Rz. 64
Das Fachplanungsrecht gestattet die Enteignung Dritter, soweit sie zur Ausführung des festgestellten Plans erforderlich ist (z.B. § 22 Abs. 1 AEG; § 19 Abs. 1 FStrG; § 7 MBPlG). Dies gilt nicht nur für Grundstücke Dritter, die für den Bau der festgestellten Anlage erforderlich sind, sondern auch für Flächen, die für naturschutzrechtliche Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen benötigt werden. Enteignet werden kann auch das Eigentum an öffentlichen Sachen bzw. an öffentlichen Zwecken gewidmeten Grundstücken – wie etwa an Eisenbahnanlagen –, sofern dies zur Herstellung des planfestzustellenden Vorhabens erforderlich ist. Für den Fall der Begründung eines Leitungsrechts (Wasserleitung) an einer Bundesfernstraße hat das BVerwG entschieden, dass wegen § 8 Abs. 10 FStrG eine Enteignung nicht zulässig ist, soweit der mit ihr verfolgte Zweck durch die Begründung eines obligatorischen Nutzungsverhältnisses (Gestattungsvertrags) möglich ist.
Da dies erst Fragen sind, die sich im Enteignungsverfahren unter dem Gesichtspunkt des Vorliegens der allgemeinen Enteignungsvoraussetzungen stellen, steht einer Aufnahme von öffentlichen Zwecken gewidmeten Grundstücken ins Grunderwerbsverzeichnis der Planunterlage (siehe Rdn 9) nichts entgegen. Mit der Planfeststellung des Grunderwerbsverzeichnisses wird nämlich noch nicht abschließend über die Zulässigkeit der Enteignung entschieden. Nach Maßgabe des jeweiligen Fachplanungsrechts kommt dem Planfeststellungsbeschluss zwar enteignende Vorwirkung zu. Diese bedeutet, dass es neben der Planfeststellung einer weiteren Feststellung der Zulässigkeit der Enteignung nicht bedarf, der festgestellte Plan dem Enteignungsverfahren zugrunde zu legen und für die Enteignungsbehörde bindend ist (z.B. § 22 Abs. 2 AEG). Deshalb muss der Planfeststellungsbeschluss den Anforderungen genügen, wie sie Art. 14 Abs. 3 GG an Enteignungen stellt. Die enteignungsrechtliche Vorwirkung des Planfeststellungsbeschlusses bezieht sich dem Inhalt nach aber nur auf die Feststellung, dass die Inanspruchnahme der im Plan bezeichneten Grundstücke zur Verwirklichung des Plans notwendig ist, lässt jedoch die zusätzlich nach den Enteignungsgesetzen bestehenden Enteignungsvoraussetzungen – wie das Erfordernis eines ernsthaften Angebots zum freihändigen Erwerb oder zum Abschluss eines Gestattungsvertrags – unberührt. Ob diese gegeben sind, kann und muss im nachfolgenden Enteignungsverfahren geprüft werden.
Soweit durch das planfestgestellte Vorhaben Grundeigentum Dritter benötigt wird, kann sich der davon Betroffene auf die Einhaltung auch anderer als subjektiver Belange berufen. Dies beruht darauf, dass eine Enteignung insgesamt rechtmäßig sein muss (Art. 14 Abs. 3 GG). Ein enteignend Betroffener kann sich deshalb zum Beispiel auch auf die Verletzung von naturschutzrechtlichen Vorschriften oder sonstiger öffentlicher Belange berufen. Dies gilt allerdings nur, soweit die Verletzung des Belangs kausal für die Inanspruchnahme des Grundeigentums ist. Daran fehlt es, wenn das Grundstück auch bei Beachtung des als verletzt gerügten Belangs beansprucht würde. Dies wäre dann nicht der Fall, wenn z.B. auch bei Beachtung eines übersehenen Naturschutzgebietes das im weiteren Streckenverlauf liegende Grundstück des Betroffenen von der Strecke überquert würde.
Fragen des Grunderwerbs und der vom Vorhabenträger zu leistenden Entschädigung sind nicht Gegenstand des Planfeststellungsverfahrens.
1. Enteignung im Rahmen der Verhältnismäßigkeit
Rz. 65
Bei der Grundstücksinanspruchnahme ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten. Deshalb darf das Volleigentum nicht entzogen werden, wenn die Einräumung einer Dienstbarkeit zur Erreichung des Enteignungszwecks ausreicht. Das ist etwa bei einer nur unterirdischen Inanspruchnahme des Grundstücks oder i.d.R. bei der Festsetzung von naturschutzrechtlichen Ersatzmaßnahmen auf dem Grundstück der Fall. Die Feststellung der genauen Modalitäten der Dienstbarkeit braucht nicht im Planfeststellungsbeschluss, sondern kann – falls eine Einigung nicht zustande kommt – im Enteignungsverfahren erfolgen. Dasselbe gilt für die Festsetzung der Entschädigung.
2. Enteignung für gemeinnützige und privatnützige Planfeststellung
Rz. 66
Im Planfeststellungsrecht wurde und wird danach unterschieden, ob ein planfestzustellendes Vorhaben dem Nutzen Privater oder dem Wohl der Allgemeinheit dient. Es bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, die Planfeststellung auch für ausschließlich privatnützige Vorhaben gesetzlich vorzusehen. Soll allerdings auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses die Enteignung dafür benötigter Grundstücksflächen zulässig s...