Rz. 33
Die Rechtsfigur der Abschnittsbildung ist eine Ausprägung des allgemeinen Abwägungsgebots. Ihr liegt die Überlegung zugrunde, dass eine detaillierte Streckenplanung angesichts vielfältiger Schwierigkeiten nur in Teilabschnitten, insbesondere bei den linienförmigen Vorhaben, nicht verwirklicht werden kann. Nach der Rechtsprechung zum Fernstraßenrecht ist eine Abschnittsbildung jedoch fehlerhaft, wenn durch eine übermäßige Parzellierung eines einheitlichen Vorhabens eine planerische Gesamtabwägung in rechtlich kontrollierbarer Weise nicht mehr möglich ist.
Insbesondere dürfen Teilabschnitte nicht ohne Bezug auf die Konzeption der Gesamtplanung gebildet werden, d.h. die Detailplanung darf die der Gesamtplanung entgegenstehenden Belange nicht unbewältigt ausblenden. Sachfragen, die sachgerecht nur einheitlich gelöst werden können, dürfen verfahrensrechtlich nur einheitlich in Angriff genommen werden. Im Straßenrecht müssen die gebildeten Teilabschnitte eine selbstständige Verkehrsfunktion haben, um Gegenstand einer eigenständigen Planung zu sein. Dieses Erfordernis soll dem Entstehen von Planungstorsi entgegenwirken, die bei Abschnitten ohne allgemeine Verkehrswirksamkeit dann entstehen würden, wenn sich nach dem Bau mehrerer Abschnitte herausstellen sollte, dass sich das Gesamtplanungskonzept im Nachhinein als nicht realisierbar erweist.
Bei der Planung von Eisenbahnstrecken muss hingegen nicht jeder gebildete Teilabschnitt eine selbstständige Verkehrsfunktion haben. Dies beruht darauf, dass das Eisenbahnnetz viel weitmaschiger als das Straßenbahnnetz ist und das Festhalten an der selbstständigen Verkehrsfunktion eines jeden Abschnitts dazu führen würde, dass Neubauplanungen von bspw. mehr als 100 km an einem Stück erforderlich würden.
Eine Abschnittsbildung ist auch in der Weise möglich, dass zwei aneinander stoßende Abschnitte gleichzeitig in verschiedenen Verfahren geplant werden. Allerdings müssen dann in beiden Verfahren alle Probleme mitbedacht und verantwortlich gelöst werden, die durch das Vorhaben im jeweiligen Nachbarabschnitt entstehen. Dabei sind die Ergebnisse aufeinander abzustimmen. Wenn eine solche Vorgehensweise praktisch nicht möglich ist, weil die beiden Abschnitte zu eng miteinander verzahnt sind oder die auftretenden Probleme von der Sache her nur einheitlich gelöst werden können, so ist eine Abschnittsbildung insoweit untunlich und kann fehlerhaft sein.
Mit dem Argument fehlerhafter Abschnittsbildung und fehlerhafter Planung überhaupt kann ein Betroffener nicht nur den ihn direkt betreffenden Planfeststellungsbeschluss anfechten, sondern auch den vorangehenden Abschnitt mit der Begründung bekämpfen, die Abschnittsbildung sei fehlerhaft und die so geschaffenen Planungsbindungen (Zwangspunkte) müssten im weiteren Planungsverlauf zwangsläufig zu einer Verletzung seiner Rechte führen. Dies lässt sich etwa für den Fall denken, dass aufgrund technischer Zwangspunkte – z.B. technisch vorgegebene Kurvenradien – eine Inanspruchnahme eines Grundstücks im nächsten Planungsabschnitt unausweichlich ist. Ob diese Befugnis ausschließlich enteignend Betroffenen zusteht oder sich auch (lediglich) in ihrem immissionsschutzrechtlichen Abwehranspruch Betroffene darauf berufen können, hat das BVerwG, soweit ersichtlich, bisher nicht entschieden.