aa) Überblick
Rz. 154
Auch für Schuldnerschutzanträge gelten die Nrn. 3309 ff. VV.
Rz. 155
Grundsätzlich zählen Vollstreckungsschutzanträge mit zur Angelegenheit. Das folgt aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 RVG, wonach jede Vollstreckungsmaßnahme bis zur vollständigen Befriedigung des Gläubigers als eine Angelegenheit gilt. Das schließt grundsätzlich auch Vollstreckungsschutzanträge des Schuldners mit ein.
Rz. 156
Nur, soweit im Gesetz angeordnet ist, dass ein Vollstreckungsschutzantrag eine neue Angelegenheit auslöst, erhalten die Anwälte eine gesonderte Vergütung. Eine solche Regelung findet sich in § 18 Abs. 1 Nr. 6 RVG
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für Verfahren über Anträge nach |
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für jedes Verfahren über Anträge auf Änderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnungen |
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für Verfahren über Anträge nach
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§ 1084 Abs. 1 ZPO (Anträge auf Verweigerung, Aussetzung oder Beschränkung der Zwangsvollstreckung nach den Artikeln 21 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 805/2004), |
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§ 1096 ZPO (Anträge auf Verweigerung der Zwangsvollstreckung nach Art. 22 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006) oder |
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§ 1109 ZPO (Anträge nach den Artikeln 22 und 23 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007). |
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Rz. 157
Kein Vollstreckungsschutzverfahren ist das Verfahren auf Bewilligung und Verlängerung einer Räumungsfrist nach §§ 721a, 794a ZPO (siehe dazu § 25).
Rz. 158
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 25 Abs. 2 RVG. Der Wert ist nach dem Interesse des Antragstellers nach billigem Ermessen zu bestimmen (siehe dazu Rdn 44 ff.).
bb) Unselbstständige Vollstreckungsschutzverfahren
Rz. 159
Grundsätzlich zählen Vollstreckungsschutzanträge mit zur Angelegenheit und lösen neben den Gebühren für die zugrunde liegende Vollstreckungsmaßnahme keine gesonderte Vergütung aus. Das bedeutet:
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War der Anwalt bereits im Vollstreckungsverfahren tätig (i.d.R. der Gläubigeranwalt), ist seine weitere Tätigkeit durch die bereits verdienten Gebühren abgegolten; es entstehen keine weiteren Gebühren; es sei denn, bestimmte, noch nicht entstandene Gebühren (Terminsgebühr oder Einigungsgebühr) werden erstmals im Verfahren über den Vollstreckungsschutzantrag ausgelöst. |
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War der Anwalt noch nicht im Vollstreckungsverfahren tätig (i.d.R. beim Schuldneranwalt), löst die Tätigkeit im Verfahren über den Vollstreckungsschutzantrag erstmals die Gebühren nach den Nrn. 3309 ff. VV aus, wobei ein geringerer Wert gelten kann, da der Wert des Vollstreckungsschutzantrags i.d.R. nicht dem Wert der Vollstreckung entspricht. |
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Wird nach Abschluss des Verfahrens über den Vollstreckungsschutzantrag die Zwangsvollstreckung fortgesetzt,
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entsteht für den bereits zuvor in der Zwangsvollstreckung tätigen Anwalt keine weitere Vergütung. |
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entstehen für den bereits zuvor in der Zwangsvollstreckung noch nicht tätigen Anwalt zwar keine neuen Gebühren; jedoch kann sich für ihn der Wert jetzt erhöhen. |
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Beispiel 103: Antrag auf Vollstreckungsschutz, dieselbe Angelegenheit (Anwalt war bereits in der Vollstreckung beauftragt)
Der Gläubiger hat gegen den Schuldner ein Urteil über 50.000,00 EUR erstritten und lässt durch seinen Anwalt Mietforderungen des Schuldners (800,00 EUR Monatsmiete) pfänden. Der Schuldner beantragt daraufhin im Wege des Pfändungsschutzes nach § 851b ZPO die Aufhebung der Pfändung, in Höhe von 500,00 EUR monatlich, da diese Mieten insoweit zur laufenden Unterhaltung unentbehrlich sind, und dieser Betrag bei einer Zwangsvollstreckung in das Grundstück dem Anspruch des Gläubigers nach § 10 ZVG vorgehen würde.
Da der Anwalt des Gläubigers bereits in der Zwangsvollstreckung tätig war, erhält er für die Tätigkeit im Verfahren über den Vollstreckungsschutz keine weitere Vergütung. Diese Tätigkeit zählt für ihn vielmehr nach §§ 18 Abs. 1 Nr. 1, 19 Abs. 1 S. 1 RVG zur Vollstreckungsangelegenheit. Er erhält insgesamt nur:
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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383,70 EUR |
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(Wert: 50.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
403,70 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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76,70 EUR |
Gesamt |
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480,40 EUR |
Rz. 160
Beispiel 104: Antrag auf Vollstreckungsschutz, dieselbe Angelegenheit (Anwalt war noch nicht in der Vollstreckung beauftragt, Schuldneranwalt)
Wie vorangegangenes Beispiel 103. Der Schuldner hatte für den Antrag nach § 851b ZPO erstmals einen Anwalt beauftragt.
Für den Anwalt des Schuldners ist der Antrag auf Vollstreckungsschutz ebenfalls nach Nr. 3309 VV zu vergüten. Er löst für ihn die Vergütung erstmals aus.
Der Gegenstandswert richtet sich nach § 25 Abs. 2 RVG i.V.m. § 42 Abs. 1 GKG (§ 42 Abs. 2 GKG a.F.) analog und ist mit dem dreifachen Jahresbetrag des freizugebenden Betrages anzusetzen (hier als 36 x 500,00 EUR).
1. |
0,3-Verfahrensgebühr, Nr. 3309 VV |
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231,00 EUR |
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(Wert: 18.000,00 EUR) |
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2. |
Postentgeltpauschale, Nr. 7002 VV |
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20,00 EUR |
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Zwischensumme |
251,00 EUR |
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3. |
19 % Umsatzsteuer, Nr. 7008 VV |
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47,69 EUR |
Gesamt |
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298,69 EUR |
Rz. 161
Beispiel...