Rz. 389

Bei einer Direktversicherungszusage sowie bei Zusagen über Pensionskassen kann die auch insoweit grundsätzlich nach § 16 Abs. 1 BetrAVG vorzunehmende Anpassungsprüfungspflicht gem. § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG dadurch ausgeschlossen werden, dass "ab Rentenbeginn sämtliche auf den Rentenbestand entfallende Überschussanteile zur Erhöhung der laufenden Leistungen verwendet werden" (BAG v. 10.12.2019 – 3 AZR 122/18, BetrAV 2020, 343 = NZA 2020, 931; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 24/2020 Anm. 2).

Insoweit sind folgende Anforderungen zu beachten:

Die Verwendung der Überschussanteile aus dem Versicherungsvertrag zur Leistungserhöhung muss zwingend Bestandteil der arbeitsvertraglichen Versorgungszusage sein. Allein die faktische Weitergabe der Überschüsse ohne entsprechende vertragliche Grundlage reicht insoweit nicht aus (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 16 Rn 309). Die vertragliche Vereinbarung kann auch zwischen dem Arbeitgeber und der Pensionskasse geschlossen sein. Derartige Vereinbarungen stellen einen Vertrag zugunsten des Versorgungsberechtigten dar (BAG v. 10.12.2019 – 3 AZR 122/18, BetrAV 2020, 343 = NZA 2020, 931; Langohr-Plato, jurisPR-ArbR 24/2020 Anm. 2).
Zum Zeitpunkt des Rentenbeginns muss feststehen, dass dem Versorgungsberechtigten die künftigen Überschussanteile zustehen. Dem Arbeitgeber als Versorgungsschuldner darf nach Beginn der Rentenauszahlung keine Widerrufs- oder anderweitige Dispositionsmöglichkeit hinsichtlich der Überschussverwendung zustehen (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 16 Rn 309; Höfer, Bd. I – ArbR, § 16 Rn 403).
Bei den weiter zu gebenden Überschüssen handelt es sich um die in der Rentenbezugsphase auf die individuell für die Rente des konkret Versorgungsberechtigten anfallenden Überschussanteile aus der vorhandenen Deckungsrückstellung (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 16 Rn 310; Höfer, Bd. I – ArbR, § 16 Rn 407).
Den gesetzlichen Anforderungen nicht genügend sind Tarife, die mit einer nicht garantierten teilweisen Vorabgewinnbeteiligung arbeiten und ggf. im Zeitablauf zu einem Absinken der zu zahlenden Rente führen (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 16 Rn 309; Doetsch/Förster/Rühmann, BetrAV 1998, 70 f.; Höfer, Bd. I – ArbR, § 16 Rn 408). Der Begriff "Überschussanteile" ist ein klar definierter rechtstechnischer Begriff, der nicht durch andere Gewinnverwendungsformen substituiert werden kann.

Ob dagegen Tarife zulässig sind, die mit einer ab Rentenbeginn garantierten Rentenerhöhung operieren, bei der von Rentenbeginn an eine höher als die geschuldete Rente gezahlt wird, die dann nicht weiter ansteigt, also auf einem konstanten Niveau bleibt, ist in der Fachliteratur umstritten.

Rolfs (Blomeyer/Rolfs/Otto, § 16 Rn 310) hält es insoweit für ausreichend, dass dem Versorgungsberechtigten im Ergebnis unabhängig von der Form ihrer Verteilung die durch den Verrentungseffekt erzielten Gewinne des Versicherungsvertrags in vollem Umfang zugewendet werden.
Demgegenüber halten Höfer (Höfer, Bd. I – ArbR, § 16 Rn 408 ff.) und Blumenstein/Krekeler (BetrAV 1999, 57 f.) nur eine solche Überschussverwendung für zulässig, die auch tatsächlich zu einer "Erhöhung der laufenden Leistungen" führt.
Höfer geht davon aus, dass nur die jährliche Erhöhung der laufenden Rente zweifelsfrei den Gesetzeszweck erfüllt. Höfer begründet dies damit, dass § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG ein "Surrogat" für die ansonsten nach § 16 Abs. 1 BetrAVG durchzuführende Anpassungsprüfung ist. § 16 Abs. 1 BetrAVG geht aber auch von einer periodisch steigenden Rente aus. Gleiches gilt für die Sonderregelung in § 16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG, wo über die 1 %-ige Rentengarantie ebenfalls eine wiederkehrende Rentenanpassung vorzunehmen ist. Damit soll letztendlich eine inflationsbedingte Auszehrung des Rentenzahlbetrags vermieden werden. Dann sind aber mit dem Gesetzeszweck solche Regelungen nicht vereinbar, die nur eine einmalige Rentenerhöhung zu Rentenbeginn gewähren. Dies gilt nach Höfer erst recht, wenn die Rentenerhöhung nicht garantiert wird.

Auch Blumenstein/Krekeler gehen von einer periodischen bzw. dynamischen Rentensteigerung aus, wenn sie auf eine Bonus- bzw. Zusatzrente abstellen, bei der die Gewinnverwendung zu einer Erhöhung der zugesagten Rente führt, die Erhöhung sich jeweils auf die zuvor gezahlte Gesamtrente bezieht und die jeweils erreichte Gesamtrente Bestandsschutz genießt, also garantiert wird. Demgegenüber werden sonstige Gewinnverwendungsformen als nicht mit dem Gesetzeszweck vereinbar abgelehnt, wenn die vorgenommenen Rentenerhöhungen nicht garantiert sind und die Möglichkeit einer künftigen Reduzierung des Rentenzahlbetrags besteht.

Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da der Gesetzeszweck eine dynamische Rentenerhöhung bedingt und somit keine konstante Rentenzahlung zulässt. Bereits die Gesetzesbegründung zum Entwurf des Rentenreformgesetzes 1999, mit dem § 16 Abs. 3 BetrAVG eingeführt worden ist, stellt darauf ab, dass die in § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG normierte "Zinsdynamik" eine gleichwertige Alternative zur Anpassung nach dem Lebenshaltung...

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