a) Unterbliebene Ladung des Verteidigers
Rz. 74
Auch hier muss der Beschwerdeführer umfassend vortragen (OLG Celle NZV 2012, 351), so z.B. dass die Wahl des Verteidigers dem Gericht rechtzeitig angezeigt worden war (OLG Hamm StraFo 1998, 234).
b) Beschlussverfahren
Rz. 75
Es genügt nicht die bloße Rüge, das Gericht habe – ohne dem Betroffenen oder seinem Verteidiger Gelegenheit zum Widerspruch zu geben – entschieden; auch nicht die Behauptung, der Hinweis sei unvollständig bzw. fehlerhaft gewesen. Es muss vielmehr in einer § 344 Abs. 2 StPO genügenden Form geltend gemacht werden, dass der Betroffene einen den Anforderungen des § 72 Abs. 1 S. 2 OWiG genügenden Hinweis nicht erhalten habe (OLG Düsseldorf DAR 1999, 129).
c) Trotz Entschuldigung
Rz. 76
Selbst wenn der Betroffene tatsächlich entschuldigt war (hier z.B. ein Inhaftierter), zwingt nur die formell korrekt begründete Rüge zur Zulassung. Ist sie dagegen nicht ausreichend begründet, ist selbst die Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs unzulässig (OLG Düsseldorf DAR 2000, 81).
d) Einspruchsverwerfung nach Ablehnung des Entbindungsantrages
aa) Unzulässige Angriffe gegen die Verurteilung als solche
Rz. 77
Macht der Betroffene mit der Rechtsbeschwerde lediglich geltend, der im Bußgeldbescheid erhobene Vorwurf sei falsch, ist bereits der Antrag unzulässig (OLG Jena DAR 1997, 411), denn mit der Rechtsbeschwerde kann nicht die Verurteilung als solche angegriffen werden. Der Beschwerdeführer kann vielmehr nur geltend machen, die Einspruchsverwerfung selbst sei unzulässig gewesen (OLG Hamm NZV 2008, 212).
bb) Darlegungspflicht
Rz. 78
Hier muss der Beschwerdebegründung zu entnehmen sein, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Entbindung vorlagen, d.h., der Beschwerdebegründung müssen der gemachte Vorwurf und die Beweismittel ebenso wie die Tatsache zu entnehmen sein, ob der Betroffene sich geäußert oder sein Schweigen in der Hauptverhandlung angekündigt hat (OLG Zweibrücken zfs 2000, 39; Thür. OLG zfs 2000, 44; OLG Hamm zfs 2000, 45). Außerdem obliegt es dem Betroffenen darzulegen, aus welchen Gründen das Gericht seinem Entbindungsantrag gem. § 73 Abs. 2 OWiG hätte stattgeben müssen (OLG Hamm zfs 2004, 591; zfs 2006, 710; OLG Naumburg zfs 2007, 533), bzw. weshalb von seiner Anwesenheit in der Hauptverhandlung kein Beitrag zur Sachaufklärung zu erwarten war (OLG Thüringen VRS 111, 56). Darüber hinaus muss dann, wenn ein Verteidiger den Entbindungsantrag gestellt hatte, vorgetragen werden, dass er Vertretungsvollmacht hatte und diese im Zeitpunkt der Antragstellung dem Gericht schriftlich vorgelegen hatte (OLG Köln zfs 2002, 154; BayObLG NZV 2001, 221; OLG Bamberg NStZ 2007, 180).
cc) Terminsverlegungsantrag
Rz. 79
Eine Rechtsbeschwerde, die darauf gestützt wird, dass ein wegen Verhinderung des Betroffenen oder des Verteidigers gestellter Verlegungsantrag zu Unrecht abgelehnt wurde, muss umfassend begründet werden (OLG Hamm NZV 2006, 165; OLG Karlsruhe NZV 2011, 95; OLG Oldenburg NZV 2011, 96; OLG Bamberg NZV 2012, 148).
Zur Frage, wann ein Terminsverlegungsantrag, der auf die Verhinderung des Betroffenen aus beruflichen Gründen gestützt wird, ausreichend begründet wurde: OLG Hamm NZV 2006, 165.
dd) Verletzung rechtlichen Gehörs
Rz. 80
Wird die Verletzung des rechtlichen Gehörs gerügt, muss der Beschwerdeführer darüber hinaus darlegen, wie er sich bislang zum Tatvorwurf geäußert hat und was er bzw. sein Verteidiger im Falle der Anhörung in der Hauptverhandlung vorgebracht hätte (OLG Karlsruhe DAR 2005, 694; OLG Bamberg DAR 2012, 88).
e) Ablehnung von Beweisanträgen
Rz. 81
Die rechtsfehlerhafte Ablehnung von Beweisanträgen gem. § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann nur im Rahmen einer Aufklärungsrüge beanstandet werden. Dazu müssen der Inhalt des Beweisantrages mit Beweistatsachen und Beweismitteln, der Inhalt des Ablehnungsbeschlusses und die Tatsachen, die dessen Fehlerhaftigkeit ergeben, mitgeteilt werden; außerdem muss vorgetragen werden, welche dem Betroffenen günstige Tatsache die unterlassene Beweisaufnahme ergeben hätte (BayObLG zfs 1998, 236; OLG Hamm DAR 1999, 276).
Rz. 82
War ein Beweisantrag gem. § 77 Abs. 3 OWiG in der Hauptverhandlung mit einer Kurzbegründung abgelehnt worden, so gehört nach Auffassung des OLG Oldenburg (zfs 1996, 236) zur Zulässigkeit der sich hiergegen wendenden Verfahrensrüge auch die Mitteilung, wie die Ablehnung im Urteil im Rahmen der Beweiswürdigung begründet worden ist.
f) Beweisaufnahme
Rz. 83
Beanstandet der Beschwerdeführer mit der Begründung, z.B. eine Urkunde sei nicht ordnungsgemäß in die Hauptverhandlung eingeführt worden, eine Verletzung des § 261 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG, gehört zu einer ordnungsgemäßen Rüge der Vortrag, dass die Urkunde auch nicht in anderer nach dem Gesetz zulässigen Weise (z.B. durch Vorhalt oder durch Vernehmung von Zeugen) in die Hauptverhandlung eingeführt wurde (OLG Hamm DAR 2004, 104; OLG Stuttgart zfs 2010, 48; OLG Thüringen zfs 2010, 230; OLG Saarbrücken, Beschl. v. 21.2.2011 – 3 Ss (B) 117/2010 (165/2010)).
Rügt er, die Urteilsfeststellungen seien auf seine Einlassung gestützt, obwohl er selbst – vom persönlichen Erscheinen entbunden – an der Hauptverhandlung nicht teilgenommen habe, muss er darüber hinaus vortragen, seine Vernehmungen bzw. schriftlichen oder protokollarischen Äußerungen zur Sache seien nicht erfolgt bzw. nicht gem. § 7...