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Es liegt gerade der anwaltlichen Praxis nahe, die in der Planfeststellung einzuhaltenden Verfahrensvorschriften vor allem auch unter dem Aspekt des Verfahrensfehlers zu sehen und zu fragen, ob Verfahrensfehler Ansprüche auf Aufhebung oder Wiederholung des Verfahrens oder einzelner Verfahrensschritte begründen oder sogar zur Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses führen. Erfahrungsgemäß besteht bei Anhörungsbehörde und Vorhabenträger eine entsprechende Angst vor Verfahrensfehlern. In gewissem Gegensatz zur Hoffnung der einen und der Furcht der anderen vor Verfahrensmängeln im Planfeststellungsverfahren steht die Rechtsprechung zu den Wirkungen von Verfahrensmängeln. Danach ist im Verwaltungsprozess eine gegen eine verfahrens- oder formfehlerhafte Planfeststellung gerichtete Klage nur erfolgreich, wenn der angefochtene Beschluss über die objektive Rechtswidrigkeit hinaus den Kläger in seinen subjektiven Rechten verletzt. Demnach stellen Anhörungs- und Erörterungsfehler für einen Planfeststellungsbeschluss keinen Aufhebungsgrund dar, wenn diese Fehler durch eine umfassende und zutreffende Abwägung überholt worden sind, d.h. ein Anhörungs- oder Erörterungsfehler den Abwägungsvorgang und das Abwägungsergebnis nachweislich nicht beeinflusst hat. In diesen Fällen scheidet eine Verletzung subjektiver Rechte Drittanfechtender aus. Welche Folgen nicht auf diese Weise geheilte Verfahrens- und Formfehler haben, ergibt sich aus § 46 VwVfG. Danach ist eine Verletzung von Vorschriften über das Verfahren oder die Form dann unerheblich, wenn diese im konkreten Fall nicht kausal für die getroffene Entscheidung sind, mithin eine Kausalität des Verfahrensfehlers schon aus tatsächlichen Gründen nicht gegeben ist. Die Rechtsprechung geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass bei Ermittlung des ausschlaggebenden Kausalzusammenhangs weder auf eine bloß abstrakte Möglichkeit einer Kausalität abzustellen ist, noch etwa der kaum zu führende positive Beweis gefordert werden kann. Ausreichend sei die konkrete Möglichkeit eines Kausalzusammenhangs.
Das Gesagte gilt auch für Verfahrensmängel bei der Umweltverträglichkeitsuntersuchung, die unselbstständiger Teil des Planfeststellungsverfahrens ist (§ 4 UVPG).
Darüber hinaus sehen §§ 45, 46 VwVfG, die entsprechenden Regelungen in den Landesverwaltungsverfahrensgesetzen sowie die spezifisch fachplanungsrechtlichen Vorschriften (z.B. § 29 Abs. 8 PBefG, § 75 Abs. 1a VwVfG) Möglichkeiten zur Heilung von erheblichen Fehlern bzw. Unbeachtlichkeitsvorschriften vor.
Im Zuge der Corona-Pandemie hat der Bundesgesetzgeber in einem Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) eine Digitalisierung des Anhörungsverfahrens geregelt, um einen Stillstand von wichtigen Vorhaben und damit Schaden für Infrastruktur und Volkswirtschaft zu verhindern. Das PlanSiG ist zeitlich auf die Dauer der Corona-Pandemie begrenzt. Das Gesetz wird aber voraussichtlich auch im Bereich des Verwaltungsverfahrens der Digitalisierung Vorschub geben. Zu den Einzelregelungen wird auf das PlanSiG verwiesen.