Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 229
Gem. § 5 Abs. 2 BetrAVG dürfen Leistungen der betrieblichen Altersversorgung durch eine Anrechnung oder Berücksichtigung anderer Versorgungsbezüge, soweit diese auf eigenen Beiträgen des Versorgungsberechtigten beruhen, nicht gekürzt werden. Damit soll erreicht werden, dass sich der Arbeitgeber nicht durch eine Eigenvorsorge des Arbeitnehmers seiner Versorgungsverpflichtung entledigen kann (so bereits BAG v. 26.10.1973 – 3 AZR 377/72, BB 1974, 696 = DB 1974, 294; vgl. auch Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 5 Rn 47).
Rz. 230
Voraussetzung für eine zulässige Anrechnung anderweitiger Versorgungsbezüge ist zunächst einmal eine entsprechende ausdrückliche, eindeutige und unmissverständliche Anrechnungsklausel in der individual- oder kollektivrechtlich vereinbarten Versorgungszusage.
Rz. 231
Muster 35.1: Anrechnungsklausel
Muster 35.1: Anrechnungsklausel
1. |
Soweit sich Versorgungsempfänger (ehemalige Mitarbeiter) durch das Eingehen von Dienstverhältnissen oder durch regelmäßige geschäftliche oder berufliche Tätigkeit vor Erreichen der Altersgrenze bzw. vor Inanspruchnahme der vorgezogenen Altersrente Einnahmen verschaffen, werden diese vom Unternehmen auf die betrieblichen Versorgungsleistungen angerechnet. Der Versorgungsberechtigte ist verpflichtet, die anzurechnenden Einkünfte eines jeden Jahres bis zum _________________________ des Folgejahres dem Unternehmen durch Vorlage entsprechender Nachweise mitzuteilen. |
2. |
Ist die Invalidität oder der Tod eines Mitarbeiters auf das schadensersatzpflichtige Verhalten eines Dritten zurückzuführen, so werden die dem Mitarbeiter oder seinen Hinterbliebenen zustehenden Schadensersatzansprüche auf die betrieblichen Versorgungsleistungen angerechnet. Der Mitarbeiter kann die Anrechnung vermeiden, wenn er die Ersatzansprüche an das Unternehmen abtritt. |
3. |
Auf die Versorgungsleistungen werden Leistungen einer befreienden Lebensversicherung angerechnet, wenn die Beiträge hierzu mindestens zur Hälfte vom Arbeitgeber mitfinanziert worden sind. Dabei werden Kapitalleistungen nach den im jeweiligen Zeitpunkt geltenden versicherungsmathematischen Grundlagen mit einem Rechnungszins von derzeit 6 % – Richttafeln Klaus Heubeck – in eine Versorgungsrente umgerechnet. oder: Auf die Leistungen nach dieser Versorgungszusage werden keine anderweitigen Leistungen angerechnet. Dieser Anrechnungsausschluss gilt insbesondere für Leistungen der deutschen oder einer ausländischen gesetzlichen Rentenversicherung. Soweit der Versorgungsberechtigte betriebliche Versorgungsleistungen aus einem früheren Arbeitsverhältnis erhält, bleiben diese ebenfalls unberücksichtigt. |
Rz. 232
Fehlt eine solche Anrechnungsklausel, ist die Anrechnung auch nicht zulässig. § 5 Abs. 2 BetrAVG enthält insoweit kein gesetzliches Anrechnungsrecht, sondern regelt nur die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine vertraglich zulässige Anrechnungsvereinbarung (BAG v. 10.8.1982 – 3 AZR 334/79, BB 1983, 578 = DB 1982, 2627; BAG v. 16.8.1988 – 3 AZR 183/87, NZA 1989, 180; BAG v. 5.9.1989 – 3 AZR 654/87, NZA 1990, 269; BAG v. 10.8.1993 – 3 AZR 69/93, NZA 1994, 757).
Rz. 233
Angerechnet werden dürfen aber nur solche Versorgungsbezüge, soweit sie nicht auf eigenen Beiträgen des Versorgungsberechtigten beruhen. Aus der Formulierung "soweit" ergibt sich, dass eine teilweise Anrechnung zulässig ist, nämlich i.H.d. einer Arbeitgeberbeteiligung entsprechenden Anteils (Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 5 Rn 60 ff.). Dieser Arbeitgeberanteil ist, soweit eine eindeutige Verifizierung der daraus resultierenden Versorgungsleistung nicht möglich ist, nach versicherungsmathematischen Grundsätzen zu berechnen.
Rz. 234
Eine Ausnahme von diesem Anrechnungsverbot gilt gem. § 5 Abs. 2 S. 3 BetrAVG für Renten aus der gesetzlichen Sozialversicherung. Diese dürfen, soweit sie auf Pflichtbeiträgen beruhen, in voller Höhe angerechnet werden.
Rz. 235
Das Anrechnungsverbot gilt ferner nicht für solche Versorgungsbezüge, die mindestens zur Hälfte auf Beiträgen oder Zuschüssen des Arbeitgebers beruhen (vgl. BAG v. 19.2.1976 – 3 AZR 212/75, BB 1976, 841 = DB 1976, 1237). Dies ist insb. bei befreienden Lebensversicherungen und den berufsständischen Versorgungswerken regelmäßig der Fall. Wird aus der befreienden Lebensversicherung ein Kapitalbetrag fällig, so ist dieser zu verrenten. Hierzu besteht hinsichtlich der für die Anrechnung erforderlichen ausdrücklichen Regelung in der Versorgungsordnung eine Wahlmöglichkeit zwischen der versicherungsmathematischen Verrentung des tatsächlich in der befreienden Lebensversicherung erzielten Kapitalbetrages oder der Berechnung einer fiktiven, auf entsprechenden Beitragszahlungen beruhenden Sozialversicherungsrente (BAG v. 16.12.1986 – 3 AZR 631/84, n.v.; BAG v. 17.10.1989 – 3 AZR 788/87, n.v.).
Rz. 236
Soweit andere Versorgungsbezüge anrechenbar sind, bezieht sich die Anrechnungsmöglichkeit im Zweifel, d.h. soweit sich aus der Versorgungsordnung nicht eindeutig und unmissverständlich eine Anrechnung des Nettoversorgungsbetrages e...