischerweise ebenfalls abbedungen. In der Regel treffen sich die Parteien im Wege des Kompromisses bei einer Verjährungsfrist von 18 Monate...

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