Dr. iur. Uwe Langohr-Plato
Rz. 268
Der gesetzliche Insolvenzschutz erstreckt sich nach § 7 Abs. 1 BetrAVG auf bereits fällige Versorgungsleistungen und gem. § 7 Abs. 2 BetrAVG auf unverfallbare Versorgungsanwartschaften.
a) Versorgungsleistungen
Rz. 269
Die Versorgungsempfänger sind vom PSV so zu stellen, als wenn der Sicherungsfall nicht eingetreten wäre. Der PSV ist also verpflichtet, laufende Versorgungsleistungen sowie einmalige Kapitalzahlungen in dem Umfang zu übernehmen, wie sie sich aus dem Inhalt der Versorgungszusage des Arbeitgebers ergeben (BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato). Die Einstandspflicht des PSV erstreckt sich demnach auch auf eine vertraglich zugesicherte Rentendynamik (BAG v. 3.8.1978 – 3 AZR 19/77, NJW 1979, 446; BAG v. 3.2.1987 – 3 AZR 330/85, NZA 1987, 666; BAG v. 15.2.1994 – 3 AZR 705/93, NZA 1994, 943; BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato). Dagegen wird die gesetzliche Anpassungsverpflichtung nach § 16 BetrAVG vom Insolvenzschutz nicht erfasst, da der PSV die Versorgungsleistungen nicht in der Funktion als Arbeitgeber übernimmt (BAG v. 22.3.1983 – 3 AZR 574/81, NJW 1983, 2902; BAG v. 5.10.1993 – 3 AZR 698/92, NZA 1994, 459 = NJW 1994, 1894).
Rz. 270
Neben den laufenden Versorgungsleistungen übernimmt der PSV für einen Zeitraum von 12 Monaten vor dem Insolvenzstichtag auch die Zahlung rückständiger Versorgungsansprüche (BVerfG v. 10.4.1981 – 1 BvR 992/80, BB 1981, 1276 = BetrAV 1981, 177; BGH v. 14.7.1980 – II ZR 106/79, NJW 1980, 2468; BAG v. 30.10.1980 – 3 AZR 805/79, NJW 1981, 1470; BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887).
b) Versorgungsanwartschaften
Rz. 271
Neben den bereits fälligen Versorgungsleistungen sind auch unverfallbare Versorgungsanwartschaften i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 1 BetrAVG gegen eine Insolvenz des Arbeitgebers gesichert, und zwar unabhängig davon, ob der Versorgungsberechtigte im Zeitpunkt der Insolvenz bereits aus dem Unternehmen ausgeschieden war oder erst infolge der Insolvenz sein Arbeitsverhältnis beendet wird.
Rz. 272
Dagegen werden vom gesetzlichen Insolvenzschutz solche Anwartschaften nicht erfasst, die lediglich aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer für unverfallbar bestimmt worden sind, zum Insolvenzstichtag aber noch nicht die Unverfallbarkeitsfristen des § 1 Abs. 1 BetrAVG erfüllen (BAG v. 3.8.1978 – 3 AZR 19/77, NJW 1979, 446; Blomeyer/Rolfs/Otto, BetrAVG, § 7 Rn 136).
Rz. 273
Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Vertragsparteien sog. Vordienstzeiten anrechnen wollen, sofern diese Vordienstzeiten unmittelbar an das aktuelle Arbeitsverhältnis heranreichen und selbst von einer Versorgungszusage begleitet worden sind, die ihrerseits noch nicht gesetzlich unverfallbar geworden ist (BAG v. 3.8.1978 – 3 AZR 19/77, NJW 1979, 446; BAG v. 11.1.1983 – 3 AZR 212/80, NJW 1984, 1199; BAG v. 19.7.1983 – 3 AZR 397/81, DB 1983, 2255 = BetrAV 1984, 74; BAG v. 26.9.1989 – 3 AZR 814/87, NZA 1990, 348; BAG v. 26.9.1989 – 3 AZR 815/87, NZA 1990, 189; BAG v. 28.3.1995 – 3 AZR 496/94, BB 1995, 2326 = DB 1995, 1867).
Rz. 274
Des Weiteren erstreckt sich der gesetzliche Insolvenzschutz auch auf die Vereinbarung der Anrechnung sog. "Nachdienstzeiten", d.h. solcher Zeiten, die nach einem vorzeitigen Ausscheiden aus dem Unternehmen weiterhin als leistungserhöhende Dienstzeiten berücksichtigt werden sollen (BAG v. 10.3.1992 – 3 AZR 140/91, NZA 1992, 932).
Rz. 275
Der Umfang des gesetzlichen Insolvenzschutzes bei unverfallbaren Anwartschaften knüpft allerdings nicht, wie bei den laufenden Versorgungsleistungen, an die Zusage des früheren Arbeitgebers, sondern ausschließlich an die gesetzlichen Vorschriften an. Maßgeblich ist insoweit insb. § 2 Abs. 1, 2 und 5 BetrAVG (BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato), wobei lediglich die bis zum Eintritt des Sicherungsfalles zurückgelegten Dienstzeiten ratierlich berücksichtigt werden.
Rz. 276
Für den Umfang der insolvenzgeschützten Anwartschaft kommt es damit auf die Verhältnisse zum Zeitpunkt der Insolvenz an. Bei der ratierlichen Berechnung der auf den Insolvenzstichtag abgestellten Anwartschaft ist von einem unveränderten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses und seiner Bemessungsgrundlagen auszugehen. Veränderungen nach Eintritt der Insolvenz sind für den Umfang des Insolvenzschutzes unerheblich (BAG v. 12.3.1991 – 3 AZR 63/90, NZA 1992, 132). Die zwingend wirkende Veränderungssperre des § 2a Abs. 1 BetrAVG, die künftig ungewisse Ereignisse aus der Berechnung der insolvenzgeschützten Anwartschaft ausschließt, hat zur Konsequenz, dass auch eine einzelvertraglich vereinbarte Anwartschafts- und/oder Rentendynamik nach variablen Bezugsgrößen (z.B. Spannungs- oder Indexklauseln) vom PSV nicht zu übernehmen ist (BAG v. 18.4.1989 – 3 AZR 299/87, NZA 1989, 845; BAG v. 22.11.1994 – 3 AZR 767/93, NZA 1995, 887 = ZAP 1995, F. 17 R, S. 127 m. Anm. Langohr-Plato).
Rz. 277
Diese Veränderungssperre ist nicht ...