a) Testierfähigkeit
Rz. 33
Unter der Testierfähigkeit versteht man die Fähigkeit, letztwillige Verfügungen wirksam zu errichten, abzuändern oder aufzuheben. Die Testierfähigkeit unterliegt dem Errichtungsstatut gem. Art. 26 Abs. 1 lit. a EuErbVO mit der Folge, dass eine Rechtswahl beispielsweise die Testierfähigkeit herbeiführen kann.
b) Erbvertrag
Rz. 34
Erbverträge bzw. gemeinschaftliche Testamente sind im Internationalen Privatrecht nach wie vor nicht unproblematisch (siehe Rdn 2). Denn ob ein Erbvertrag gültig ist und welche Wirkungen er entfaltet, richtet sich nach dem hypothetischen Erbstatut zum Zeitpunkt der Errichtung. Der Erbvertrag kann aber nunmehr gem. Art. 25 Abs. 2 S. 2 EuErbVO ausdrücklich Bindungswirkung entfalten, sofern das hypothetische Erbstatut dies ausdrücklich gestattet. Bei mehrseitigen Erbverträgen sind sämtliche hypothetischen Erbstatute zu prüfen. Nur wenn der Erbvertrag nach allen in Frage kommenden Erbstatuten wirksam sein würde, ist er insgesamt wirksam. Bestehen diesbezüglich Probleme, so hilft Art. 25 Abs. 3 EuErbVO mit der Möglichkeit einer Rechtswahl. Die materiell-rechtlichen Folgen des Erbvertrages richten sich demgegenüber für jeden Erblasser nach dem effektiven Erbstatut zum Zeitpunkt seines Todes.
Rz. 35
Art. 24 EuErbVO schweigt bedauerlicherweise zur Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments, welches in vielen europäischen Rechtsordnungen unbekannt ist. Es wird zwar in Art. 3 Abs. 1 lit. c EuErbVO das gemeinschaftliche Testament als Form einer letztwilligen Verfügung von Todes wegen benannt, das von zwei oder mehr Personen in einer einzigen Urkunde errichtet werden kann. Jedoch dürfte nach wie vor die Bindungswirkung in den meisten Ländern in der Europäischen Union entfallen. In Italien ist gem. Art. 589 cc das gemeinschaftliche Testament verboten, sei es in der Form, dass ein Dritter begünstigt wird oder dass sich die Testatoren wechselseitig begünstigen.
Praxistipp
Sofern im Rahmen einer Nachfolgeplanung nicht sichergestellt werden kann, dass bei einem Erbvertrag alle hypothetischen Erbstatute zum gewünschten Ergebnis führen, sollte mit einer umfassenden Rechtswahl gearbeitet werden. Leben alle am Erbvertrag Beteiligten im gleichen Land zum Zeitpunkt der Errichtung, so ist der Erbvertrag problemlos möglich. Ist dies jedoch nicht der Fall, muss mit einer Rechtswahl gem. Art. 22 EuErbVO gearbeitet werden – sofern diese denn möglich ist – oder es sollte stattdessen über eine alternative Gestaltungsform nachgedacht werden. Auf die Errichtung eines wechselseitigen gemeinschaftlichen Testaments sollte im südeuropäischen Kontext nach wie vor ganz verzichtet werden.
c) Getrennte Anknüpfung Ehevertrag und Erbvertrag
Rz. 36
Eine einheitliche Anknüpfung des Ehe- und Erbvertrages ist nicht möglich; sowohl das auf den Ehevertrag als auch das auf den Erbvertrag anzuwendende Recht ist jeweils gesondert zu bestimmen. Der Ehevertrag unterliegt deshalb gem. Art. 1 Abs. 2 lit. d EuErbVO dem jeweiligen Güterrechtstatut, der Erbvertrag dem jeweiligen hypothetischen Erbstatut.
Diese unterschiedlichen Anknüpfungspunkte können bei einer gemeinschaftlichen Errichtung zu Anpassungsproblemen führen, siehe Rdn 50.
d) Erbverzicht
Rz. 37
Die Zulässigkeit und die Wirkungen eines Erbverzichts sind nach dem hypothetischen Erbstatut des Erblassers zur Zeit der Verzichtserklärung zu beurteilen. Während ein Erbverzicht nach deutschem Recht möglich ist, erkennen insbesondere die "romanischen" bzw. die ehemaligen sozialistischen Rechtsordnungen den Verzicht zu Lebzeiten des Erblassers nicht an. Ein Erbverzicht zu Lebzeiten, durch die ein anderer gegenüber dem Erblasser mit oder ohne Gegenleistung auf Rechte am künftigen Nachlass oder an verschiedenen künftigen Nachlässen einer oder mehrerer an dieser Vereinbarung beteiligter Personen entzieht, wird gem. Art. 3 Abs. 1 lit. b EuErbVO als Erbvertrag qua...