Rz. 140
Werden mehrere Vollstreckungen zeitgleich durchgeführt, gilt grundsätzlich jede Vollstreckung als eine eigene Angelegenheit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG). Hier kann sich allerdings die Frage stellen, ob das getrennte Vorgehen notwendig war und die dadurch entstandenen Mehrkosten erstattungsfähig sind.
aa) Mehrere Vollstreckungen aus verschiedenen Titeln in dasselbe Objekt
Rz. 141
Werden mehrere Vollstreckungen aus verschiedenen Titeln in dasselbe Vollstreckungsobjekt betrieben, kann das getrennte Vorgehen nicht notwendig und damit nicht erstattungsfähig sein.
Beispiel 91: Mehrere Forderungspfändungen wegen verschiedener Forderungen
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner eine Forderung über 2.000,00 EUR aus einem Teilurteil, weitere 4.000,00 EUR aus dem Schlussurteil sowie einen Kostenfestsetzungsbeschluss über 1.200,00 EUR erwirkt. Er beauftragt seinen Anwalt zeitgleich, wegen dieser Forderungen jeweils einen gesonderten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss auszubringen und das Gehalt des Schuldners zu pfänden.
Es liegen drei verschiedene Angelegenheiten vor. Die Gebühren entstehen jeweils gesondert aus den einzelnen Werten.
I. |
Pfändung Teilurteil |
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
49,80 EUR |
|
(Wert: 2.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
9,96 EUR |
|
Zwischensumme |
59,76 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
11,35 EUR |
Gesamt |
|
71,11 EUR |
II. |
Pfändung Schlussurteil |
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
83,40 EUR |
|
(Wert: 4.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
16,68 EUR |
|
Zwischensumme |
100,08 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
19,02 EUR |
Gesamt |
|
119,10 EUR |
III. |
Pfändung Kostenfestsetzungsbeschluss |
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
38,10 EUR |
|
(Wert: 1.200,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
7,62 EUR |
|
Zwischensumme |
45,72 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
8,69 EUR |
Gesamt |
|
54,41 EUR |
Im Gegensatz zu den sukzessiven zeitlich versetzten Vollstreckungen in Beispiel 79, also jeweils nach Erlass des jeweiligen Titels, hätte hier auch ein einziger Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wegen aller drei Forderungen beantragt werden können. Daher dürften die Mehrkosten der getrennten Vollstreckungen nicht erstattungsfähig sein. Es sind daher nur die Kosten aus dem Gesamtwert (§ 22 Abs. 1 RVG) erstattungspflichtig, die bei einer gemeinsamen Vollstreckung angefallen wären.
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
150,60 EUR |
|
(Wert: 7.200,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
20,00 EUR |
|
Zwischensumme |
170,60 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
32,41 EUR |
Gesamt |
|
203,01 EUR |
bb) Mehrere Vollstreckungen aus einem Titel in verschiedene Objekte
Rz. 142
Soll aus einem Titel in verschiedene Objekte vollstreckt werden, liegen wiederum verschiedene Angelegenheiten vor. Hier ist das getrennte Vorgehen grundsätzlich notwendig. So werden bei einer Forderungspfändung, jedenfalls dann, wenn vorläufige Zahlungsverbote oder Pfändungen gegen verschiedene Drittschuldner gerichtet sind, die an verschiedenen Orten ihren Sitz haben und somit auch verschiedene Gerichtsvollzieher beauftragen müssen, mehrere Vollstreckungsverfahren als notwendig und erstattungsfähig angesehen.
Beispiel 92: Mehrere Forderungspfändungen wegen derselben Forderung
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein Urteil über 2.000,00 EUR erwirkt und bringt drei Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse aus, eines gegenüber dem Arbeitgeber in A, eines gegenüber der Bank in B und eines gegenüber der Sparkasse in C.
Es liegen drei verschiedene Angelegenheiten vor. Die Gebühren entstehen jeweils gesondert. Die gesonderte Vergütung ist auch erstattungsfähig
I. |
Pfändung Arbeitgeber |
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
|
49,80 EUR |
|
(Wert: 2.000,00 EUR) |
|
|
2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
|
9,96 EUR |
|
Zwischensumme |
59,76 EUR |
|
3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
|
11,35 EUR |
Gesamt |
|
71,11 EUR |
II. |
Pfändung Bank |
|
Wie in I. |
III. |
Pfändung Sparkasse |
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Wie in I. |
Rz. 143
Gleiches gilt, wenn mehrere vorläufige Zahlungsverbote nach § 845 ZPO ausgebracht werden.
Beispiel 93: Mehrere Forderungspfändungen wegen derselben Forderung
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein Urteil über 2.000,00 EUR erwirkt und bringt drei vorläufige Zahlungsverbote aus, eines gegenüber dem Arbeitgeber in A, eines gegenüber der Bank in B und eines gegenüber der Sparkasse in C.
Abzurechnen ist wie im vorangegangenen Beispiel 92.