Rz. 33

Die in einem Strafverfahren ergangene Adhäsionsentscheidung über den Antrag des Verletzten auf Ersatz des aus einer Straftat des Beschuldigten erwachsenen vermögensrechtlichen Anspruchs steht gem. § 406 Abs. 3 S. 1 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich.[40] Mit ihrer Unanfechtbarkeit, deren Eintritt sich nach den Regeln der StPO richtet, erwächst die Entscheidung folglich in Rechtkraft.[41] Nur soweit der Anspruch nicht zuerkannt ist, kann er nach § 406 Abs. 3 S. 3 StPO anderweit geltend gemacht werden. Über einen begründeten Adhäsionsantrag entscheidet das Strafgericht gem. § 406 Abs. 1 StPO nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung in dem Strafurteil, in dem der Angeklagte wegen einer Straftat schuldig gesprochen oder eine Sicherungsmaßregel gegen ihn angeordnet wird. Die Entscheidung über den Adhäsionsantrag ist zu begründen, wenn auch nicht nach den für ein Zivilurteil nach der ZPO maßgeblichen Vorschriften, so doch unter Angabe der zivilrechtlichen Anspruchsgrundlage. Durch Strafbefehl kann über den Antrag nicht entschieden werden.[42] Auf die im Adhäsionsverfahren nach Maßgabe von § 405 StPO gegebene Möglichkeit des Vergleichs sei hingewiesen.

 

Rz. 34

Im anderen Fall sieht das Gericht gem. § 406 Abs. 1 S. 3 StPO von einer Entscheidung ab, falls der Adhäsionsantrag unzulässig ist oder soweit er unbegründet erscheint. Insoweit unterliegt das Gericht nach Maßgabe von § 406 Abs. 5 StPO einer besonderen Hinweispflicht und der Pflicht zur Anhörung des Antragstellers. Wird etwa ein Angeklagter einer Straftat nicht schuldig gesprochen und auch keine Maßregel der Besserung und Sicherung gegen ihn angeordnet, wird er also beispielsweise nur wegen einer Verkehrsordnungswidrigkeit verurteilt, muss das Strafgericht von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag absehen. Auch wenn das Gericht den Anspruch ganz oder teilweise für unbegründet erachtet, spricht es keine Abweisung des Antrages aus, sondern sieht von der Entscheidung ab. Darin liegt keine Sachentscheidung über den zivilrechtlichen Anspruch. In diesem Fall kann der Geschädigte den nicht zuerkannten Anspruch, wie § 406 Abs. 3 S. 3 StPO klarstellt, vor dem Zivilgericht weiterverfolgen. In Rechtskraft erwächst nur das den Anspruch zuerkennende Urteil.[43]

 

Rz. 35

Die Entscheidung kann sich gem. § 406 Abs. 1 S. 2 StPO, auf den Grund oder einen Teil des geltend gemachten Anspruchs beschränken. In diesem Fall ist das Zivilgericht an die Entscheidung des Strafrichters in entsprechender Anwendung von § 318 ZPO gebunden. Das Grundurteil, dessen Ausspruch auch noch in der Revision zulässig ist, entfaltet daher gegenüber dem im Höheverfahren angerufenen Zivilgericht Bindungswirkung. Die Möglichkeit, durch Grundurteil zu entscheiden, besteht auch für Schmerzensgeldansprüche.[44]

 

Rz. 36

Der Umfang der Bindungswirkung eines Grundurteils richtet sich danach, worüber das Gericht wirklich entschieden hat. Dies ist durch Auslegung von Urteilsformel und Entscheidungsgründen zu ermitteln. Die Bindung, die ein Grundurteil nach § 318 ZPO entfaltet, ist – ebenso wie die Wirkung der materiellen Rechtskraft (§§ 322, 325 Abs. 1 ZPO) – grundsätzlich auf die an dem Verfahren beteiligten Parteien beschränkt.[45] Allerdings sind Feststellungen über die Höhe des Anspruchs im Grundurteil grundsätzlich unzulässig; sie vermögen das mit dem Betragsverfahren gemäß § 406 Abs. 3 S. 4 StPO befasste Zivilgericht nicht zu binden.[46]

 

Rz. 37

Bei teilweiser Ablehnung eines Adhäsionsanspruchs hat das Tatgericht im Urteilstenor nach § 406 Abs. 1 S. 3 StPO insoweit von einer Entscheidung abzusehen. Eine Zurückverweisung der Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung wegen ihres zivilrechtlichen Teils kommt nicht in Betracht; vielmehr ist nach § 406 Abs. 1 S. 3, Abs. 3 S. 3 StPO auch insoweit von einer Entscheidung abzusehen.[47] Hat ein Gericht dem Adhäsionsantrag auf Zahlung eines Schmerzensgeldes dem Grunde nach stattgegeben, so muss im Tenor des Grund- oder Teilurteil ausgesprochen werden, dass im Übrigen von einer Entscheidung über den Adhäsionsantrag abgesehen wird.[48]

[40] Vgl. BGH, Beschl. v. 21.8.2002 – 5 StR 291/02, BGHSt 47, 378; BGH, Urt. v.18.12.2012 – VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 = JZ 2013, 1166 = DAR 2013, 258 = NZV 2013, 231. Hierzu Foerster, JZ 2013, 1143 sowie Mergner, NZV 2013, 373.
[41] Grundlegend BGH, Urt. v. 18.12.2012 – VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 = DAR 2013, 258 = JZ 2013, 1166; dazu Foerster, JZ 2013, 1143; Höher/Mergner, NZV 2013, 373; BGH, Urt. v. 20.1.2015 – VI ZR 27/14, VersR 2015, 772 = MDR 2015, 1094 = NZV 2015, 228 = NJW 2015, 1252.
[42] Vgl. BGH, Urt. v. 25.11.1981 – VIII ZR 318/80, NJW 1982, 1047 = MDR 1982, 488; zum Meinungsstand vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl. 2019, § 406 Rn 1 m.w.N.
[43] BGH, Urt. v.18.12.2012 – VI ZR 55/12, NJW 2013, 1163 = JZ 2013, 1166 = DAR 2013, 258 = NZV 2013, 231. Hierzu Foerster, JZ 2013, 1143 sowie Mergner, NZV 2013, 373.
[44] Siehe oben Rdn 29.

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?