1. Abschlussverfahren
Rz. 42
Siehe dazu § 55 Rdn 104 ff.
2. Klage auf Unterlassung und Widerruf
a) Typischer Sachverhalt
Rz. 43
In der Stadtzeitung S wird über den Lokalpolitiker und Ehrenpräsidenten der Karnevalsgesellschaft K mitgeteilt, dieser bewege sich nicht nur im rheinischen Frohsinn, sondern auch im braunen Sumpf. So habe er angesichts eines Mitgliedertreffens des K zum "Absingen des Horst-Wessel-Lieds" aufgefordert. L sei "eindeutig ein Faschist".
b) Rechtliche Grundlagen
Rz. 44
Mit Ausnahme des kraft Gesetzes als Verfügungsverfahren ausgestalteten Gegendarstellungsanspruchs folgen presserechtliche Klagen allgemeinen Regeln:
aa) Unterlassung
Rz. 45
Der Unterlassungsantrag ist ein Unterfall der allgemeinen Leistungsklage. Anspruchsgrundlage ist § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB analog i.V.m. §§ 823 ff. BGB, allerdings mit der Besonderheit, dass ein Verschulden nicht erforderlich ist. Angesichts dieses Umstandes und vor dem Hintergrund des hohen Schutzgutes der Meinungsfreiheit muss die begehrte Untersagung auf das Notwendigste beschränkt werden. Das Verbot einer Verbreitung eines ganzen Artikels wird regelmäßig nur dann in Betracht kommen, wenn eine sinnvolle Trennung der unzulässigen Teile von den zulässigen nicht möglich ist. Bei der Formulierung des Antrags bietet sich eine wörtliche Wiedergabe der angegriffenen Äußerungen an, wobei anerkannt ist, dass auch eine sinngemäße Wiedergabe untersagt werden kann. Die praktische Schwierigkeit, einen Unterlassungsanspruch bei mehrdeutigen Äußerungen durchzusetzen, hat das BVerfG vereinfacht. Hier können auch schon alle nicht entfernt liegenden Deutungsvarianten angegriffen werden, sofern der Äußernde nicht klarstellt, wie seine missverständliche Erklärung verstanden werden soll, und er sich gleichzeitig dazu verpflichtet, die Aussage nur noch mit geeigneten Klarstellungen zu wiederholen. Diese Rspr. gilt ausdrücklich aber nur für Unterlassungsansprüche.
Im Übrigen gelten die allgemeinen zivilprozessualen Regeln, insbesondere also auch zur Beweislastverteilung. Der Kläger muss daher die Unwahrheit der verbreiteten Tatsache beweisen, soweit keine Schmähkritik vorliegt.
bb) Widerruf
Rz. 46
Der Widerrufsanspruch wird ebenfalls auf die §§ 1004, 823 ff. BGB gestützt. Als Folgenbeseitigungsanspruch ist er – ebenso wie der Unterlassungsanspruch – verschuldensunabhängig. Die Unwahrheit der Erstmitteilung muss aber positiv feststehen, da die Presse nicht gezwungen werden kann, möglicherweise falsche Behauptungen zu verbreiten.
Eine Widerrufserklärung stellt im Gegensatz zur Gegendarstellung eine eigene Äußerung des Verpflichteten dar. Gegendarstellungs- und Widerrufsansprüche können daher ebenso wie Gegendarstellung und Unterlassung kumulativ geltend gemacht werden. Widerrufsansprüche unterscheiden sich von Unterlassungsansprüchen aber insoweit, als diese nur gegenüber unwahren Tatsachen durchgesetzt werden können. Ein Widerruf kommt auch im Fall einer untersagungsfähigen Schmähkritik nicht in Betracht. Als gravierender Eingriff in die Pressefreiheit verlangt der Widerrufsanspruch auch, dass der Widerruf auch (noch) erforderlich ist, um eine durch die unwahre Tatsachenäußerung eingetretene Beeinträchtigung des Betroffenen auszugleichen. Hat der Äußernde schon andere Formen der Wiedergutmachung ergriffen, entfällt regelmäßig der Widerrufsanspruch.
Rz. 47
Der Widerruf darf weiterhin nach Inhalt und Form nicht über das hinausgehen, was zur Beseitigung der Beeinträchtigung erforderlich ist. Schließlich muss der Widerruf auch zumutbar sein. Dieses Erfordernis liegt bspw. dann nicht vor, wenn ein Journalist ursprünglich eine zutreffende Information erhalten hat, die aber zum Veröffentlichungszeitpunkt bereits überholt war. Um Zweifel hinsichtlich des Umfangs des Widerrufs zu vermeiden, empfiehlt es sich, diesen in dem Antrag vorzuformulieren oder auf eine konkrete Verletzungsform zu verweisen.
Der Widerruf ist grundsätzlich gegenüber demjenigen abzugeben, der Empfänger der inkriminierten Äußerung war. Nach dem Prinzip der Waffengleichheit muss die Berichtigung in der gleichen Form verbreitet werden wie die Erstmitteilung. Die Verbreitungskosten sind von dem Verpflichteten zu tragen.
Rz. 48
Sofern ein Vollwiderruf aus den vorgenannten Gründen nicht in Betracht kommt, kann entweder stattdessen oder aber als Hilfsantrag ein eingeschränkter Widerruf geltend gemacht werden. Ein eingeschränkter Widerruf ist in der Form der Rücknahme einer Erklärung, ihrer Richtig- oder Klarstellung, des Nichtaufrechterhaltens einer Äußerung sowie der Ergänzung möglich. Welchen dieser Berichtigungsansprüche man wählt, hängt von der Art der Erstmitteilung ab. Ist die Erstmitteilung bspw. widersprüchlich, kann eine berichtigende Ergänzung verlangt werden. Ist eine Behauptung nur teilweise unwahr, kommt eine Richtigstellung ...