a) Überblick
Rz. 12
Der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung bemisst sich nach § 25 RVG und im Falle einer Zahlungsvereinbarung nach § 31b RVG.
Rz. 13
Eine gerichtliche Wertfestsetzung nach § 63 GKG, § 55 FamGKG oder § 79 GNotKG kommt in Vollstreckungsverfahren nicht in Betracht, da sich die Gerichtsgebühren in Vollstreckungsverfahren nicht nach dem Gegenstandswert richten. Es sind vielmehr Festgebühren oder gar keine Gebühren vorgesehen. Gleichwohl werden in der Praxis regelmäßig "Streitwerte" festgesetzt. Solche Festsetzungen sind gegenstandslos und auf eine Beschwerde hin zur Vermeidung eines Rechtsscheins aufzuheben.
Rz. 14
Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt nur nach § 33 Abs. 1 RVG in Betracht. Auf Antrag eines Beteiligten, also des Gläubigers, des Schuldners, eines ihrer Bevollmächtigten oder im Falle der Prozesskostenhilfe auch der Landeskasse muss das Gericht im Falle einer gerichtlichen Vollstreckungsmaßnahme den Wert festsetzen. Soweit es nicht zu einem gerichtlichen Vollstreckungsverfahren gekommen ist (z.B. bei einer Vollstreckungsandrohung oder bei einer Mobiliarvollstreckung durch den Gerichtsvollzieher), wird die Frage des Gegenstandswertes entweder inzidenter im Vollstreckungsverfahren mitentschieden, wenn die notwendigen Kosten der Zwangsvollstreckung mit beigetrieben werden, oder im Festsetzungsverfahren nach § 788 ZPO. Eine gerichtliche Wertfestsetzung kommt also nur in Betracht bei Ordnungsgeld- oder Zwangsgeldverfahren, in Verfahren auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses und in gerichtlichen Vollstreckungsschutzverfahren.
Rz. 15
Soweit einer der Beteiligten durch die Festsetzung des Gegenstandswerts um mehr als 200,00 EUR beschwert ist oder das festsetzende Gericht die Beschwerde zugelassen hat, kann nach § 33 Abs. 3 RVG gegen die Wertfestsetzung Beschwerde eingelegt werden. Gegen Beschwerdeentscheidungen des LG kommt darüber hinaus noch die weitere Beschwerde zum OLG in Betracht, wenn sie zugelassen worden ist (§ 33 Abs. 6 RVG).
b) Geldforderungen
Rz. 16
Bei Geldforderungen ist der Wert der zu vollstreckenden Forderung einschließlich der Nebenforderungen maßgebend (§ 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Hierzu zählen insbesondere aufgelaufene Zinsen sowie die Kosten vorausgegangener Vollstreckungsversuche.
Beispiel 1: Gegenstandswert bei verzinslicher Forderung
Der Anwalt vollstreckt im Auftrag des Gläubigers aus einem Urteil über 3.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 6 % seit dem 1.1.2022. Der Vollstreckungsauftrag wird am 1.11.2022 vom Anwalt eingereicht.
Der Gegenstandswert in der Zwangsvollstreckung berechnet sich nach § 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG. Maßgebend ist der Zeitpunkt der Einreichung des Vollstreckungsantrags (analog § 40 GKG). Entgegen § 43 Abs. 1 GKG werden die bis zur Einreichung des Vollstreckungsantrags fälligen Zinsen hinzugerechnet. Es ergibt sich somit ein Gegenstandswert in Höhe von
1. |
Hauptforderung |
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3.000,00 EUR |
2. |
Zinsen vom 1.1. bis zum 1.11.2022 |
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180,00 EUR |
Gesamt |
3.180,00 EUR |
Rz. 17
Beispiel 2: Gegenstandswert nach vorausgegangener Vollstreckungsmaßnahme
Im Beispiel 1 fällt die Mobiliarvollstreckung fruchtlos aus. Am 1.12.2022 beantragt der Rechtsanwalt auftragsgemäß eine Gehaltspfändung.
Neben der Hauptforderung kommen die bis zur Einreichung des weiteren Vollstreckungsauftrags fälligen Zinsen hinzu sowie die Kosten des vorangegangenen Vollstreckungsauftrags (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 1. Hs. RVG). Der Gegenstandswert beläuft sich also auf
1. |
Hauptforderung |
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3.000,00 EUR |
2. |
Zinsen vom 1.1. bis zum 1.12.2022 |
|
165,00 EUR |
3. |
Kosten des vorherigen Vollstreckungsversuchs |
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a) |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
83,40 EUR |
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(Wert: 3.165,00 EUR) |
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b) |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
16,68 EUR |
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Zwischensumme |
100,08 EUR |
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c) |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
19,02 EUR |
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Gesamt |
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119,10 EUR |
Gesamt |
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3.284,10 EUR |
Rz. 18
Beschränkt sich der Vollstreckungsauftrag darauf, einen bestimmten Gegenstand zu verwerten, so ist lediglich dieser Wert maßgebend, sofern er geringer als die zu vollstreckende Geldforderung ist.
Beispiel 3: Zwangsvollstreckungsauftrag in geringwertigeren Gegenstand
Der Gläubiger erteilt dem Anwalt wegen einer Forderung in Höhe von 10.000,00 EUR den Auftrag zu einer Pfändung in einen Pkw im Wert von 2.500,00 EUR.
Maßgebend ist nicht der höhere Wert der titulierten Forderung, sondern der geringere Wert des Gegenstands, in den vollstreckt werden soll (§ 25 Abs. 1 Nr. 1, 2. Hs. RVG). Der Gegenstandswert beträgt daher nur 2.500,00 EUR.
Rz. 19
Gleiches gilt bei einer Forderungspfändung. Auch hier kommt es nicht auf den (höheren) Wert der zu vollstreckenden Forderung an, sondern auf den Wert der Forderung, in die vollstreckt werden soll. Existiert die gepfändete Forderung nicht oder ist sie wertlos, ist lediglich nach der untersten Gebührenstufe abzurechnen. Nach a.A. soll der Gegenstandswert einer Forderungspfändung unabhäng...