Rz. 108
Nach Einführung der EuErbVO wurde schnell der Ruf nach einer weiteren Harmonisierung auch im Bereich des Familienrechts laut. Der Rat verabschiedete am 26.6.2016 die Verordnung 2016/1103 "zur Durchführung einer verstärkten Zusammenarbeit im Bereich der Zuständigkeit, des anzuwendenden Rechts und der Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Fragen des ehelichen Güterstands" (EuGüRVO). Diese Verordnung tritt zum 29.1.2019 in Kraft.
Rz. 109
Gemäß Art. 1 EuGüRVO soll die Verordnung im Wesentlichen den ehelichen Güterstand zum Regelungsumfang haben. Nach Art. 3 Abs. 1a EuGüRVO fallen darunter "sämtliche vermögensrechtlichen Regelungen, die zwischen den Ehegatten und in ihren Beziehungen zu Dritten aufgrund der Ehe oder der Auflösung der Ehe gelten." Darüber hinaus jede Form von Vereinbarung über den ehelichen Güterstand zwischen Ehegatten oder künftigen Ehegatten, mit der sie ihren ehelichen Güterstand regeln. Davon mit umfasst ist die Möglichkeit einer Rechtswahl der Ehegatten gemäß Art. 22 EuGüRVO. Des Weiteren wird diese Verordnung auch Anwendung finden auf gerichtliche Entscheidungen den Güterstand betreffend. Die entsprechende Regelung findet sich in Art. 3 Abs. 1d EuGüRVO.
Rz. 110
Der Güterstand bestimmt sich ab dem 29.1.2019, sofern die Eheleute keine Vereinbarung i.S.v. Art. 22 f. EuGüRVO treffen, gemäß Art. 26 Abs. 1a EuGüRVO nach dem Recht des Staates, in welchem die Ehegatten ihren ersten gewöhnlichen Aufenthalt hatten. Fehlt dieser, so bestimmt sich der Güterstand gemäß Art. 26 Abs. 1b EuGüRVO nach der Staatsangehörigkeit der Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung. Sollte auch hierüber keine Bestimmbarkeit möglich sein, so bestimmt sich der Güterstand gemäß Art. 26 Abs. 1c EuGüRVO anhand des Rechts, welchem die Ehegatten zum Zeitpunkt der Eheschließung am engsten verbunden waren.
Rz. 111
Gemäß Art. 43 Abs. 1 EGBGB unterliegen Rechte an einer Sache dem Recht des Staates, in dem sich die Sache befindet. Dies bedeutet, dass der Übergang von Rechten an Sachen sich grundsätzlich nach dem Sachstatut des jeweiligen Landes (Belegenheitsrecht der Sache) vollzieht. Das Erbstatut kann also dingliche Rechte nur übertragen, soweit es das vorrangige Belegenheitsrecht der Sache erlaubt. Führt dies in der Praxis zu unvereinbaren Ergebnissen, so ist eine Anpassung erforderlich.
Rz. 112
Beispiele für das Erfordernis einer Umdeutung sind:
a) Vindikationslegat
Vindikationslegate finden sich beispielsweise häufig in Testamenten französischer Erblasser. Die dabei angeordneten Vermächtnisse wirken unmittelbar dinglich, was bedeutet, dass die Begründung des Anspruchs bereits zum Übergang des Eigentums führt. Dinglich wirkende Vermächtnisse können im Inland jedoch keine dingliche Wirkung entfalten. Sie haben daher im Inland – aufgrund von Anpassung – nur schuldrechtliche Wirkung. Der Problemkreis der Anpassung ist nach Inkrafttreten der EuErbVO erneut problematisiert worden.
Rz. 113
b) dingliche Teilungsanordnungen
Ebenso wie bei Vermächtnissen ist es in anderen Rechtsordnungen möglich, die Aufteilung des Vermögens (Teilungsanordnungen) mit unmittelbarer dinglicher Wirkung anzuordnen. Auch hier wandelt sich die Teilungsanordnung in einen schuldrechtlichen Anspruch. Die Bundesregierung geht auch nach Einführung der EuErbVO davon aus, dass sich das inländische Sachstatut gegen ein ausländisches Erbstatut durchsetzt.
Rz. 114
c) gesetzlicher Nießbrauch
Der gesetzlich angeordnete Nießbrauch findet sich oftmals noch als gesetzliches Erbrecht für Ehegatten, zum Beispiel in Frankreich, Spanien oder Belgien. Ein solches gesetzliches Nießbrauchsrecht war in der Vergangenheit mit inländischem Sachenrecht unvereinbar. Die Umdeutung erfolgte hier zugunsten eines schuldrechtlichen Anspruchs auf Bestellung eines Nießbrauchs. In dieser Frage ist jedoch ein Wandel zugunsten der Auffassung eingetreten, dass man bei diesen gesetzlichen Nießbräuchen von einer quotalen Beteiligung am Gesamtnachlass ausgeht. In der Sache handelt es sich um eine Frage der Universalsukzession, die dem Erbstatut als Vermögensstatut unterliegt.
Rz. 115
d) Trust
Der Trust ist eine Rechtsfigur aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis. Der Errichter des Trusts (trustor genannt) spaltet bei Gründung des Trusts sein Eigentum auf. Die Aufspaltung erfolgt in eine formelle und materielle Eigentümerstellung. Dabei erhält der Treuhänder (trustee genannt) das formelle Eigentum (legal title), wohingegen die Begünstigten (beneficarys genannt) das Recht auf Nutzung der Sache erhalten.
Die Wirksamkeit der Begründung eines Trust-Verhältnisses wird in Deutschland sachenrechtlich qualifiziert. Die Anordnung der Begründung eines Trusts ist an im Inland belegenen Sachen nicht möglich. Hier erfolgt die Umdeutung zugunsten der Anordnung einer Testamentsvollstreckung oder eines Treuhänders.
Die Errichtung, Funktionsweise und Auflösung eines Trusts sind vom gesamten Anwendungsbereich der EuErbVO ausgenommen. In der Praxis bedeute...