Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 29
In der Praxis häufigster Anwendungsfall des Adhäsionsverfahrens ist die Zuerkennung von Schmerzensgeld. Die Verurteilung im Adhäsionsverfahren zur Zahlung von Schmerzensgeld erfordert die ausdrückliche Erörterung der wirtschaftlichen Verhältnisse von Schädiger und Geschädigtem nicht zwingend. Der Schädiger haftet nur für von ihm begangene oder ihm zuzurechnende Körperverletzungshandlungen; die durch den Exzess eines Mittäters entstandenen Folgen können nicht als Begründung herangezogen werden, einen Angeklagten als Gesamtschuldner in gleicher Höhe wie den exzessierenden Mittäter zu einer Schmerzensgeldzahlung zu verurteilen.
Rz. 30
Bei der Bemessung einer billigen Entschädigung in Geld ("Schmerzensgeld") nach § 253 Abs. 2 BGB können alle Umstände des Falles berücksichtigt werden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers und des Geschädigten können dabei nicht von vornherein ausgeschlossen werden. Ein Verbot, die wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten bei der Bemessung der billigen Entschädigung zu berücksichtigen besteht nicht. Vielmehr besteht in bestimmten Ausnahmefallgestaltungen das Gebot, im Urteil zwingend Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Schädigers oder des Geschädigten hinsichtlich der Bemessung der billigen Entschädigung zu treffen. Im Rahmen der Entschädigungsfestsetzung ist grundsätzlich ein mitwirkendes Verschulden des Geschädigten zu berücksichtigen.
Rz. 31
Eine Quotierung hat dabei grundsätzlich nicht zu erfolgen, weil der Aspekt eines etwaigen Mitverschuldens lediglich als ein Gesichtspunkt in die umfassende Billigkeitsabwägung einfließt. Eine Ausnahme wird jedoch dann zugelassen, wenn durch Grundurteil entschieden wird. Insbesondere bei der Entscheidung über einen unbezifferten Feststellungsantrag durch Grundurteil sollte die Festlegung des Mitverursachungsanteils nicht dem für das Betragsverfahren zuständigen Zivilgericht übertragen werden. Dies gilt namentlich für den Schmerzensgeldanspruch, der in seiner Höhe ganz wesentlich durch die Vorgeschichte der Verletzungshandlung und die Persönlichkeitsstruktur der an der Auseinandersetzung beteiligten Personen beeinflusst wird. Schon aus Gründen der Prozessökonomie wird deshalb die für das Grundurteil notwendige Aufklärung des Tathergangs auch zu einer Bewertung der Verantwortlichkeitsbereiche führen müssen. Die eingehende Untersuchung der Tat durch das Strafgericht selbst bietet dafür eine optimale Tatsachengrundlage. Eine Verteilung von Verschuldens- und Mitverschuldensanteilen kann deshalb am sinnvollsten hier wahrgenommen werden. Sie in das zivilgerichtliche Betragsverfahren zu verlagern, wäre in hohem Maße unpraktisch.
Rz. 32
Zur Rechtskraft des im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Urteils über einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag und zur Sperrwirkung im Blick auf ein vom Geschädigten angestrengtes weiteres zivilgerichtliches Verfahren vgl. die Anmerkungen bei Rdn 44.