a) Tätigkeiten im Zwangsversteigerungsverfahren
aa) Überblick
Rz. 15
Unterschieden wird hier nach
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Tätigkeiten im Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens und |
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Tätigkeiten im Verteilungsverfahren und bei Mitwirkung an einer außergerichtlichen Verteilung. |
Rz. 16
Es entstehen insoweit zwar – in Ausnahme zu § 15 Abs. 2 RVG – zwei Verfahrensgebühren; es handelt sich jedoch nur um eine Angelegenheit i.S.d. § 15 RVG, sodass z.B. die Postentgeltpauschale (Nr. 7002 VV) nur einmal anfällt.
bb) Verfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens
(1) Gebühren
Rz. 17
Für die Tätigkeit im Zwangsversteigerungsverfahren bis zur Einleitung des Verteilungsverfahrens erhält der Anwalt nach Anm. Nr. 1 zu Nr. 3311 VV eine Verfahrensgebühr mit einem Gebührensatz von 0,4.
Rz. 18
Eine Ermäßigung der Gebühr bei vorzeitiger Erledigung ist nicht vorgesehen.
Rz. 19
Soweit der Anwalt mehrere Auftraggeber wegen desselben Gegenstands vertritt, erhöht sich die Verfahrensgebühr nach Nr. 1008 VV um 0,3 je weiteren Auftraggeber, höchstens um 2,0.
Rz. 20
Vertritt der Anwalt mehrere Auftraggeber, die mit eigenen Rechten beteiligt sind, kommt eine Erhöhung nach Nr. 1008 VV nicht in Betracht. Dafür werden die Werte der einzelnen Gegenstände addiert, sofern er sich um dieselben Gegenstand handelt. Sofern verschiedene Gegenstände zugrunde liegen, kann der Anwalt sogar getrennt aus den einzelnen Werten abrechnen.
Rz. 21
Nimmt der Anwalt an Versteigerungsterminen für einen Beteiligten teil, entsteht nach Nr. 3312 VV eine Terminsgebühr, ebenfalls mit einem Satz von 0,4 (Anm. S. 1 zu Nr. 3312 VV). Die Terminsgebühr entsteht insgesamt nur einmal (§ 15 Abs. 1 RVG); sie entsteht nicht für jeden Versteigerungstermin gesondert.
Rz. 22
Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV ist hier nicht anwendbar, da der Tatbestand der Nr. 3312 VV ausdrücklich einen Versteigerungstermin vorsieht (Anm. S. 1 zu Nr. 3312 VV RVG) und damit für die Mitwirkung an Besprechungen zur Vermeidung oder Erledigung des Verfahrens keine Terminsgebühr ausgelöst wird, insbesondere weil Anm. S. 2 zu Nr. 3312 VV bestimmt, dass im Übrigen im Verfahren der Zwangsverwaltung oder Zwangsversteigerung keine Terminsgebühr ausgelöst wird. Solche Besprechungen können allerdings eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3311 Nrn. 2 u. 6 VV auslösen.
Rz. 23
Eine Einigungsgebühr ist in dieser Angelegenheit grundsätzlich auch nicht möglich. Werden Einigungsverhandlungen zur Aufhebung der Zwangsversteigerung geführt, lösen diese bereits eine gesonderte Angelegenheit aus, in der eine gesonderte Verfahrensgebühr entsteht (s.u. Rdn 33 ff.). Dort kann dann auch eine Einigungsgebühr anfallen (s.u. Rdn 41).
(2) Gegenstandswert
Rz. 24
Vertritt der Anwalt den Gläubiger oder einen sonstigen gem. § 9 Nr. 1 und 2 ZVG Berechtigten, so bestimmt sich der Gegenstandswert nach § 26 Nr. 1 RVG. Diese Vorschrift ist schwer verständlich. Im Einzelnen gilt Folgendes:
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Maßgebend ist zunächst der Wert des Rechts, das dem Gläubiger oder dem nach § 9 Nr. 1 und 2 ZVG Berechtigten zusteht (§ 26 Nr. 1, 1. Teilsatz RVG). Wird die Zwangsversteigerung vom Auftraggeber wegen mehrerer Rechte betrieben, sind deren Werte nach § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, wobei die Wertgrenze des § 22 Abs. 2 RVG in Höhe von 30 Mio. EUR nicht überschritten werden darf. |
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Nebenforderungen sind mitzurechnen (§ 26 Nr. 1, 3. Teilsatz RVG). Hierzu gehören die Zinsen bis zum Erlass des Anordnungs- oder Beitrittsbeschlusses sowie die angemeldeten Kosten des Rechtsstreits und vorheriger Zwangsvollstreckungs- und Zwangsversteigerungsmaßnahmen. |
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Wird das Verfahren wegen einer Teilforderung betrieben, ist der Teilbetrag gem. § 26 Nr. 1, 2. Teilsatz RVG) maßgebend, wenn es sich um einen Gläubiger nach § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG handelt, also einen Gläubiger, der nicht schon nach den vorherigen Klassen des § 10 Abs. 1 Nr. 1–4 zu befriedigen ist (§ 26 Nr. 1, 2. Teilsatz RVG). Soweit der Gläubiger nach den vorherigen Klassen des § 10 Abs. 1 Nr. 1–4 zu befriedigen ist, bleibt es beim vollen Wert des Rechts. |
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Ist der Verkehrswert des Grundstücks geringer, gilt in allen Fällen nur der geringere Wert (§ 26 Nr. 1, 4. Teilsatz, 1. Hs. RVG). Hat das Vollstreckungsgericht den Verkehrswert nach § 63 GKG i.V.m. § 54 GKG, §§ 66, 74a Abs. 5, 162 ZVG festgesetzt, ist dieser Wert auch für die Festsetzung des Gegenstandswerts bindend. Fehlt es an einer Festsetzung des Verkehrswerts durch das Vollstreckungsgericht, ist dieser im Verfahren nach § 33 RVG selbstständig zu ermitteln und festzusetzen. |
Rz. 25
Vertritt der Anwalt in derselben Angelegenheit mehrere Gläubiger oder nach § 9 Nr. 1 und 2 ZVG Berechtigte wegen verschiedener Rechte, so sind die Werte nach den vorstehenden Ausführungen zu ermitteln und sodann nach § 22 Abs. 1 RVG zusammenzurechnen, wobei auch hier die Wertgrenze des § 22 Abs. 2 RVG in Höhe von 30 Mio. EUR nicht überschritten werden darf.
Rz. 26
Beispiel 1: Eintragung einer Zwangshypothek und nachfolgendes Zwangsversteigerungsverfahren
Der Anwalt erwirkt für seinen Auftraggeber ...