Rz. 17
Ein anerkannter Naturschutzverband, dem ein Mitwirkungsrecht nach § 63 BNatSchG eingeräumt ist, hat ein selbstständig durchsetzbares, subjektives öffentliches Recht auf Beteiligung am Verfahren. Ein insoweit befugter Verein hat damit nicht die Rechtsstellung eines Popularklägers, sondern eines in seinen Rechten Betroffenen gem. § 42 Abs. 2 VwGO. Er kann lediglich den Planfeststellungsbeschluss gemäß § 64 BNatSchG mit der Behauptung anfechten, sein Beteiligungsrecht sei verletzt worden. Anerkannte Naturschutzverbände werden wie betroffene Bürger durch ortsübliche Bekanntmachung der Auslegung des Plans informiert. Eine spezielle Information der Verbände erfolgt also nicht.
Im Falle von Planänderungen müssen die Naturschutzverbände nicht nur gehört werden, wenn dadurch weitergehende Eingriffe in Natur und Landschaft zugelassen werden sollten, sondern bereits dann, wenn die geänderte Planung zusätzliche naturschutzrechtliche Fragestellungen aufwirft, zu deren Beantwortung der sachverständige Rat der Naturschutzbehörde bzw. der Naturschutzvereine geboten ist, weil die ursprünglichen naturschutzrechtlichen und landschaftspflegerischen Erwägungen die geänderte Planung nicht mehr tragen.
Rz. 18
Durch § 64 BNatSchG n.F. ist auf Bundesebene die Verbandsklage eingeführt worden. Die Verbände helfen sich im Übrigen mit dem Erwerb von Sperrgrundstücken, die ihnen aus Eigentum ein umfassendes Klagerecht gewähren, was in jüngerer Zeit allerdings vom BVerwG als rechtsmissbräuchlich beurteilt wurde und der Zulässigkeit einer Klage dementsprechend entgegenstehen kann. Eine neue Klagemöglichkeit wurde durch das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz (§ 2 Abs. 1) eröffnet, welche Vorrang (lex specialis) vor der vorgenannten naturschutzrechtlichen Verbandsklage hat.
Rz. 19
Überschneidet sich der Anwendungsbereich der beiden Verbandsklagearten, so schließt § 1 Abs. 3 UmwRG die Anwendbarkeit des § 64 BNatSchG aus. Sachliche Konsequenzen folgen hieraus allerdings nicht, da die Breite der rügefähigen Rechtsverstöße durch das UmweltRGÄndG vom 21.1.2013 auf sämtliche umweltschützenden Rechtsvorschriften erweitert wurde und mit Erlass des Gesetzes zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29.5.2017 auch diese Einschränkung aufgehoben wurde. Demnach reicht nach derzeitiger Rechtslage zur Annahme eines rügefähigen Rechtsverstoßes ein Widerspruch gegen Rechtsvorschriften, die für die Entscheidung von Bedeutung sein können, aus (vgl. § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 UmwRG). Im Rahmen der Verbandsklage nach § 64 BNatSchG ist der gerichtliche Kontrollumfang auf Regelungen mit naturschutzrechtlichem Bezug beschränkt, eine umfassende Kontrolle des Planfeststellungsbeschlusses findet insoweit nicht statt.
Rz. 20
§ 64 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sieht vor, dass der Verein bei der Klageerhebung grundsätzlich auf das Vorbringen der Argumente beschränkt ist, die er bereits im Verwaltungsverfahren vorgebracht hat bzw. hätte vorbringen können. § 64 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG erfüllt nicht nur eine prozessrechtliche Funktion (Begründung und Begrenzung der Antrags- und Klagebefugnis), sondern bedeutet auch eine Beschränkung der auf einen zulässigen Antrag hin eröffneten Prüfungsgegenstände.
Der Einwendungsausschluss beruht im Bereich der naturschutzrechtlichen Verbandsklage auf dem Gedanken, dass den anerkannten Naturschutzvereinen im Anhörungsverfahren eine Mitwirkungslast auferlegt ist. Dieser wird dann nicht genügt, wenn ein Verein nicht zumindest Angaben darüber macht, welches Schutzgut des Naturschutzrechts durch ein Vorhaben betroffen wird und welche Beeinträchtigungen ihm drohen. Wenn durch die Planänderung nach § 73 Abs. 8 VwVfG die Belange des Naturschutzes stärker betroffen werden als durch die bisherige Planung, müssen auch die anerkannten Naturschutzverbände erneut beteiligt werden. Auch die die Präklusion betreffenden Vorschriften des BNatSchG wurden durch das Gesetz zur Anpassung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und anderer Vorschriften an europa- und völkerrechtliche Vorgaben vom 29.5.2017 geändert: Der Verweis in § 64 Abs. 2 BNatSchG wurde an den neuen Regelungsgehalt des § 2 Abs. 3 UmwRG angepasst und enthält durch den Wegfall der Präklusionsregelung des § 2 Abs. 3 UmwRG a.F. nun selbst keinen Verweis auf eine die Präklusion anordnende Vorschrift.