Rz. 46
Der Widerrufsanspruch wird ebenfalls auf die §§ 1004, 823 ff. BGB gestützt. Als Folgenbeseitigungsanspruch ist er – ebenso wie der Unterlassungsanspruch – verschuldensunabhängig. Die Unwahrheit der Erstmitteilung muss aber positiv feststehen, da die Presse nicht gezwungen werden kann, möglicherweise falsche Behauptungen zu verbreiten.
Eine Widerrufserklärung stellt im Gegensatz zur Gegendarstellung eine eigene Äußerung des Verpflichteten dar. Gegendarstellungs- und Widerrufsansprüche können daher ebenso wie Gegendarstellung und Unterlassung kumulativ geltend gemacht werden. Widerrufsansprüche unterscheiden sich von Unterlassungsansprüchen aber insoweit, als diese nur gegenüber unwahren Tatsachen durchgesetzt werden können. Ein Widerruf kommt auch im Fall einer untersagungsfähigen Schmähkritik nicht in Betracht. Als gravierender Eingriff in die Pressefreiheit verlangt der Widerrufsanspruch auch, dass der Widerruf auch (noch) erforderlich ist, um eine durch die unwahre Tatsachenäußerung eingetretene Beeinträchtigung des Betroffenen auszugleichen. Hat der Äußernde schon andere Formen der Wiedergutmachung ergriffen, entfällt regelmäßig der Widerrufsanspruch.
Rz. 47
Der Widerruf darf weiterhin nach Inhalt und Form nicht über das hinausgehen, was zur Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich ist. Schließlich muss der Widerruf auch zumutbar sein. Dieses Erfordernis liegt bspw. dann nicht vor, wenn ein Journalist ursprünglich eine zutreffende Information erhalten hat, die aber zum Veröffentlichungszeitpunkt bereits überholt war. Um Zweifel hinsichtlich des Umfangs des Widerrufs zu vermeiden, empfiehlt es sich, diesen in dem Antrag vorzuformulieren oder auf eine konkrete Verletzungsform zu verweisen.
Der Widerruf ist grundsätzlich gegenüber demjenigen abzugeben, der Empfänger der inkriminierten Äußerung war. Nach dem Prinzip der Waffengleichheit muss die Berichtigung in der gleichen Form verbreitet werden wie die Erstmitteilung. Die Verbreitungskosten sind von dem Verpflichteten zu tragen.
Rz. 48
Sofern ein Vollwiderruf aus den vorgenannten Gründen nicht in Betracht kommt, kann entweder stattdessen oder aber als Hilfsantrag ein eingeschränkter Widerruf geltend gemacht werden. Ein eingeschränkter Widerruf ist in der Form der Rücknahme einer Erklärung, ihrer Richtig- oder Klarstellung, des Nichtaufrechterhaltens einer Äußerung sowie der Ergänzung möglich. Welchen dieser Berichtigungsansprüche man wählt, hängt von der Art der Erstmitteilung ab. Ist die Erstmitteilung bspw. widersprüchlich, kann eine berichtigende Ergänzung verlangt werden. Ist eine Behauptung nur teilweise unwahr, kommt eine Richtigstellung in Betracht. Bei versteckten Behauptungen bietet sich eine Klarstellung an.