Rz. 11
Die Abgrenzung zwischen dem Schiedsgerichtsverfahren und einem Schiedsgutachterverfahren wird in der Praxis oft nicht präzise vollzogen. Aus dem zuvor Gesagten ergibt sich bereits, dass in einem Schiedsgerichtsverfahren ein Rechtsstreit entschieden wird, im Gegensatz dazu stellt ein Schiedsgutachter nur Tatsachen verbindlich fest. Es mag eingeräumt werden, dass die Abgrenzung zwischen beiden Institutionen fließend ist, allerdings gibt es schon methodische und strukturelle Unterschiede. Ein Schiedsgutachter beispielsweise wird von den Parteien mit der Feststellung beauftragt, welcher Schaden entstanden ist, welcher Ursachenzusammenhang besteht, wie sich wirtschaftliche Verhältnisse verändert haben etc. pp. Der Schiedsgutachter entscheidet den Rechtsstreit nicht. Der Schiedsgutachter beschäftigt sich lediglich mit Teilaspekten eines Rechtsstreits. Da allerdings auch denkbar ist, dass ein Schiedsgutachter die Vornahme der Teilung eines Nachlasses nach billigem Ermessen durchführt und auch die Feststellung eines Bedingungseintritts oder der Erfüllung von Auflagen trifft, sind nicht unerhebliche Berührungspunkte gegeben. Der Schiedsgutachter stellt lediglich ein für ein Verfahren vor einem staatlichen oder einem Schiedsgericht entscheidendes Element des Rechtsstreits für die Parteien bindend fest, während das Schiedsgericht den Rechtsstreit endgültig entscheidet.
Rz. 12
Als brauchbares Abgrenzungskriterium hat sich in der Rechtsprechung auch bewährt, danach zu unterscheiden, ob der Dritte nur ein Element der noch zu treffenden Entscheidung zu überprüfen hat oder ob letztlich anstelle des ordentlichen Gerichts die Entscheidung gefällt werden soll. Nur, wenn der hier Tätige lediglich Teilaspekte beleuchtet, handelt es sich um eine Schiedsgutachtertätigkeit; ist er jedoch zur Entscheidung als solcher berufen, ist das Ganze als Schiedsrichtertätigkeit anzusehen. Auf die Bezeichnung der Tätigkeit des Dritten als Schiedsgutachter oder Schiedsrichter kommt es hierbei nicht einmal an.
Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen den beiden Rechtsinstituten dürfte darin zu sehen sein, dass die verbindliche Vereinbarung eines Schiedsvertrags eine prozesshindernde Einrede ergibt, was beim Schiedsgutachtervertrag nicht der Fall ist.
Rz. 13
Das hat natürlich für den Prozessverlauf ganz unterschiedliche Konsequenzen. Ein nicht vorgelegtes Schiedsgutachten kann sich so allenfalls auf die Beweislast und den dann nicht erbrachten Beweis zulasten einer Partei auswirken, während die Nichtbeachtung der Schiedsgerichtsklausel die gesamte Klage unzulässig machen würde. Daher ist bei der Abgrenzung zwischen Schiedsrichter- und Schiedsgutachtertätigkeit Sorgfalt geboten.