I. Frist
1. Zur Einlegung
Rz. 35
Die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde beträgt eine Woche (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 341 StPO). Sie beginnt mit der Urteilsverkündung bzw. im Falle der Abwesenheit des (in der Hauptverhandlung nicht durch einen Verteidiger vertretenen) Betroffenen mit der Zustellung des Urteils und zwar auch dann, wenn das Urteil nicht mit Gründen versehen war, obwohl die Voraussetzungen des § 77b Abs. 1 S. 3 OWiG nicht vorlagen (BGH NJW 2004, 3643) bzw. die erforderliche Rechtsmittelbelehrung nicht beigefügt war. Dann ist dem Betroffenen aber Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wobei die Rechtsbeschwerdebegründungsfrist erst mit der Zustellung des die Wiedereinsetzung bewilligenden Beschlusses zu laufen beginnt (OLG Bamberg zfs 2007, 709).
Rz. 36
Achtung: Vertretung in Hauptverhandlung durch Verteidiger
War der abwesende Betroffene in der Hauptverhandlung nach § 73 Abs. 3 OWiG durch einen schriftlich bevollmächtigten Verteidiger (oder einen Unterbevollmächtigten, der dann keine schriftliche Vertretungsvollmacht benötigt) vertreten, beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde nicht erst mit der Zustellung des Urteils an den Betroffenen, sondern bereits mit dessen Verkündung (§ 79 Abs. 4 OWiG; OLG Bamberg zfs 2011, 472). Lag dagegen eine schriftliche Vertretungsvollmacht des Verteidigers im Hauptverhandlungstermin nicht vor, beginnt die Frist zur Einlegung der Rechtsbeschwerde wiederum erst mit der Zustellung des Urteils (OLG Bamberg NZV 2011, 509).
2. Zur Begründung
Rz. 37
Die Rechtsbeschwerde muss innerhalb eines Monats begründet werden. Die Begründungsfrist beginnt am ersten Tag nach Ablauf der Einlegungsfrist – also nicht bereits mit der Einlegung der Rechtsbeschwerde (§ 79 Abs. 3 S. 1 OWiG i.V.m. § 345 Abs. 1 StPO; OLG Jena zfs 2019, 411), was gerade auch in Abwesenheitsverfahren häufig übersehen wird, und endet im folgenden Monat mit Ablauf des Tages, der durch seine Zahl dem Tag des Fristbeginns entspricht (OLG Köln NStZ 1987, 243; OLG Dresden zfs 2008, 705).
Rz. 38
Die Zustellung des Urteils unmittelbar an den Betroffenen ist zulässig und setzt die Rechtsmittelfrist in Gang (vgl. § 4 Rdn 7). Deshalb muss der Verteidiger seinen Mandanten frühzeitig – am besten schon bei der Mandatsannahme – darauf hinweisen, dass er ihn über eine evtl. unmittelbar an ihn bewirkte Zustellung sofort informieren muss.
II. Form
1. Einlegung
Rz. 39
Für die Form der Einlegung der Rechtsbeschwerde gelten keine besonderen Vorschriften. Der Betroffene kann sie selbst, und zwar schriftlich oder zur Niederschrift der Geschäftsstelle, einlegen. Wirksam ist die Rechtsbeschwerde im letzteren Fall jedoch nur dann, wenn sie zu Protokoll der Geschäftsstelle des Gerichts, dessen Entscheidung angegriffen wird, erklärt wird. Deshalb ist eine zu Protokoll einer nicht zuständigen Geschäftsstelle erklärte Rechtsbeschwerde selbst dann unwirksam, wenn das Protokoll noch rechtzeitig bei dem zuständigen Gericht eingeht (BayObLG NZV 1997, 197).
Rz. 40
Ob eine Rechtsbeschwerde fernmündlich eingelegt werden kann, ist zweifelhaft. Das OLG Hamm (DAR 1995, 457) lässt zumindest eine fernmündliche Begründung nicht zu. Der Bundesgerichtshof lässt zwar die telefonische Einlegung eines Einspruchs gegen einen Bußgeldbescheid zu, die fernmündliche Einlegung der Berufung in einer Strafsache hat er aber als unwirksam angesehen (BGHSt 30, 65).
2. Begründung der Rechtsbeschwerde
Rz. 41
Der Betroffene kann ohne Anwalt die Rechtsbeschwerde nur zu Protokoll der Geschäftsstelle begründen. Auf schriftlichem Weg begründet werden kann die Rechtsbeschwerde nur von einem Verteidiger.
a) Schriftform
Rz. 42
Da die Rechtsbeschwerde schriftlich nur von einem Verteidiger begründet werden kann, schadet hier – anders als bei einem Einspruch – die fehlende Unterschrift des Anwaltes. Die Rechtsbeschwerdebegründung muss nämlich von einem Rechtsanwalt eigenhändig unterzeichnet sein. Ein Faksimile-Stempel genügt – wiederum im Gegensatz zum Einspruch – nicht (BGH NStZ 1992, 225).
Rz. 43
Dies ist auch im Falle eines Wiedereinsetzungsantrages wegen Versäumung der Rechtsbeschwerdebegründungsfrist zu beachten, denn die Nachholung der versäumten Rechtshandlung erfordert deren Vornahme in der gesetzlich vorgeschriebenen Form. Für die Nachholung der Rechtsbeschwerdebegründung genügt deshalb die Einreichung eines nicht unterzeichneten, durch Stempelaufdruck als Abschrift bezeichneten Schriftsatzes des Verteidigers auch dann nicht, wenn dieser einen Beglaubigungsvermerk trägt (OLG Düsseldorf NJW 1998, 919).
Rz. 44
Achtung: Computerfax
Nach der Entscheidung der gemeinsamen Senate der obersten Gerichtshöfe des Bundes (DAR 2000, 523) genügt dagegen ein Computerfax mit eingescannter Unterschrift des Anwaltes der Schriftform.
Rz. 45
Selbst wenn die Begründung nicht von dem eigentlichen Sachbearbeiter und Verfasser der Rechtsbeschwerde, sondern von einem anderen (unter-)bevollmächtigten Anwalt unterzeichnet ist, ist die Rechtsbeschwerde grundsätzlich zulässig, da davon auszugehen ist, dass der unterzeichnende Anwalt sich die Rechtsbeschwerdebegründung zu eigen gemacht ha...