Dr. Wolfgang Kürschner, Prof. Dr. Günther Schneider
Rz. 42
Wie in Rdn 33 dargelegt, erwächst das den Anspruch zuerkennende Urteil in Rechtskraft. Das Gericht hat den von ihm anerkannten Anspruch in seinem Entscheidungssatz zu titulieren. Die Entscheidung über den Antrag steht nach näherer Maßgabe von § 406 Abs. 3 StPO einem im bürgerlichen Rechtsstreit ergangenen Urteil gleich; das Gericht erklärt die Entscheidung für vorläufig vollstreckbar; die §§ 708–712 ZPO sowie die §§ 714, 716 ZPO gelten entsprechend.
Zu den möglichen Rechtsmitteln § 406a StPO, zur Vollstreckung und zur Wiederaufnahme siehe §§ 406 b und c StPO.
Rz. 43
Ist der im Adhäsionsverfahren erhobene vermögensrechtliche Anspruch im Strafurteil zuerkannt, hindert dies die erneute Geltendmachung im Zivilprozess. Eine erneute zivilrechtliche Klage zwischen denselben Parteien und über denselben Streitgegenstand ist insoweit nach § 322 ZPO unzulässig.
Rz. 44
Dies gilt auch bei einem im Adhäsionsverfahren ergangenen rechtskräftigen Urteil über einen unbezifferten Schmerzensgeldantrag, mit dem das Gericht dem Geschädigten ein Schmerzensgeld zugesprochen und festgestellt hat, dass der Schädiger verpflichtet ist, den aus der Tat entstandenen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen. Die Geltendmachung eines weiteren Schmerzensgeldes im Zivilprozess in einer erneuten Klage zwischen denselben Parteien über denselben Streitgegenstand ist deshalb gem. § 322 ZPO unzulässig. Ist der Geschädigte lediglich der Auffassung, ihm habe das Strafgericht im Adhäsionsverfahren ein zu geringes Schmerzensgeld zuerkannt hat, kann er in einem von ihm angestrengten zivilrechtlichen Rechtsstreit kein Gehör finden. Das Zivilgericht ist aufgrund der Rechtskraft des im Adhäsionsverfahren ergangenen Urteils an einer erneuten Beurteilung derselben Frage gehindert. Eine andere Bewertung käme lediglich in denjenigen Fällen in Betracht, in denen der Geschädigte Verletzungsfolgen geltend macht, die zum Beurteilungszeitpunkt noch nicht eingetreten waren und deren Eintritt objektiv nicht vorhersehbar war, mit denen also nicht oder nicht ernstlich gerechnet werden musste und die deshalb zwangsläufig bei der Bemessung des Schmerzensgeldes unberücksichtigt bleiben müssen. Diese nicht vorhersehbaren Verletzungsfolgen werden von der vom Adhäsionsausspruch ausgehenden Rechtskraftwirkung nicht umfasst und können deshalb die Grundlage für einen Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld sein.
Rz. 45
Die Entscheidung über den Adhäsionsantrag muss alle für das Revisionsverfahren erforderlichen Tatsachenfeststellungen enthalten. Hat das Tatgericht dem Verletzten im Adhäsionsverfahren ein Schmerzensgeld zugesprochen, so kann das Revisionsgericht, wenn nur die Bemessung rechtsfehlerhaft war, die Entscheidung dem Grunde nach aufrechterhalten. Kann das Revisionsgericht über den strafrechtlichen Teil eines Urteils durch Beschluss nach § 349 Abs. 2 oder 4 StPO entscheiden, so kann es hierbei auch über das Rechtsmittel gegen die Zubilligung einer Entschädigung ohne Bindung an den Antrag des Generalbundesanwalts mitbefinden. Der Tatrichter ist auch nach Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an ihn durch das Verschlechterungsverbot des § 358 Abs. 2 StPO nicht gehindert, dem Verletzten im Wege des Adhäsionsverfahrens Schmerzensgeld dem Grunde nach zuzusprechen. Weil der Ersatzanspruch zivilrechtlicher Natur ist, handelt es sich dabei nicht um eine "Rechtsfolge der Tat" im Sinne des § 358 Abs. 2 StPO.
Rz. 46
Der Adhäsionsausspruch, dass sich das zuerkannte Schmerzensgeld aus einer vorsätzlichen unerlaubten Handlung ergebe, ist rechtsfehlerhaft, wenn der Verletzte (hier: Nebenkläger) diese Feststellung nicht beantragt hat; den hierin liegenden Verstoß gegen § 404 Abs. 1 StPO (Antragsgrundsatz) hat das Revisionsgericht von Amts wegen zu berücksichtigen. Richtet der Angeklagte seinen Revisionsantrag allerdings allein auf die Aufhebung des Strafausspruchs, hat er die Adhäsionsentscheidung nicht angefochten, führt die Beschränkung des Rechtsmittels dazu, dass die Adhäsionsentscheidung in Rechtskraft erwachsen ist.
Rz. 47
Die Entscheidung über die Bewilligung von Prozesskostenhilfe richtet sich gem. § 404 Abs. 5 StPO in Verbindung mit §§ 114 ff. ZPO nach den allgemeinen prozessualen Regelungen. Das Prozesskostenhilfeverfahren allein führt weder zur Rechtshängigkeit der Anträge noch macht es die Fristenregelung des § 404 Abs. 1 S. 1 StPO gegenstandslos. Wird ein Adhäsionsantrag unter der Bedingung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe gestellt, ist nach erfolgter Bewilligung daher noch eine Antragstellung nach § 404 Abs. 1 StPO erforderlich.