I. Zustellung als Vollstreckungsvoraussetzung
Rz. 43
Durch das gem. § 750 Abs. 1 ZPO bestehende Erfordernis der Zustellung des Vollstreckungstitels vor bzw. spätestens bei der ersten Vollstreckungsmaßnahme soll der Schuldner vor einer – Kosten auslösenden – Überrumpelung durch den Gläubiger bewahrt werden. Erfüllt der Schuldner aber nach erfolgter Zustellung die titulierte Verpflichtung immer noch nicht, muss er nunmehr jederzeit mit kostenpflichtigen Vollstreckungsmaßnahmen rechnen. Nur beim Vollzug von Entscheidungen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren, also beim Arrestvollzug gem. § 929 Abs. 3 S. 1 ZPO sowie bei der Vollstreckung von einstweiligen Verfügungen gem. §§ 936, 929 Abs. 3 S. 1 ZPO kann wegen der besonderen Eilbedürftigkeit die Zwangsvollstreckung bereits vor der Zustellung des Vollstreckungstitels erfolgen. Häufig ist sie in diesen Fällen überhaupt nur dann erfolgreich.
Rz. 44
Was unter dem Begriff "Zustellung" zu verstehen ist, definiert § 166 ZPO: "Zustellung ist die Bekanntgabe eines Schriftstücks an eine Person in der in diesem Titel bestimmten Form". Schriftstücke, deren Zustellung vorgeschrieben oder vom Gericht angeordnet ist, sind von Amts wegen zuzustellen, soweit nichts anderes bestimmt ist (§ 166 Abs. 2 ZPO).
II. Zustellungsorgan
Rz. 45
Die Zustellung von Vollstreckungstiteln erfolgt je nach Vollstreckungstitel unterschiedlich.
1. Zustellung von Urteilen
Rz. 46
Urteile werden den Parteien grundsätzlich gem. § 317 Abs. 1 ZPO von Amts wegen zugestellt. Die Geschäftsstelle führt die Zustellung nach §§ 173–175 ZPO aus. Sie kann einen beliehenen Unternehmer (z.B. Post) oder einen Justizbediensteten mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Den Auftrag an die Post erteilt die Geschäftsstelle auf dem dafür vorgesehenen Vordruck. Verspricht diese Art der Zustellung keinen Erfolg, kann der Vorsitzende des Prozessgerichts oder ein von ihm bestimmtes Mitglied einen Gerichtsvollzieher oder eine andere Behörde mit der Ausführung der Zustellung beauftragen. Die Zustellung von Amts wegen erfolgt entweder per Aushändigung an der Amtsstelle (§ 173 ZPO), oder gegen Empfangsbekenntnis (§ 174 ZPO; wobei das Schriftstück auch durch Telefax gem. § 174 Abs. 2 oder durch ein elektronisches Dokument gem. § 174 Abs. 3 u. 4 ZPO zugestellt werden kann) oder aber durch Einschreiben mit Rückschein (hier genügt der Rückschein als Nachweis für die Zustellung!; § 175 ZPO).
Rz. 47
Ist die Partei durch einen Anwalt vertreten, erfolgt die Zustellung gem. § 172 ZPO zwingend an den Prozessbevollmächtigten der Partei. § 172 ZPO sieht vor, dass dies auch in Zwangsvollstreckungsverfahren notwendig ist. Als Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung ist eine Zustellung des Urteils im Parteibetrieb ausreichend (§ 750 Abs. 1 S. 2 ZPO). Hält der Gläubiger daher das Urteil bereits in den Händen, wurde es aber dem Schuldner noch nicht zugestellt, ist für die Zwangsvollstreckung die Zustellung im Parteibetrieb ausreichend.
Rz. 48
Die Geschäftsstelle bescheinigt auf Antrag den Zeitpunkt der Zustellung, § 169 ZPO. Eine solche Zustellungsbescheinigung bei der Zustellung von Amts wegen ist notwendige Voraussetzung für die Zwangsvollstreckung, damit für das zuständige Vollstreckungsorgan auch erkennbar ist, dass die Zustellung erfolgt ist.
2. Zustellung von außergerichtlichen Titeln
a) Zustellung im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher
Rz. 49
Außergerichtliche Vollstreckungstitel, etwa vollstreckbare notarielle Urkunden, werden im Parteibetrieb durch den Gerichtsvollzieher auf formlosen Antrag des Gläubigers zugestellt, § 192 ZPO. Der Gerichtsvollzieher kann die Zustellung entweder in eigener Person vornehmen oder aber die Zustellung gem. § 193 Abs. 1 ZPO unter Einschaltung der Post vornehmen. Ein Antrag auf Zustellung unmittelbar durch den Gerichtsvollzieher ist immer dann sinnvoll, wenn gleichzeitig mit der Zustellung ein Pfändungsversuch erfolgen soll. Dem Gerichtsvollzieher ist zum Zwecke der Zustellung sowohl eine vollstreckbare Ausfertigung des Titels als auch eine Abschrift des Titels zu übergeben; soll mehreren Schuldnern zugestellt werden, muss dem Gerichtsvollzieher pro Schuldner eine Titelabschrift überlassen werden. Werden vom Gläubiger nicht genügend Abschriften beigefügt, kann der Gerichtsvollzieher diese selbst herstellen, § 192 Abs. 2 ZPO. Diese Regelung birgt für den Gläubiger ein nicht unerhebliches Kostenrisiko. Es ist deshalb anzuraten, die erforderlichen Abschriften auch beizufügen, da der Gerichtsvollzieher diese bei Selbstherstellung berechnet. Sofern es sich nicht bereits um beglaubigte Abschriften des Vollstreckungstitels handeln sollte, werden die Abschriften gem. § 192 Abs. 2 S. 2 ZPO vom Gerichtsvollzieher beglaubigt; erfolgt die Zustellung auf Betreiben eines Rechtsanwalts, beglaubigt dieser die Abschrift selbst.
Rz. 50
Der Gerichtsvollzieher beurkundet auf der Urschrift des zuzustellenden Schriftstücks oder auf einem entsprechenden Vordruck die erfolgte Zustellung und die Person, in deren Auftrag die Zustellung erfolgt ist. Bei Zustellung durch Aufgabe zur Post sind Datum und Anschrift, unter der die Aufgabe erfolgte, zu vermerken, § 193 Abs. 1 ZPO. Der Gerichtsvollzieher vermerkt zudem den Ta...