1. Anfechtungsklage ohne Vorverfahren
Rz. 77
Der Planfeststellungsbeschluss ist als Verwaltungsakt mit der Anfechtungsklage angreifbar (§ 42 Abs. 1 VwGO). Die für Rechtsbehelfe gegen Verwaltungsakte geltende Grundregel, wonach die Rechtmäßigkeit eines Verwaltungsakts auf den Widerspruch Betroffener durch die Verwaltung in einem Vorverfahren zu prüfen ist (§ 68 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 VwGO), gilt für Planfeststellungsbeschlüsse nicht. Bundes- und Landesgesetzgeber haben durch § 74 Abs. 1 i.V.m. § 70 VwVfG von der Befugnis zum Ausschluss des Vorverfahrens (§ 68 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 VwGO) Gebrauch gemacht.
Somit ist gegen Planfeststellungsbeschlüsse unmittelbar Klage zu den Verwaltungsgerichten (§ 40 Abs. 1 VwGO) zulässig und zur Verhinderung der Bestandskraft des Planfeststellungsbeschlusses notwendig. Ein Widerspruch hingegen ist nicht zulässig.
2. Antrag auf Planergänzung
Rz. 78
Kommt eine Planaufhebung wegen der Möglichkeit der Fehlerbehebung durch Planergänzung nicht in Betracht (s.o.), ist vom Kläger ggf. hilfsweise ein Antrag auf Planergänzung zu stellen, andernfalls wird die Klage als unbegründet abgewiesen.
3. Erstinstanzliche Zuständigkeit
Rz. 79
Sachlich zuständig ist zwar grundsätzlich das Verwaltungsgericht (§ 45 VwGO).
Für die in § 48 Abs. 1 VwGO genannten Planfeststellungsverfahren ist jedoch das Oberverwaltungsgericht zur Entscheidung über Streitigkeiten die Planfeststellung betreffend zuständig. Hierzu sollen jedoch nicht Streitigkeiten über das Bestehen eines Anspruchs auf Anordnung nachträglicher Schutzvorkehrungen nach § 75 Abs. 2 S. 2 VwVfG gehören. Für die in § 50 Abs. 1 Nr. 6 VwGO genannten Planfeststellungsverfahren entscheidet das BVerwG erst- und letztinstanzlich.
Nach § 5 Abs. 1 des Verkehrswegeplanungsbeschleunigungsgesetzes vom 16.12.1991 ist das BVerwG im ersten und letzten Rechtszug zuständig über sämtliche die Planfeststellung und Plangenehmigung von Vorhaben nach § 1 dieses Gesetzes betreffende Streitigkeiten. Diese Zuständigkeit erfasst auch Streitigkeiten über Vorarbeiten (s.o.).
4. Örtliche Zuständigkeit
Rz. 80
Für die Bestimmung der örtlichen Zuständigkeit ist nach § 52 Nr. 1 VwGO das Gericht der Belegenheit der planfestgestellten Anlage zuständig.
5. Klagebefugnis
Rz. 81
Von der Planfeststellung betroffene Private und/oder Gemeinden können in dem Umfang gegen den Planfeststellungsbeschluss klagen, soweit sie die Verletzung eigener subjektiver Rechte geltend machen können. Gem. § 64 BNatSchG gibt es das früher nur in einigen Landesnaturschutzgesetzen für anerkannte Naturschutzverbände eröffnete Recht zur Verbandsklage auch nach Bundesrecht. Die Verbandsklage gem. § 64 BNatSchG ist dabei nicht nur gegen Planfeststellungsbeschlüsse von Bundesbehörden möglich, sondern aufgrund der unmittelbaren Geltung des § 64 BNatSchG auch gegen Planfeststellungsbeschlüsse von Landesbehörden, auch wenn das jeweilige Landesrecht selbst keine Verbandsklage vorsieht. Daneben tritt die Verbandsklage nach §§ 1 und 2 UmwRG.
6. Prozessuale Präklusion
Rz. 82
Nach mehreren der Verfahrensbeschleunigung dienenden neueren Bundesgesetzen (§ 5 Abs. 3 VerkwPlBeschlG) hat der Kläger im Klageverfahren innerhalb von sechs Wochen die Tatsachen anzugeben, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Diese Frist beginnt mit Erhebung der Klage. Die Frist besteht kraft Gesetzes und nicht kraft richterlicher Anordnung. Einer gesonderten Belehrung nach § 58 Abs. 1 VwGO bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für die Glaubhaftmachung von Eilanträgen nach § 80 Abs. 5 VwGO, die sogar innerhalb eines Monats nach Zustellung des Planfeststellungsbeschlusses (zu erheben und) zu begründen sind (vgl. z.B. § 18e Abs. 2 S. 2 AEG; § 17e Abs. 2 S. 2 FStrG).
Soweit keine speziellen Beschleunigungsvorschriften eingreifen, bleibt es bei den allgemeinen Regelungen der VwGO (§§ 74 Abs. 1 S. 2, 80, 82, 87b VwGO).
7. Vorläufiger Rechtsschutz
Rz. 83
Soweit der Anfechtungsklage gegen einen Planfeststellungsbeschluss kraft gesetzlicher Anordnung (z.B. § 18e Abs. 2 S. 1 AEG; § 17e Abs. 2 S. 1 FStrG) oder aufgrund behördlicher Anordnungen der sofortigen Vollziehung (§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) keine aufschiebende Wirkung zukommt, ist ein Antrag auf Herstellung bzw. Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage statthaft. Neben den allgemeinen Voraussetzungen, die für den Erfolg eines Eilantrags erforderlich sind, kann der Antrag nur begründet sein, wenn in der Hauptsache mit einer Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses und nicht lediglich mit einer Verurteilung zur Planergänzung zu rechnen ist. Planergänzungsansprüche, deren Verwirklichung die Konzeption des Vorhabens nicht berühren, können nicht Gegenstand des Eilverfahrens nach § 80 Abs. 5 VwGO sein.